Nachruf auf eine Rose
Sir.»
«Ich brauche von Ihnen keine Rechtsbelehrungen, Chief Inspector!»
«Nein, Sir. Wie mir zu Ohren gekommen ist, erstreckt sich das Ganze nicht nur auf Wainwright’s, auch Kemp und Doggett sollen Dreck am Stecken haben.»
Der Assistant Chief Constable hob ruckartig den Kopf.
«Wirklich? Inwiefern?»
«Hinweise auf irgendwelche unlauteren Machenschaften, eigentlich nur Gerüchte aus dem Golf-Club, die sich aber hartnäckig halten.»
Der Assistant Chief Constable sog scharf die Luft ein und tippte sich mit dem oberen Ende eines gespitzten Bleistifts gegen das Kinn. Fenwick konnte förmlich erkennen, wie es in seinem Gehirn arbeitete. Wenn an den Gerüchten nun tatsächlich etwas dran wäre, er jedoch nichts unternähme, dann könnte man der Polizei vorwerfen, sie würde mit gewissen Leuten unter einer Decke stecken. Und das wäre ganz und gar nicht in seinem Sinne.
«Also gut. Ich gebe Ihnen eine Woche … Ich weiß, die Zeit reicht nicht für gründliche Nachforschungen, aber es dürfte genügen, um festzustellen, ob eine detailliertere Untersuchung durch einen Finanzfachmann gerechtfertigt ist. Und ich möchte, dass Sie mir direkt Bericht erstatten, Fenwick, verstanden?»
Als Fenwick sich nach dem Namen des Vortragenden auf dem Seminar erkundigte, lachte Commander Cator laut auf. Eine Woche war so gut wie nichts, erklärte er ungeduldig.
«Das weiß ich, Sir, aber geben Sie mir eine Stunde, um Ihnen den Fall darzulegen.»
Das war das Beste, was Fenwick herausholen konnte, und sie verabredeten sich für den nächsten Morgen in London.
Fenwick kehrte ins Büro zurück und ließ Cooper sofort zu sich rufen.
«Wie weit sind Sie mit Sallys Vergangenheit?»
«Constable Nightingale wird sich damit befassen, wenn sie von Brighton zurück ist.»
«Und Alexanders Testament?»
«Keine Chance. Wir werden ihn wohl darum bitten müssen. Soll ich das übernehmen?»
«Nein, im Moment nicht. Er soll nicht gerade jetzt hellhörig werden. Fragen Sie ihn danach, wenn Sie ihn das nächste Mal zufällig sehen. Wir werden ihn ja wohl demnächst aufsuchen müssen. Das ist noch früh genug.»
«Was halten Sie von Alexander, Sir? Ist er nur furchtbar naiv, oder steckt er da mit drin?»
«Das ist schwer zu sagen. Könnte sowohl als auch sein. Vielleicht ist er sogar das nächste Opfer. Ich möchte, dass Nightingale sich dringend Sally Wainwright vornimmt.»
«Ich sorge dafür, Chef.»
Gerade als Fenwick sich durch den letzten Aktenberg auf seinem Schreibtisch gearbeitet hatte, trat Anne ein und sagte:
«Sie haben Besuch, Chief Inspector. Die Dame hat keinen Termin. Sie wartet im zweiten Vernehmungsraum. Es ist Mrs Wainwright-Smith.»
«Wie lange wartet sie schon?»
«Erst seit fünf Minuten. Ich sagte ihr, ich wüsste nicht, wann Sie Zeit hätten, doch sie wollte unbedingt warten.»
Tief in Gedanken machte Fenwick sich auf und lief die Treppe hinunter ins Erdgeschoss. Jedesmal, wenn Fenwick Detective Inspector Blite, der mit der Durchsuchung von Wainwright Hall befasst war, einen Besuch abgestattet hatte, hatte Sally sich wie ein lästiger Schatten an seine Fersen geheftet, und ihre offensichtliche Neugierde war verwirrend und verdächtig. Und nun hatte sie sich aufgemacht, um ihm auf seinem eigenen Gebiet, fernab vom Wainwright’schen Machtzentrum und aus einem Grund, den er sich nicht erklären konnte, einen Besuch abzustatten.
«Chief Inspector! Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen. Es tut mir Leid, Sie stören zu müssen, doch ich muss Sie sprechen.»
«Kein Problem, Mrs Wainwright-Smith. Bitte nehmen Sie Platz, wegen mir brauchen Sie nicht stehen zu bleiben.»
Diese Frau irritierte ihn, und das in zunehmendem Maße. Sie war zierlich und gertenschlank, groß, aber nicht so groß, dass es ihrer zerbrechlichen Wirkung Abbruch getan hätte. Obwohl er sich in ihrer Gegenwart bewusst wappnete, konnte er durchaus erkennen, was sie so anziehend machte. Ihr Gesicht war das einer Porzellanpuppe, und mit ihrem Auftreten appellierte sie an den Beschützerinstinkt des Mannes. Gleichzeitig hatte sie jedoch eine erotische Ausstrahlung. Da war etwas im Schwung ihrer Hüften und in ihrer Gestik, das wie eine Liebkosung wirkte. Es sprach den Mann in ihm an. Durch ihre bloße Anwesenheit erinnerte sie ihn daran, dass er in keiner festen Beziehung lebte, und sie ihrerseits schien ebenfalls ein Bedürfnis zu signalisieren.
«Mrs Wainwright-Smith», ignorierte er ihren offensichtlichen Versuch, mit ihm zu
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