Nachruf auf eine Rose
unterhalten.»
Glass schüttelte den Kopf, und Cooper wusste, dass der andere gleich versuchen würde, auf Coopers Kosten einen Witz zu reißen, und so beeilte er sich zu sagen:
«Es geht um Sally Bates.»
Glass erbleichte und strich sich reflexartig über seine lange Narbe. Dann trat ein unangenehmes Grinsen auf sein Gesicht.
«Na ja. Ein Name aus der Vergangenheit. Sie haben aber lange gebraucht, um ihr draufzukommen. Wenn ich irgendetwas tun kann, um das kleine Luder dingfest zu machen … Kommen Sie hier herüber. Da wird gerade ein Tisch frei.»
Cooper und Glass nahmen an einem abgestoßenen und von unzähligen Schuhen zerkratzten Bierfass Platz, das als Tisch diente, und musterten einander abschätzend. Cooper holte sein Notizbuch aus der Tasche. Dies war eine offizielle Zeugenvernehmung. Er nickte kurz, und Glass kam ohne Umschweife zur Sache.
«Das hab ich ihr zu verdanken», sagte er und deutete auf die lange, hässliche Narbe in seinem Gesicht, «und ich kann von Glück reden, dass ich schnell reagiert habe, denn sonst hätte sie mich am Hals erwischt. Ich hab sie rausgeschmissen und nie mehr was von ihr gehört.»
«Wann war das?»
«Vor gut zehn Jahren. Was hat sie denn nun ausgefressen, dieses mörderische kleine Biest? Hat sie diesmal richtig zugestochen?»
Cooper ging nicht auf die Frage ein, doch als er die Bedeutung von Glass’ Worten völlig erfasst hatte, spürte er, wie sein Magen sich zusammenkrampfte.
«Wie lange hat sie bei Ihnen gewohnt?»
«Neun Monate, in denen sie mich um fast zehntausend Pfund beklaut hat – in meinem Geschäft hat man noch mit ’ner Menge Bargeld zu tun. Darum ging es auch bei unserem Streit. Ich habe sie auf frischer Tat ertappt.»
«Warum haben Sie sie nicht bei der Polizei angezeigt?»
«Sie ist abgehauen, und das Geld war ohnehin schon weg. Außerdem hätte sie versucht, mich in die Pfanne zu hauen. Es gab keinen Grund, euch da mit reinzuziehen, hätte auch nie damit gerechnet, dass sie es wagen würde zurückzukommen. Da hab ich mich wohl getäuscht. Muss ein dicker Brocken gewesen sein, der sie wieder hierher gelockt hat. Sogar eine Katze hat nur neun Leben, und ich nehme an, dass sie mit ihren bald durch ist.»
«Warum?»
«Nun, zunächst einmal wäre da ihr Vater gewesen, der sie fast umgebracht hätte.»
«Sie hat Ihnen von ihrer Kindheit erzählt?», fragte Cooper überrascht.
«Dass sie missbraucht wurde? Klar, das gehörte doch zu ihrer Rolle: das arme, unschuldige Kind! Für sechzehn sah sie verdammt jung aus, hatte einen ziemlich unbeherrschten Geschlechtstrieb, den sie nicht im Griff hatte. War auf der Suche nach einer Art Vaterersatz. Und ich gebe zu, dass ich voll auf sie reingefallen bin.»
«Das wäre ein Leben. Was ist mit den anderen acht?»
«Sie war in ein paar Heimen und bei verschiedenen Pflegeeltern, hat es nie lange ausgehalten. Sie hat mich mit ihren Storys fast zum Weinen gebracht, wie schlecht man sie behandelt habe und so. Und sie hat ihre Rolle glänzend gespielt, das kann ich Ihnen sagen!» Wie abwesend strich er erneut über seine Narbe. «Doch sie war die heißeste Braut, die ich je hatte.»
Cooper war gerade heimgekehrt, als Detective Sergeant Gould ihn vom Präsidium aus anrief.
«Hallo, Bob, sorry, dass ich dich zu Hause belästige, aber ich dachte, es würde dich interessieren, dass unser guter Blite einen Durchbruch erzielt hat. Er hat einen Zeugen aufgetrieben, der behauptet, er habe Graham Wainwright am Morgen seines Todes zusammen mit einer Frau gesehen. Ich habe den Chief Inspector bereits angerufen. Er kommt gleich rein. Vielleicht willst du dich uns anschließen?»
Eine halbe Stunde später saß Cooper zusammen mit Gould, Blite und Nightingale in der Einsatzzentrale, wo sie auf Fenwick warteten, der angerufen hatte, er würde kommen, sobald er einen Babysitter für seine Kinder aufgetrieben hätte. Zehn Minuten später traf er in augenscheinlich schlechter Stimmung ein und entschuldigte sich für sein Zuspätkommen.
«Tut mir Leid, das Kindermädchen hat heute ihren freien Tag.» Er wandte sich Blite zu. «Erzählen Sie, was Sie herausgefunden haben, Inspector.»
«Ich habe Shirley Kennedy, eine der Aushilfskräfte auf Wainwright Hall, befragt. Aus irgendeinem Grund hat keiner von uns sie schon vorher vernommen. Wahrscheinlich wegen der Hausdurchsuchung.»
Mit einem Nicken bedeutete Fenwick ihm fortzufahren. Er bemühte sich, seine Verärgerung zu verbergen. Seit Grahams Ermordung war beinahe
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