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Nachruf auf eine Rose

Titel: Nachruf auf eine Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Fenwick
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gehalten. Doch bei näherer Betrachtung sah man Spuren, die Stress und Erschöpfung auf ihrem Gesicht hinterlassen hatten. Dunkle Ringe lagen unter den Augen, und ihr zarter Teint hatte seinen wunderbaren Schimmer verloren. Sie roch nach abgestandenem Zigarettenrauch und hatte sich ganz offensichtlich gerade die Zähne geputzt, um den Alkohol aus ihrem Atem zu verbannen.
    «Ihre Leute suchen immer noch das Gelände ab, Inspector. Ich glaube, sie sind unten im Wald. Ich habe einen Wagen mit Allradantrieb, wenn ich sie rausfahren soll …»
    «Deshalb bin ich nicht gekommen, Mrs Wainwright-Smith. Wir müssen Sie noch einmal befragen, und wir würden die Vernehmung gerne auf dem Präsidium vornehmen. Wenn Sie uns bitte begleiten würden …»
    «Kann Alex dabei sein?»
    «Ich fürchte, nein. Aber wenn Sie möchten, können Sie einen Anwalt hinzuziehen.»
    Sein kühler und reservierter Tonfall ließ sie blass werden, doch sie antwortete nicht, drehte sich wortlos um und ließ Blite und Nightingale an der Türschwelle stehen. Sie hörten, wie sie sich mit Jeremy Kemp verbinden ließ und den Sachverhalt erklärte; kurz darauf rief sie ihnen zu:
    «Inspector, Mr Kemp möchte Sie sprechen.»
    Blite betrat die Eingangshalle und nahm den Hörer entgegen.
    «Detective Inspector Blite hier, Mr Kemp.»
    «Ist das wirklich erforderlich?»
    «Im Moment bitten wir Mrs Wainwright-Smith lediglich, uns zum Präsidium zu begleiten. Wenn Sie sich weigert, wären wir gezwungen, andere Maßnahmen in Betracht zu ziehen, die ich jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt lieber noch nicht erwägen möchte.»
    «Aha. Lassen Sie mich noch einmal mit ihr sprechen.»
    Ein paar Minuten später stieg Sally zu Blite in den Streifenwagen, den er extra zu diesem Zweck ausgewählt hatte. Als sie im Präsidium eintrafen, wartete Jeremy Kemp bereits auf sie, zusammen mit Claire Keating. Im Vernehmungsraum schaltete Blite das Tonbandgerät ein, brachte die Rechtsbelehrung und die Angabe der Personalien hinter sich und konfrontierte Sally ohne Umschweife damit, dass man sie am Morgen des Tages, an dem Graham Wainwright ermordet wurde, zusammen mit ihm an dem Ort gesehen hatte, an dem später seine Leiche entdeckt wurde. Sie leugnete, und Blite entgegnete, dass sie dann sicher nichts dagegen einzuwenden habe, an einer Gegenüberstellung teilzunehmen. Da schaltete Jeremy Kemp sich ein.
    «Sind Sie sicher, dass das notwendig ist, Inspector?»
    «Ihre Mandantin kann sich natürlich weigern, doch da sie uns versichert hat, dass sie Graham am Tage seines Todes nicht gesehen habe, würde ein Geschworenengericht das sicher reichlich seltsam finden, wäre das doch die beste Gelegenheit, alle Verdachtsmomente gegen sie ein für allemal auszuräumen.»
    Die beiläufige Erwähnung eines Geschworenengerichts brachte beide zum Schweigen. Sally wurde sehr blass, Jeremy Kemps Gesicht überzog ein leuchtendes Rosarot. Sie bat um eine Zigarette, dann eine Tasse Kaffee, doch als sie sich anschickte, ein braunes Pillenfläschchen zu öffnen, forderte Blite sie auf, ihm das Fläschchen zu geben.
    «Wofür sind die?»
    «Das ist meine Medizin.» Ihre Stimme klang hart, doch ein leises Zittern verriet ihre Unsicherheit.
    «Mir wäre es lieber, Sie würden jetzt noch keine Tablette nehmen.»
    «Meine Mandantin hat ein Recht darauf, die ihr verschriebenen Medikamente einzunehmen, Inspector.»
    «Nicht, wenn ihre Fähigkeit, meine Fragen zu beantworten, darunter leidet. Außerdem sind das nur Antidepressiva.»
    «Ich brauche sie!», kreischte Sally und versuchte Blite die Flasche zu entringen.
    «Beruhige dich, Sally, es ist schon in Ordnung. Lass dich doch von ihm nicht unterkriegen.» Kemp redete beruhigend auf sie ein, als habe er ein scheuendes Pferd vor sich.
    Claire Keating beobachtete, wie sich die verschiedensten Gefühlsregungen auf Sallys Gesicht widerspiegelten: Erstaunen, Furcht, Ärger, Verschlagenheit, die jedoch sofort von einem herausfordernden Blick abgelöst wurden, den sie sonst nur von jugendlichen Straftätern her kannte. Sally atmete tief durch, einmal, zweimal, und ordnete dann ihr Haar.
    «Natürlich haben Sie Recht. Es kommt mir nur alles so lächerlich vor.»
    «Sie leugnen also, Graham Wainwright am Morgen seines Todes gesehen zu haben?»
    «Ja.»
    «Obwohl Sie an diesem Morgen mit ihm zusammen gesehen wurden? Und obwohl wir seine Fingerabdrücke auf einer Kiste mit Obst und Gemüse gefunden haben, die am Morgen seines Todes nach Wainwright Hall geliefert

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