Nachruf auf eine Rose
waren zuvor übereingekommen, noch nichts über ihre Zweifel an Alan Wainwrights angeblichem Selbstmord verlauten zu lassen, und hatten den Fall Arthur Fish bewusst nicht erwähnt. Sie hatten sich voll und ganz auf Grahams Tod konzentriert, hatten die Beweise, die sie gesammelt hatten, mit wachsender Zuversicht vorgetragen. Fenwick hatte sämtliche Verdachtsmomente gegen Sally angesprochen: ein fünfzehn Millionen Pfund schweres Motiv, kein Alibi zur Tatzeit, ihre Fingerabdrücke auf der Gemüsekiste, die man in der Küche von Wainwright Hall sichergestellt hatte. Zusätzlich verdächtig gemacht hatte sie sich durch ihr Verhalten, nachdem Jeremy Kemp sie mit Grahams Leiche allein gelassen hatte. Ihre unerklärlichen hysterischen Ausbrüche, ihre hartnäckig vorgebrachten Bedenken über Jenny. All das spiegelte das klassische Verhalten eines Schuldigen.
Bis zum Schluss hatte Blite die Eröffnung zurückbehalten, dass sie einen Augenzeugen aufgetrieben hatten, der Graham und Sally am Morgen seines Todes unter der alten Buche gesehen hatte. Erst dann hatte er diesen letzten Trumpf ausgespielt. Leider hatte der Assistant Chief Constable ganz genau hinterfragt, um was für einen Zeugen es sich handelte, und da hatte Blite zu seinem Leidwesen einräumen müssen, dass der Junge geistig zurückgeblieben war und dass er nicht mit Sicherheit sagen konnte, dass es sich bei dem Mann um Graham gehandelt habe, auch wenn der Mann, den er gesehen hatte, Graham auf jeden Fall sehr ähnlich sah.
«Das genügt nicht, Inspector. Ehrlich gesagt, bin ich ziemlich enttäuscht, dass Sie mir einen Haufen Zufälle und Vermutungen als definitive Beweise präsentieren. Nein, ich werde einem Haftbefehl nicht zustimmen, und ich bin sicher, Superintendent Quinlan ist mit mir einer Meinung.»
Obwohl der Superintendent vollstes Verständnis für seine Beamten hatte und ihre Schlussfolgerungen durchaus verständlich fand, hatte er gar keine andere Möglichkeit, als dem Assistant Chief Constable zuzustimmen.
Sally Wainwright-Smith war ihre Hauptverdächtige, und das nicht nur, weil sie sowohl ein Motiv als auch die Gelegenheit zu der Tat gehabt hatte. Doch bevor sie sie festnehmen konnten, musste alles Hand und Fuß haben, denn wenn sie beim Verhör nicht zusammenbrach und alles gestand, würden sie sie wieder freilassen müssen, weil die Beweise einfach nicht ausreichten, um ein Verfahren gegen sie zu eröffnen.
«Ich bin Ihrer Meinung, Sir. Dennoch liegen genügend Argumente vor, die sie zu einem Geständnis veranlassen oder sie zumindest so weit bringen könnten, dass sie uns das eine oder andere verrät, das uns weiterhilft. Ich schlage vor, dass man sie zu einem Verhör aufs Präsidium bringen lässt.»
Der Assistant Chief Constable hatte Quinlan überrascht angesehen.
«Nun gut. Dann glauben Sie also auch, dass sie es war?»
«Ja, Sir.»
«Aha. Sie werden sich auf jeden Fall genauestens an die Vorschriften halten. Die Wainwrights haben eine Menge Geld und Einfluss, und ich möchte nicht die leiseste Klage hören, verstanden!» Obwohl Blite das Verhör durchführen sollte, warf er Fenwick einen düsteren Blick zu.
«Verstanden, Sir.»
Fenwick und Blite hatten über die bevorstehende Vernehmung von Sally gesprochen und darüber, welche Taktik am erfolgversprechendsten wäre. Blite würde sie, zusammen mit Constable Nightingale, von Wainwright Hall abholen, während der Chief Inspector Alex in seinem Büro einen Besuch abstatten sollte, um abzuklären, inwieweit Alex über ihre Vergangenheit Bescheid wusste, falls Sally Anstalten machen sollte, sich telefonisch an ihn zu wenden. Im Polizeipräsidium sollte dann Claire Keating, die Polizeipsychiaterin, bei der Befragung durch Inspector Blite anwesend sein.
Blite warf einen raschen Blick auf die Uhr. Fenwick müsste jetzt auf jeden Fall bei Alexander sein. Während er darauf wartete, dass Sally auf sein Klingeln öffnete, betrachtete er die Steinfiguren, die links und rechts das Eingangsportal säumten, und imitierte die steinernen Fratzen, indem er ihnen eine Grimasse schnitt. Dieser Ort war einfach scheußlich! Selbst an einem freundlichen Frühlingsmorgen schienen die granitenen Mauern alles Sonnenlicht zu schlucken, und das Gebäude wirkte düsterer denn je. Der Garten sah vernachlässigt aus, und auf den Fensterscheiben lag eine fettige Rußschicht.
Sally öffnete selbst. Sie trug einen schwarzen Rollkragenpullover und Designerjeans. Von weitem hätte man sie für einen Teenager
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