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Nachruf auf eine Rose

Titel: Nachruf auf eine Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Fenwick
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Ordnung. Du kannst nichts dafür, Chris. Du bist ein guter Junge, ein ganz besonderer Junge, und Papa hat dich sehr, sehr lieb.»
    Auf diese Worte folgten noch mehr Tränen, doch es war kein so herzzerreißendes Schluchzen mehr, und bald versiegten sie ganz. Lange Zeit saßen alle drei schweigend beieinander, bis der Wind sie wieder ins Haus trieb. Noch einmal rief Fenwick bei allen Freundinnen und Freunden von Bess an, während Wendy in die Küche ging und ein paar belegte Brote machte. Verblüfft sah Fenwick, dass sein Sohn seinen ganzen Teller leer aß und ein Glas Orangensaft trank, ohne einmal zu protestieren. Er selbst tat sich schwer, auch nur einen Bissen herunterzuwürgen, doch er zwang sich weiterzuessen. Vielleicht würde er die ganze Nacht unterwegs sein. Bis sie Chris jedoch im Bett hatten, war gar nicht daran zu denken, wegzufahren und sich auf die Suche nach Bess zu machen. Und bis dahin würde er versuchen, alles so normal wie möglich zu gestalten.
    Nach dem Fünfuhrtee brachte er Chris ins Wohnzimmer, wo er ihn vor den Fernseher setzte, ihm über das Haar strich, während die immergleichen grellen Bilder einer Zeichentrickserie über den Bildschirm zuckten. Dreimal hatte man ihn inzwischen angerufen, zweimal aus der Einsatzzentrale, und einmal war es der Superintendent persönlich gewesen. Man hatte alle Lehrer in Bess’ Schule befragt sowie fast alle ihre Klassenkameraden. Niemand hatte etwas Ungewöhnliches bemerkt. Das letzte Mal war Bess auf dem Spielplatz gesehen worden, als sie nach dem Unterricht auf ihren Bruder wartete. Mittlerweile war es sieben Uhr abends, und die Dämmerung senkte sich über die Stadt. Fenwick wagte nicht daran zu denken, dass sie möglicherweise entführt worden war, und konzentrierte sich voll auf Chris und dessen Bedürfnisse.
    Als er Chris zu Bett brachte, kam noch ein Anruf von der Einsatzleitung. Beide hatten es tunlichst vermieden, in die Ecke, in der Bess’ Bett stand, zu blicken, und als er seinem Sohn gute Nacht gesagt hatte, konnte er vor Erschöpfung kaum mehr aufrecht stehen.
    Im Nebenzimmer hörte er Wendys unterdrücktes Schluchzen. Er gab ihr keine Schuld, doch anscheinend tat sie es selbst. Was waren schon zwei Minuten? Man konnte schließlich niemandem einen Vorwurf machen, ein Kind einen Augenblick lang allein zu lassen. Im Dunkeln tastete er sich nach unten, um den Anruf in der Küche entgegenzunehmen.
    «Superintendent Quinlan hat uns gebeten, Sie sofort anzurufen, wenn es etwas Neues gibt, Sir.»
    Fenwick fühlte, wie der Knoten im Magen sich wieder fester zusammenzog.
    «Ja?»
    «Wir haben eine Zeugin aus einem der Häuser in der Nähe der Schule, die gesehen hat, wie Bess zu einer jungen Frau ins Auto gestiegen ist.»
    Also hatte sich seine Befürchtung bestätigt. Er konnte sich nun nicht mehr einreden, dass Bess irgendwo auf einem Spielplatz vom Klettergerüst gefallen war und sich den Kopf angeschlagen hatte. Er musste der Realität ins Auge sehen. Sie war also tatsächlich entführt worden. Seine Finger krallten sich um den Hörer.
    «Irgendwelche Einzelheiten?»
    «Kaum. Das Auto war entweder hellblau oder silberfarben, ein schnittiger Wagen, so die Zeugin. Doch sie kennt sich mit Autos nicht gut aus, konnte uns also keinen Hinweis auf das Fabrikat geben. Wir sind gerade dabei, ein paar Fotos zusammenzustellen und sie ihr vorzulegen. Auf das Kennzeichen hat sie auch nicht geachtet.»
    «Und die Frau?»
    «Sie konnte sich eigentlich nur noch daran erinnern, dass die Frau ziemlich modisch gekleidet war. Mittelgroß, teuer aussehende schwarze Schuhe. Das ist alles. Ihr Gesicht hat sie nicht gesehen.»
    «Und Bess?» Seine Stimme zitterte, als er den Namen seiner Tochter aussprach. «Was für einen Eindruck machte sie?»
    «Einen guten Eindruck. Sie ging bei der Frau an der Hand, völlig unauffällig. Die Zeugin erklärte nachdrücklich, dass alles völlig normal wirkte.»
    Das sagten sie doch immer, dachte Fenwick. Wie sollten sie auch sonst ihr schlechtes Gewissen beruhigen, weil sie einfach zugeschaut hatten, wie ein Kind direkt unter ihren Augen verschwand? Der Beamte von der Einsatzleitung sprach weiter, und Fenwick versuchte, sich auf seine Worte zu konzentrieren und nicht auf das Bild von Bess, wie sie zu dieser Fremden in den Wagen stieg. Wie hatte sie das nur tun können?
    «Sind Sie noch da, Sir? Gleich kommen die Kollegen bei Ihnen vorbei, um eine Fangschaltung zu installieren. Falls es zu einer Lösegeldforderung kommen

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