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Nachruf auf eine Rose

Titel: Nachruf auf eine Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Fenwick
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dass sie trotz des starken Motors bereits Schwierigkeiten hatte voranzukommen.
    Hinter ihm blitzten Scheinwerfer auf, und Fenwick sah, dass das ganze Team mittlerweile eingetroffen war. Als er sich wieder umdrehte, mussten seine Augen sich erst wieder an die Dunkelheit vor ihm gewöhnen. Er schwankte und wäre beinahe in den tödlichen Sog zu seinen Füßen gestürzt. Hart landete er auf dem Boden – ein scharfer Schmerz durchzuckte sein rechtes Knie –, und er klammerte sich an einen Felsen. Das scharfkantige Gestein zerschnitt seine Handflächen, doch er spürte es nicht, während er verzweifelt versuchte, sich oben auf der Mole festzuhalten.
     
    Zu Beginn hatte Sally vollstes Vertrauen in ihre Fähigkeiten gehabt, das Boot zu beherrschen. Sie war schon so oft damit gefahren; außerdem war es in gutem Zustand und hatte eine starke Maschine. Ihren Koffer hatte sie nach unten in die Kajüte geschmissen. Bis zur Hafenausfahrt war es leicht gegangen, doch kaum ließ sie das schützende Hafenbecken hinter sich, hatte ihre Lage sich drastisch verschlechtert. Das Boot wurde von den Wellen hin- und hergeschleudert, und das Heulen des Windes war so laut, dass es in den Ohren dröhnte. Sie hatte Schwierigkeiten, ihren Kurs zu halten, und innerhalb von wenigen Minuten stand sie zentimetertief im Wasser, das über Bord geschwappt war. Nun, wo sie erbarmungslos auf die offene See zutrieb, fühlte sie sich hilflos und ausgeliefert. Doch der Gedanke, umzukehren und sich von Fenwick ins Gefängnis sperren zu lassen, erschreckte sie noch mehr.
    Wie ein Korken hüpfte das Boot auf den Wellen, und sie betätigte die Drosselklappe, um es zu stabilisieren. Sie spürte, wie das Boot gegen den Sog der Hafeneinfahrt ankämpfte, fühlte den Wind und die salzige Gischt auf ihrem Gesicht und hatte Mühe, die Augen offen zu halten. Sogar hier in Ufernähe war die Macht der Wellen bedrohlich, und Panik drohte sie zu überwältigen.
    Eine Böe peitschte den Bug auf und nieder, als wäre er so leicht wie ein Blatt Papier. Ein seitlicher Brecher erfasste das Boot, und Sally verlor das Gleichgewicht. Einen irrwitzigen Moment lang lag sie im überfluteten Cockpit und sah in die Wellen, die sich über ihr auftürmten und hereinzustürzen drohten. Als sie sich schließlich wieder aufgerappelt hatte, beschloss sie, einem plötzlichen Impuls folgend, umzukehren und zum Hafen zurückzufahren. Sie riss das Steuerrad herum, gegen die Macht der Wellen kämpfend.
    Die ganze Gewalt der sturmgepeitschten See konzentrierte sich auf die zehn Meter breite Lücke zwischen den Armen der Hafenmauern, die vor ihr lag. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als es mit dieser Gefahr aufzunehmen.
     
    Während er sich an dem glitschigen Gestein festklammerte, unfähig, sich aufzurichten, da ihn sonst der Sturm und die Brecher vor die Mole gefegt hätten, sah Fenwick zu, wie Sally versuchte, sich ihren Weg zurück durch die tosenden Elemente zu bahnen. Ein paar Sekunden lang kämpfte sie gegen die mächtigen Wassermassen an, doch dann wurde das kleine Boot von einer riesigen Welle, die über das Heck krachte, herumgewirbelt, von der Strömung erfasst und unerbittlich auf den Hexenkessel in der Hafendurchfahrt zugetrieben. Er war nah genug, dass er das Entsetzen in Sallys Augen erkannte, während sie verzweifelt versuchte, die Kontrolle über das Boot wiederzuerlangen. Sie gab volle Kraft, um dem Sog des Strudels zu entkommen. Einen Moment lang sah es so aus, als habe sie es geschafft, doch dann wurde der Bug von einem mächtigen Brecher erfasst; das Steuerrad wurde ihr aus der Hand gerissen, und Sally stürzte zu Boden. Er hörte ihren entsetzten Aufschrei, ein hohes Kreischen, wie das angsterfüllte Schreien eines Kindes, und sein ganzer Hass auf sie verpuffte, noch bevor ihre Stimme erstarb. Ein überwältigendes Gefühl von Mitleid überkam ihn, und er verspürte nur noch den Drang, sie zu retten.
    Am Ende der Mole hingen zwei Rettungsringe an Seilen. Fieberhaft kroch er auf die Ringe zu, wobei er sich immer wieder an einen Felsen klammern musste, um nicht selbst in die tosenden Fluten unter ihm zu stürzen. So weit er nur konnte, schleuderte er den einen Ring zu Sally hinaus, doch er landete ein ganzes Stück weit von dem Boot entfernt, in dem sie lag und sich verzweifelt an ihren silberfarbenen Koffer klammerte, als könnte er ihr Leben retten. Er zog den Ring am Seil zurück, richtete sich zu voller Größe auf und warf noch einmal. Diesmal fiel der Ring nur

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