Nachruf auf eine Rose
neugierig zu erfahren, was sie von Sally Wainwright-Smith hielt.
«Was ist Sally für ein Mensch?»
Mrs Kemps Hände fuchtelten durch die Luft.
«Sie ist wohl ganz in Ordnung.»
Da hatte er es. Hier war nicht die Rede davon, was für eine außergewöhnliche Frau sie war.
«Wie gut kennen Sie sie?»
«Nur flüchtig. Wir sehen die Wainwright-Smiths nicht häufig.»
«Sie hatte doch ziemlich viel mit der Abwicklung der Erbschaft zu tun? Da musste sie bestimmt viel mit Ihrem Mann besprechen?»
«Ich weiß wirklich nicht, was Sie damit sagen wollen, Chief Inspector!»
«Überhaupt nichts, nur, dass er sie sicher ganz gut kennen gelernt und vielleicht irgendetwas über sie gesagt hat.»
«Wir haben selten über sie gesprochen. Kann ich jetzt gehen? Ich bin ziemlich müde.» Sie nahm ein Fransenkissen vom Sofa und begann, nervös daran herumzuzupfen.
«Wenn Sie sich einmal Mrs Wainwright-Smiths Reaktion heute Nacht vergegenwärtigen: Kam sie Ihnen irgendwie merkwürdig vor?»
Sie schnaubte hörbar, scheinbar darauf konzentriert, die Kissenfransen zu einem Zopf zu flechten. «Sie ist eine merkwürdige Frau. Nichts, was sie tut, überrascht mich.»
«Wie meinen Sie das?»
«Sie ist einfach sonderbar, Chief Inspector, voller Widersprüche, könnte man sagen. Sie ist keine Frau, die mit anderen Frauen gut auskommt. Sie kann wohl eher mit Männern … Ach, ich weiß nicht recht, wie ich sagen soll.»
Mehr hatte Muriel Kemp nicht zu berichten, und so ließ Fenwick sie gehen.
Das Gespräch mit Colin Wainwright-McAdam, Grahams angeheiratetem Onkel, verlief fast genauso wie die Befragung Jeremy Kemps. Außer der Erkenntnis, dass Colin ein unangenehmer und arroganter Zeitgenosse war, ergab sich nichts Neues. Auch er war voll des Lobes über Sally und erklärte Fenwick, was für ein zartes Pflänzchen sich hinter der kühlen Fassade versteckte.
«Eine Frau wie Sally ist ein Juwel, das jeder Mann gerne besitzen würde, Chief Inspector.»
Als die Uhr zur vollen Stunde schlug, erwachte Alexander Wainwright-Smith aus tiefem Schlummer. Er lag im Wohnzimmer auf der Couch, vor dem fast ganz heruntergebrannten Kaminfeuer. Cooper führte den schläfrigen Mann durch die große Eingangshalle zu Fenwick und Shah und ließ sich dann unauffällig im Hintergrund nieder. Er glaubte nicht, dass sie es hier mit einem Selbstmord zu tun hatten. Irgendetwas an der Sache war faul, und bis zu dem Moment, als er Wainwright-Smith schlafend im Wohnzimmer vorgefunden hatte, war er sein Hauptverdächtiger gewesen. Doch der Anblick des Mannes auf dem Sofa, das Kinn auf die Brust gesunken, ein Arm, der schlaff zur Seite hing, der andere um ein Blumenkissen geschlungen, das er sich fest gegen die Brust drückte, hatte ihn dazu veranlasst, seine Meinung zu ändern. Nicht, dass er so unschuldig ausgesehen hatte, nein. Dass er so unschuldig schlief, war der Grund. Noch nie hatte er es erlebt, dass ein Täter, sofern es sich nicht gerade um einen Psychopathen handelte, in der Nacht, nachdem er ein Verbrechen verübt hatte, eingeschlafen wäre, während er darauf wartete, von der Polizei vernommen zu werden.
Alexander gähnte geräuschvoll, bedeckte sich dann hastig den Mund in einer entschuldigenden Geste. «Sorry, aber ich bin fix und fertig.» Er rieb sich sein Gesicht, dann schüttelte er den Kopf. «Okay, jetzt ist es besser. Sie müssen völlig erledigt sein.»
Fenwick antwortete mit einem Achselzucken und begann mit der letzten Befragung in dieser Nacht. Bevor Alexander seine Antworten gab, dachte er gründlich nach, doch obwohl er sich zusammenriss, machte er noch einen ziemlich verschlafenen Eindruck. Chief Inspector Fenwick konnte das nur recht sein. Der Mann schien im Augenblick weder genug Energie noch genügend Geistesgegenwart zu besitzen, um sich irgendwelche Märchen auszudenken. Er berichtete, wie er Lucy und Ryan getroffen hatte, von der Suchaktion, wie sie die Leiche entdeckt hatten und zum Haus zurückgekehrt waren. Als Fenwick ihn freundlich fragte, wie seine Gäste und seine Frau auf die Geschehnisse des Abends reagiert hatten, konnte er sich noch gut daran erinnern, was die einzelnen Personen gesagt hatten. Als Fenwick ihn auf Sallys hysterischen Ausbruch ansprach, antwortete er ruhig und bestimmt. Ja, ihre Reaktion habe ihn überrascht, doch schließlich sei das ja wohl kein Wunder nach solch einem Tag und wie käme er dazu, ein derart verständliches menschliches Verhalten zu kritisieren?
«Wie geht es Mrs
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