Nachruf auf eine Rose
Wainwright-Smith?»
«Sie schläft. Sie hat ein paar Tabletten genommen und war dann gleich weg.»
«Bekommt sie diese Tabletten regelmäßig verschrieben?»
«Leider ja. Sie war in Behandlung wegen leichter Depressionen. Unser Hausarzt sagte, es sei nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste. Obwohl er es gerne gesehen hätte, wenn sie zu einem Spezialisten gegangen wäre und sich etwas mehr schonen würde. Das dürfte ein frommer Wunsch sein.»
«Woher kommen ihre Beschwerden?»
«Ich bin mir nicht sicher. Seitdem Onkel Alan im Januar starb, war bei uns die Hölle los. Anfangs schien Sally damit gut zurechtzukommen. Im letzten Monat hat sie sich dann um die Renovierungsarbeiten auf Wainwright Hall gekümmert und mir in der Firma geholfen; wir haben uns durch den ganzen Papierkram gearbeitet, haben versucht, den Bruch mit meiner Familie zu kitten, und dann hat sie auch noch mein Büro organisiert. Doch in letzter Zeit habe ich den Eindruck, dass es ihr alles zu viel wurde.»
«Haben Sie eine Vorstellung, warum?»
«Nein, absolut nicht. Außer, dass ich jetzt immer lang in der Firma bin, vielleicht fühlt sie sich allein gelassen. Wir sind erst seit ein paar Monaten verheiratet, und ich nehme an, dass diese plötzliche Veränderung ein Schock für sie war.»
Fenwick hatte den Eindruck, dass Wainwright-Smith etwas zurückhielt, denn er war inzwischen vollkommen wach und hatte sich gut unter Kontrolle. Fenwick wechselte das Thema.
«Also kannten Sie sich noch nicht so lange, bevor Sie geheiratet haben?»
Alexander lachte. «Nein. Wir haben uns Hals über Kopf ineinander verliebt, wie man so schön sagt. Vor Weihnachten haben wir uns kennen gelernt, und im Januar haben wir geheiratet.»
«Hatten Sie eine große Hochzeitsfeier?» Fenwick wollte sich möglichst unauffällig ein Bild von Sallys Herkunft verschaffen.
«Nein. Nur ein paar Verwandte von mir. Sally hat niemanden eingeladen.»
«Das ist ungewöhnlich.»
«Sie ist ein sehr verschlossener Mensch, Chief Inspector, und sie wollte ganz neu anfangen, wie sie sagte.»
«Warum denn das?»
«Sie stellen eine Menge merkwürdiger Fragen, Chief Inspector, ich meine, in Anbetracht der Umstände.»
«Sie haben Recht. Ich schweife mal wieder vom Thema ab. Entschuldigen Sie meine Neugier. Wir sind wohl alle sehr müde. Ich denke, wir machen für heute Schluss. Wir kommen also morgen wieder, um Ihre Frau zu vernehmen. Gute Nacht, Mr Wainwright-Smith.»
«Gute Nacht, Chief Inspector.»
30B 24
«Was hatte er an, als Sie ihn fanden?»
«Sie haben doch sicher die Fotos gesehen: nur diesen Ledertanga, sonst nichts. Warum fragen Sie?»
«Sehen Sie hier.»
Fenwick blickte auf Grahams Nacken, wo sich durch die Strangulation Blutergüsse gebildet hatten. Auf der Haut waren Kratzwunden, vermutlich von seinen Fingernägeln, als sich die Schlinge zuzog.
«Was soll ich sehen?»
Pendlebury stieß einen resignierten Seufzer aus, als habe ein begabter Schüler soeben eine einfache Prüfung versiebt.
«Schauen Sie sich das Muster der Hämatome und Hautabschürfungen an. Fällt Ihnen etwas auf?»
Fenwick sah noch einmal genauer hin. Er wollte den Pathologen nicht enttäuschen.
«Das Muster sieht ziemlich unregelmäßig aus. Hinten, im Nacken – wahrscheinlich dort, wo der Knoten von unten gegen das linke Ohr gedrückt hat – ist eine kreisrunde Quetschung erkennbar. Und hier scheint eine dünnere, dunklere Quetschung, eine Art Eindruck erkennbar zu sein, der sich um den halben Hals zieht.»
«Gar nicht schlecht. Und was schließen Sie daraus?»
«Sieht nach ungleichem Druck aus, eventuell hervorgerufen durch eine Verlagerung der Belastung? Ich habe keine Ahnung, sagen Sie es mir.»
Pendlebury beugte sich hinunter, wobei er schmerzhaft das Gesicht verzog, und deutete mit einem abgespreizten kleinen Finger auf verschiedene Wunden.
«Ich glaube, dass er angezogen war, als die Schlinge an seinem Hals sich zuzog. Dies ist eindeutig der Eindruck eines Hemdkragens. Nein, lassen Sie, ich habe ein paar Vergrößerungen davon gemacht. Das würde auch erklären, warum die Hämatome im rechten Halsbereich ober- und unterhalb einer klar erkennbaren Linie voneinander abweichen.»
«Also hat man ihn erst nach seinem Tod ausgezogen?»
«Das nehme ich an, ja. Und hier – warten Sie, ich gebe Ihnen eine Lupe – achten Sie auf das Muster dieser Quetschung.»
Fenwick kam näher heran.
«Sieht aus wie der Eindruck einer Kette, die fast überall im Nackenbereich Eindrücke
Weitere Kostenlose Bücher