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Nachruf auf eine Rose

Titel: Nachruf auf eine Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Fenwick
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wirklich sehr sensibel. Sie hat so viel um die Ohren. Sie machen sich keine Vorstellung davon, was sie alles tut. Und wie weit Alexander sich auf sie verlässt. Ich glaube, er ist sich dessen gar nicht richtig bewusst. Der Mann weiß gar nicht, was für ein Glück er hat.» In diesen Worten lag so viel Bitterkeit und Neid, dass Fenwick, sollte Alexander je etwas zustoßen, Jeremy Kemps Namen ganz oben auf die Liste der Verdächtigen setzen würde.
    «Was ist mit Graham Wainwrights Testament, Mr Kemp? Hat er nach seiner Erbschaft irgendwelche Änderungen vorgenommen?»
    «Das ist gut möglich, aber ich kann Ihnen da nicht weiterhelfen, denn er gehörte nicht mehr zu meinen Klienten. Ich habe seine Angelegenheiten Mr Sacks in Reigate übergeben. Wir werden Ihnen die Adresse zukommen lassen.»
    «Warum hat er sich einen anderen Anwalt genommen?»
    «Nach der Testamentseröffnung war er außer sich. Hat unsere Kanzlei und mich im Besonderen dafür verantwortlich gemacht. Er sagte, wir hätten seinen Vater davon abhalten sollen, sein Testament zu ändern. Unser Verhältnis wurde dann mit der Zeit wieder etwas besser, doch da hatte er bereits eine andere Kanzlei mit der Vertretung seiner Angelegenheiten betraut.»
    «Erzählen Sie mir von Alan Wainwrights Testament.» Er sah, wie Kemp überlegte, ob er sich auf seine Schweigepflicht als Rechtsanwalt berufen sollte. Doch er schien sich eines Besseren zu besinnen.
    «Bis auf ein paar Kleinigkeiten hätte sein Sohn Graham ursprünglich das gesamte Erbe bekommen sollen. Alan konnte seine Schwester und ihren Mann nicht ausstehen und wollte partout vermeiden, dass sie Einfluss auf die Geschäfte der Firma nähmen. Also wollte er ihnen, ihren Erwartungen zum Trotz, nie viel vermachen.»
    «Und das Testament wurde so umgeschrieben, dass Alexander und Sally Wainwright-Smith einen beträchtlichen Anteil vom Vermögen seines Onkels erben sollten?»
    «Ja, und zwar genau die Hälfte! Kurz darauf brachte Alan mir die Kopie eines Schreibens, in dem der Aufsichtsrat der Firma Wainwright Enterprises Alexander im Falle von Alans Tod als dessen Nachfolger bestätigte.»
    «Hat Sie das überrascht?»
    Kemp zögerte einen Moment lang, dann antwortete er schlicht mit Ja.
    Das war das Einzige, was er zu diesem Thema äußern wollte. Auch auf Fragen über Sally reagierte er ausweichend.
    Cooper erschien, setzte sich auf einen unbequemen Stuhl vor dem kalten Kamin und lauschte aufmerksam.
    Als Fenwick noch einmal auf das Auffinden der Leiche zu sprechen kam, wurden Kemps Antworten einsilbig, und seine Stimme klang betont neutral. Von sich aus würde er nur das Notwendigste preisgeben.
    «Als Sie mit den anderen zurückkehrten, lag der Tote also auf dem Boden. Wie hat Mrs Wainwright-Smith das fertig gebracht?»
    «Weiß der Teufel, wie …» Kemp verstummte und starrte Fenwick mit offenem Mund an. Man konnte förmlich sehen, wie es in seinem Gehirn arbeitete. Es war deutlich spürbar, dass Kemp etwas gesagt hatte, das er lieber nicht hätte sagen sollen, und er sah Fenwick wie ein schuldbewusster Schuljunge an, der dabei erwischt worden war, dass er die Hausaufgaben nicht gemacht hatte. Schweigen senkte sich über den Raum, während Kemps Augen ruhelos hin- und herwanderten. Er versuchte sich daran zu erinnern, was genau gesagt worden war, um einen Ausweg aus der peinlichen Situation zu finden, in die er sich selbst gebracht hatte. Doch er war zu erschöpft, um das scheinbar einfache Gespräch noch einmal Schritt für Schritt durchzugehen. Am Ende presste er seine wulstigen Lippen aufeinander und sagte gar nichts mehr.
    Das war vielleicht das Vernünftigste, was er heute Nacht getan hatte, dachte Fenwick.
    Nachdem Kemp versprochen hatte, einen lückenlosen Bericht über jeden seiner Schritte in den vergangenen drei Tagen abzugeben sowie die Namen seiner Bridgepartner zu nennen, mit denen seine Frau und er den Donnerstagabend verbracht hatten, wünschte Fenwick ihm eine gute Nacht.
    Wenig später betrat Muriel Kemp die Bibliothek. Sie war eine dünne, kleine Frau mit vogelähnlichen Bewegungen, deren Hände nervös hin- und herflatterten. Sie sprach in halben, unfertigen Sätzen, als traute sie ihrer eigenen Meinung nicht. Trotz der späten Stunde und ihrer offensichtlichen Müdigkeit huschten ihre harten, braunen Äuglein hin und her und schienen alles zu registrieren.
    Nach fünf Minuten merkte Fenwick, dass sie kaum etwas Neues zu den Geschehnissen der Nacht beizutragen hatte, doch er war

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