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NachSchlag

NachSchlag

Titel: NachSchlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Ippensen
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irgendwann auf, weil sie die Hand ihrer Tochter im Haar fühlte. Lea weinte nicht, aber in ihren damals bereits wunderschönen türkisfarbenen Augen glänzte es.
    Die Mama weint, es ist meine Schuld, ich kann nicht weinen, ich will nicht essen, sie weint, ich weine nicht, ich

    An diesem Tage waren alle Beteiligten erschöpft.
    Am Morgen darauf begann Lea zu essen. Lustlos zwar, aber sie aß. Seitdem verhielt sie sich einigermaßen unauffällig, was die Nahrungsaufnahme anging … jedenfalls kam es nie wieder zu einer solchen Szene.
    Alle drei versuchten nach Kräften, das Ereignis zu verdrängen. Insbesondere Marit gelang das hervorragend. Nur ihre Verliebtheit gegenüber Maurice kühlte sich mehr und mehr ab … nicht, dass sie das so recht in Verbindung brachte mit dem Verhalten ihrer kleinen Tochter. Nein, das nicht. Aber Männer … Himmel, die waren doch eh alle gleich. Dachten ständig nur an Sex und waren im Alltagsleben keine Hilfe.
    Trotzdem machten sie noch einmal zusammen Urlaub, um die bröckelnde Beziehung zu kitten. Alle drei fuhren auf eine ostfriesische Ferieninsel, und es war schön heiß, und es gab Sonne, Sand, Meer satt.
    Maurice, typisch Mann, hatte jenes Erlebnis, die »Raubtierfütterung« der kleinen Lea, tatsächlich ziemlich aus seinem Gedächtnis gestrichen, und er benahm sich ganz normal und wollte sogar Kontakt knüpfen zu dem Kind und mit ihm spielen … und wunderte sich höchlichst, weshalb Marit so reserviert darauf reagierte und Lea von ihm fernhielt. Sie ließ die Kleine jetzt sogar viel öfter zu anderen Kindern, sie, die sich bislang wie eine besitzergreifende Glucke verhalten hatte.
    Lea sträubte sich da oft, sie war schüchtern und viel zu still, sie hatte keine Lust auf Spielrunden im Sand mit anderen lärmenden, wilden, ausgelassenen 4-6jährigen, und noch dazu holte sie sich leicht einen Sonnenbrand …
    Manchmal kam es vor, dass sie regelrecht protestierte und Maurice sich einschaltete: »Nun lass sie doch bei uns, Marit, was soll das denn, wir können doch zu dritt was unternehmen …!?«
    Aber Marit funkelte ihn nur zornig an und blieb hart.
    Er zuckte die Achseln, um sich dann mit betont gleichgültiger Miene hinter einer Zeitung zu verschanzen. Was ging es ihn an, es war nicht sein Kind …
    Was für Maurice viel mehr ins Gewicht fiel, war, dass seine Partnerin sich ihm zu verweigern begann. Und das ausgerechnet im Urlaub, wo sie beide Zeit in rauen Mengen hatten!
    Sie schützte Kopfschmerzen vor und alles Mögliche, und Maurice, der nach wie vor verrückt nach ihr war, wurde immer unruhiger. Nur kurz spielte er mit dem Gedanken, zu einer der Inselnutten zu gehen … dann versuchte er wieder und wieder, zu Marit »durchzudringen«. Sie »herumzukriegen«. Sie wies ihn mit scharfen, verletzenden Worten zurück.
    Eines Tages war es besonders schlimm. Marits Rede über seinen Charakter, seine Zudringlichkeit brannte wie das Salz des Meerwassers in offenen Wunden, und dann war sie gegangen, hatte ihn einfach stehen gelassen, um sich die Haare pechschwarz färben zu lassen beim Friseur.
    Hexe
. Er dachte es verbittert, erhitzt, fast in Weißglut.
    In dem kleinen, blitzsauber aufgeräumten Ferienhäuschen saß er in einem Korbstuhl und starrte einfach nur vor sich hin.
    Bis Lea weinend von der Kinderspielgruppe kam. Weinend – allein das war ungewöhnlich bei dem stets lieben und ruhigen und ausgeglichenen Kind.
    »Wo ist die Mama?«, brachte sie mit tränenerstickter Stimme hervor.
    »Beim Friseur«, brummte er, und etwas freundlicher: »Was ist passiert? Hast du dir irgendwo wehgetan, oder was?«
    Lea schüttelte den Kopf und ging zögernd näher zu ihm … auch das ein Novum, hatte sie ihren »Stiefvater« doch stets abgelehnt. Fast widerwillig breitete er die Arme aus und meinte barsch: »Na komm schon her«, und das kleine Mädchen krabbelte auf seinen Schoß und ließ sich halten und trösten.
    Zunächst drang er nicht weiter in sie, um herauszubekommen, was passiert war. Eigentlich interessierte es ihn auch nicht sonderlich. Die Kleine war hübsch und still, ein liebes Kind, und ihr verweintes Gesichtchen hatte etwas Rührendes, nur … er war gar nicht gerührt. Ihn ließ das kalt. Obwohl, kalt? Nein, das war nicht das richtige Wort. In ihm brodelte immer noch die Wut und suchte einen Ausgang. Ein Ventil.
    Auf einmal packte er die schmalen Oberarme des Kindes fester. Lea hörte auf, leise vor sich hin zu schniefen, und sah fragend zu ihm auf. Fragend und mit

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