Nachschubbasis Godapol
Antitron-Helme getarnt. Erlaubt das den Schluß, daß ausgerechnet die Abschirmhaube des Feldwebels derart verräterisch war?«
Anne Burner winkte ab. Die Geste wirkte müde.
»Hier geht es nicht um den optischen Eindruck, sondern um die Absorberwirkung! Wenn ein Soldat, der vorher viele Stunden lang ebenso unempfindlich war wie fünfundvierzigtausend andere Menschen, plötzlich derart reagiert, dann würde sogar ich hellwach werden. Und, Professor« – sie lächelte –, »ich bin kein Hypno!«
»Der Fall ist klar«, beendete Reling die Diskussion. »Alarmstufe eins bleibt bestehen. Die Orghs wissen seit ihrem Abflug, daß wir ebenso ansprechbar und geistig unterdrückbar sind wie viele andere galaktische Völker, die von ihnen besiegt wurden. Die Fachwissenschaftler werden zu ergründen haben, wieviel Zeit die Orghs schätzungsweise brauchen, um sich auf unsere Abwehrwaffe einzustellen. Sie kommen wieder, verlassen Sie sich darauf! HC-9, lassen Sie sich inzwischen ein neues Spiel einfallen. Denken Sie auch daran, daß wir einige Milliarden Erdenmenschen nicht Tag und Nacht mit Antitron-Schutzkappen herumlaufen lassen können. Solche Anordnungen würden erfahrungsgemäß zu einem großen Prozentsatz mißachtet werden. Terraner sind Individualisten ersten Ranges! Ein überraschender Anflug der Hypnos würde genügen, um rund vierzig Prozent der Erdbevölkerung lahmzulegen. Was dann passiert, können Sie sich vorstellen.«
»Wir hätten die beiden Hypnoschiffe vernichten sollen«, erklärte Professor Teichburg, Chefmathematiker und Kybernetiker der Marsbesatzung. »Ich habe immer dafür plädiert. Die GWA wußte es aber besser.«
»Wir werden es auch zukünftig besser wissen, Sir!« stellte Reling eisig fest. »Sie müßten eigentlich begriffen haben, warum wir einen eleganten Akt der Vortäuschung falscher Tatsachen einem Angriff vorzogen. Man hielt und hält uns für mächtig! Al les ging gut, bis …«
Reling unterbrach sich abrupt.
»Die Konferenz ist beendet«, ordnete ich an, erhob mich hinter dem pompösen Schreibtisch und schritt auf das linke Panzerschott zu.
»Noch haben wir Zeit, wahrscheinlich mehr Zeit, als wir jetzt annehmen. Der Mensch ist in Notlagen besonders erfinderisch. Das beweist unsere Geschichte. Ich darf Sie bitten, Ihre Quartiere aufzusuchen und strengstes Stillschweigen über die Auswertung zu bewahren. Hier gibt es schon genug nervöse Menschen. Ich bin nicht daran interessiert, von panikerfüllten Akteuren bestürmt zu werden. Ich wiederhole – wir haben noch viel Zeit!«
Wir gingen. Es war null Uhr dreiundzwanzig geworden. Der 26. November 2009 war angebrochen.
Ich ahnte in diesen Augenblicken noch nicht, daß wir überhaupt keine Zeit mehr hatten! Eine unwirkliche, unvorstellbar fremdartige Hölle hatte bereits ihre Pforten geöffnet.
2.
Ein Tosen und Donnern riß mich aus dem Schlaf. Ehe ich die Ursache der Geräusche identifizieren konnte, flammten bereits die Panoramabildschirme meines Schlafzimmers auf.
Es war wie alle für die Täuschungsaktion hergerichteten Bauten übermäßig groß und mit einem Komfort ausgestattet, wie er dem »Beherrscher des Zweiten Reiches«, Tumadschin Khan, zustand.
Ich hatte den Anruf eines Mitarbeiters erwartet, erblickte nun jedoch kein menschliches Wesen, sondern das Symbol des tatsächlichen Beherrschers dieser Marsstadt – die grüne, Protuberanzen ausspeiende Sonne von NEWTON.
NEWTON kümmerte sich nicht um meine verdiente Nachtruhe, zumal draußen auf der Oberfläche die glutrot leuchtende Sonne unseres Systems aufgegangen war.
»NEWTON an
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