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Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Titel: Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Heinze
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Mensch. Mehr noch, ich war so dankbar, auf der Welt zu sein, dass ich am liebsten die Zeit angehalten und meine gute Laune mit jedem geteilt hätte, der mir in irgendeiner Weise am Herzen liegt. Es gibt für einen Sportler wohl nichts Schöneres, als sich nach einer guten Leistung völlig ausgepumpt, aber grinsend vom Platz zu schleppen. In solchen Momenten hätte ich die ganze Welt umarmen können. Und an diesem Tag hatte ich erneut richtig gut gespielt. Dementsprechend glücklich saß ich dann auch gemeinsam mit meinem Team im Flieger Richtung München. Und freute mich einfach auf die Pause und Weihnachten im Kreise meiner Familie.

    Voller Tatendrang 2008.
    Mein Vertrag lief zum Ende der Saison aus, und beiden Seiten war klar, dass eine Verlängerung nicht in Frage käme. Für mich nicht, weil ich höhere Ziele anpeilte und mich weiterentwickeln wollte in einer besseren Liga. Für den Verein nicht, weil ich für die Profimannschaft nicht mehr in Erwägung gezogen wurde und mit meinen dreiundzwanzig Lenzen am Saisonende schlichtweg zu alt war. Das Amateurteam dient in erster Linie als Ausbildungsmannschaft, in der sich junge Spieler das Rüstzeug für höhere Aufgaben holen sollen. Sie wird in der Regel durch lediglich ein oder zwei erfahrene Spieler ergänzt. Üblicherweise verbringt man in diesem Team ein bis drei Jahre und sollte spätestens dann den Absprung schaffen. Für mich war es, bedingt durch die Verletzungen, genau genommen bereits meine vierte Saison. Dass ich eine davon verpasst und eine weitere nur zur Wiederherstellung meiner Fitness benötigt hatte, danach fragt in diesem Geschäft irgendwann keiner mehr.
    Nach der Winterpause entwickelte sich meine Situation sogar noch besser. Zunächst aber stand ein Trainingslager in Indien an. Ich war vor drei Jahren schon mal dort mit dabei gewesen. Der Verein erhoffte sich mit solchen Reisen einen Imagegewinn in dieser fernen Gegend, es ging also um marketingstrategische Ziele und das Bestreben, die Marke FC Bayern dort zu positionieren. Für die meisten von uns Spielern aber war das einfach ein großartiges Erlebnis. Denn wir bekamen eine Menge von dieser fernen Kultur mit. Wir gingen zum Beispiel zum Grab von Friedensnobelpreisträgerin Mutter Teresa, machten eine Schifffahrt auf einem Nebenarm des Ganges mit beeindruckenden Szenen und besuchten ein Waisenhaus für indische Kinder.
    Gerade das sogenannte Ali-SK-Kinderheim hatte es mir angetan, weil mich die Arbeit, die für die Kleinen dort geleistet wird, tief beeindruckt hat. Das Haus wurde von einem Deutschen gegründet, und die Kinder dort sind einfach klasse. Sie waren wahnsinnig liebenswürdig und haben sich dermaßen über unseren Besuch gefreut, das war unvorstellbar. Das Leuchten in ihren Augen ist mir sehr lebhaft in Erinnerung geblieben, und mit einem der Kleinen habe ich heute noch gelegentlichen Briefkontakt.

    Unser freudiger Besuch des Kinderheims im indischen Kalkutta.
    Als Fußballer kommst du viel herum, aber meistens siehst du vor Ort doch nicht viel mehr als dein Hotelzimmer, den Bus und den Trainingsplatz. In Indien war das anders. Die meiste Zeit waren wir in Kalkutta. Das ist einfach eine völlig andere Welt dort, die ihr ganz eigenes Flair hat. Selbst der Geruch ist völlig anders als in Europa, egal, ob draußen in den hoffnungslos überfüllten Städten oder im großen Zimmer eines Nobelhotels. Wenn man durch die Straßen fährt und all diese Menschen auf engstem Raum im Dreck sitzen sieht, diese unfassbare Armut, aber trotzdem viele glückliche Gesichter, wühlt einen das innerlich schon sehr auf. Es war einfach beeindruckend, zweimal dort gewesen zu sein, und ich habe viel Nützliches für mich und mein eigenes Leben aus diesen Reisen ziehen können.
    Zurück aus Indien, verabschiedete sich Georg Niedermeier kurzfristig zum VfB Stuttgart in die Bundesliga. Seit ich bei Bayern spielte, teilten wir uns auswärts das Zimmer, waren die besten Freunde im Team und flogen sogar einmal gemeinsam über Silvester in den Urlaub.
    Ich erinnere mich an ein Turnier in der C-Jugend, als wir vierzehn Jahre alt waren. Während wir im Schatten eines Baumes neben dem Rasen die Zeit bis zum nächsten Spiel totschlugen, entwickelte sich ein ernsthaftes Gespräch zwischen uns. Fernab von den üblichen Späßen unter Teamkollegen oder sonstigen pubertären Spinnereien. Wir kamen auf unsere Ziele zu sprechen und waren uns beide vollkommen einig darüber, dass wir es zum Profi schaffen wollten und

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