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Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Titel: Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Heinze
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andererseits aber auch ein bisschen amüsiert darüber, dass ich die ganze Meute mit einer einzigen Aktion so aufmischen konnte.
    Unter all den Leuten fiel mir einer ganz besonders auf. Den Typen schätzte ich auf Ende zwanzig, rund hundert Kilo schwer, seine Stimme dröhnte unüberhörbar laut und dunkel, bei jedem Schrei schwoll die Halsschlagader seines mächtigen Stiernackens an wie ein Gartenschlauch bei voll aufgedrehtem Wasserhahn, sein kurzgeschorener Kopf färbte sich wie eine Tomate, sein Gesicht verzerrt vor lauter Feindschaft. Mitte der zweiten Hälfte beging ich dann einen Fehler, der einem Spieler nicht passieren sollte. Ich ließ mich von einem weiteren Zuruf dieses Traums aller Schwiegermütter provozieren und blickte unverhohlen in sein Gesicht. Als er daraufhin in seinen Schreien noch eine Schippe Impulsivität drauflegte, schüttelte ich für einen kurzen Moment mitleidig grinsend den Kopf. Daraufhin schnellte sein Körper ruckartig nach vorne, und ich dachte, der Kerl springt gleich auf den Platz. Doch dafür saß er zum Glück einige Reihen zu weit oben, und auch wenn er nun endgültig durchzudrehen schien, beließ er es notgedrungen bei weiteren wüsten Beschimpfungen.
    Trotzdem, auf solche Spielchen sollte man sich überhaupt nicht erst einlassen. Schon gar nicht als Kapitän, denn ich war allein schon deshalb ein rotes Tuch für die Dresdner. Davon abgesehen geht so eine Aktion letztendlich nur zu Lasten der Konzentration, und damit spielt man dem Gegner auf der Tribüne auch noch in die Karten. Ich besann mich also schleunigst wieder auf meine Aufgabe auf dem Platz. Meine Mutter mochte der besagte Herr anschließend übrigens noch weniger, doch das kümmerte mich nun kaum mehr.
    Wenn ich einmal Zeit zum Durchatmen hatte, genoss ich viel mehr die ansonsten famose Stimmung – wie die übrigen Fans ihre Mannschaft mit überbordender Leidenschaft und lautstarken Fangesängen nach vorne peitschten, das war enorm. So pathetisch das klingen mag, aber man spürte förmlich die Hingabe der Leute und auch den Kult um diesen Verein. Und abgesehen von den besagten Gruppierungen, die über die Stränge schlugen, empfand ich diese Zuneigung als schlichtweg phänomenal. Das Spiel blieb weiterhin fahrig, und am Ende zogen wir leider mit zwei zu drei den Kürzeren. Als gegen 15 Uhr 50 der Abpfiff ertönte, kannte der Jubel auf den Rängen keine Grenzen. Ich dagegen war arg enttäuscht und schlich umgehend in die Kabine. Dort war es logischerweise vergleichsweise ruhig.
    Nach dem Duschen fuhren wir gegen 16 Uhr 45 ab Richtung Heimat. Im Bus präsentierte sich das typische Bild nach Niederlagen. In der ersten Stunde saßen die meisten zerknirscht auf ihren Plätzen und starrten aus dem Fenster oder schrieben SMS an Freunde und Familie. Es wurden ein paar Nudeln mit Tomatensoße gegessen, die unser Busfahrer vor der Fahrt in der kleinen Küche im hintersten Teil des Busses zubereitet hatte. Geredet wurde kaum. Erst nach und nach löste sich die Stimmung, und möglichst weit entfernt vom Trainer wurden schon wieder die ersten Scherze gerissen.
    Das war aber immer abhängig vom jeweiligen Charakter. Manche konnten die Schlappe sofort ausblenden, oder ihnen ging das Ganze einfach nicht so nahe. Anderen erging es überhaupt nicht so. Ich persönlich konnte nie verstehen, wie man nach einer Niederlage kurz danach schon wieder gut drauf sein konnte. Ich brauchte dafür immer eine ganze Weile. So oder so war eine lange Heimreise nach einem Sieg natürlich wesentlich angenehmer und auch entspannter. Die Stimmung im Bus aus Dresden war schon relativ gedrückt, und in so einem Fall vergingen die Stunden auf der Straße quälend langsam, niemals sonst schaute man so oft auf die Uhr. Am späten Abend erreichten wir die Säbener Straße, luden die Sachen aus, und wenig später fiel ich zu Hause in mein Bett. Ich ärgerte mich immer noch über die knappe Niederlage, war aber im selben Moment auch unheimlich stolz, in so einem Rahmen Kapitän des FC Bayern gewesen zu sein.

    Generell liefen die ersten Begegnungen als Spielführer recht ordentlich. Dann kamen zwei etwas schwächere Auftritte von mir dazu, mit denen ich selbst nicht ganz zufrieden war. Wirklich überzeugend war das nicht, was ich dort ablieferte, allerdings fiel ich in meiner Leistung auch nicht auffällig ab. Aber das schien zu reichen. Was ich mir nie hätte vorstellen können zu diesem Zeitpunkt, trat ein. Ich wurde umgehend auf die Bank verbannt.
    Mein

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