Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)
ich froh, als die gut eineinhalb Stunden vorbei sind. Die Aufführung zieht sich, die landestypische Gamelan-Musik tut ihr Übriges dazu. Natürlich klingt sie für unsere Ohren ungewohnt, aber was mir die ersten Minuten noch Freude bereitet, fängt irgendwann an zu nerven. Die Synchronie der Bewegungen und die komplizierte Handhaltung der Akteure sind dagegen durchaus beeindruckend. Aber nach einer Weile kann ich auch damit nicht mehr viel anfangen. Wohl doch ein Kunstbanause.
Als dann der Kriegstänzer die Bühne betritt, ist es ganz aus für mich. Das ist hier nun mal eine ganz andere Kultur mit eigenen Traditionen und Sitten, schon klar. Und ich zolle solchen Dingen gegenüber in der Regel wirklich Respekt. Aber Entschuldigung, der Kerl steht doch hundertprozentig unter Drogen. Der geht die ganze Zeit völlig planlos umher, hält dann urplötzlich an, als würde er beim nächsten Schritt von einem Zug erfasst werden, macht irgendwelche konfusen, heftigen Zuckungen und schreit dabei wie der Teufel. Ganz zu schweigen von dem Typen am Ende, der mit seiner grauen, zerzausten Perücke glatt als Doppelgänger von Albert Einstein durchgehen würde. Besonders auffällig bei den Damen ist die gleichgültige Mimik. Ein kurz angedeutetes Grinsen ist schon das höchste der Gefühle, ansonsten wird eben traurig oder teilnahmslos geschaut. Das passt so gar nicht zu den Leuten hier, und ich schätze, dass sich die Tänzerinnen auf der Bühne ziemlich verstellen müssen.
Auch das Fußballgeschäft ist häufig ein wahres Schauspiel. Jeder hat dasselbe Ziel, jeder will Profi werden, das eint alle. Und natürlich liegt das in gewisser Weise auf der Hand. Doch darüber geredet wird untereinander so gut wie gar nicht. Mit etwas Abstand betrachtet, ist das irgendwie schon fast lustig. Keiner will zu viel von sich preisgeben. Nur wenige bleiben wirklich sie selbst. Die meisten verstecken sich hinter einer Maske. Möglichst cool und hart sein, lautet die Devise. Am besten so wenige Gefühle zeigen wie möglich, um keine Schwäche ans Tageslicht treten zu lassen. Keiner will vor der Mannschaft in der Umkleide hemmungslos losheulen, wenn er schlecht gespielt hat oder ausgewechselt wurde. Das ist natürlich mehr als verständlich. Wenn mir aber einer nach dem Spiel erzählen will, dass es ihn überhaupt nicht juckt, dass er zwei Tore verschuldet hat und zur Halbzeit in der Kabine bleiben musste, dann kann ich eine solche Aussage einfach nicht ernst nehmen.
Sicher, es gab auch genügend Ausnahmen, aber bei einigen meiner Mitspieler hatte ich den Eindruck, dass ihnen ihr mannschaftsinterner Ruf über alles ging. Die Konkurrenz um die Plätze in der ersten Elf ist ohnehin schon groß genug. Nein, da muss dann auch noch jeder das dickste Auto fahren. Vor kurzem erst die Führerscheinprüfung bestanden, aber als ersten Wagen einen Audi TT Cabrio mit dem stärksten Motor bestellen. Anders als die Profis, die ihre Gefährte umsonst, samt Tankkarte, gestellt bekommen, fielen bei uns selbstverständlich sowohl Benzinkosten als auch Leasingraten an. Auch wenn Letztere vergleichsweise günstig ausfielen, weil Audi Sponsor des FC Bayern ist. Dennoch habe ich nie verstanden, wie man mit achtzehn, neunzehn Jahren schon so viel Geld für einen Wagen ausgeben kann.
Keine Frage, auch ich habe meinen nagelneuen A3 Jahr für Jahr aufs Neue genossen. Und ich werde diesen Luxus auch vermissen, wenn ich mir in Zukunft vielleicht nur noch einen kleinen Gebrauchten oder gar kein Auto mehr leisten kann. Aber ich war immer der Meinung, dass man es nicht gleich übertreiben und mit dem ersten Wagen einen auf dicke Hose machen muss. Das sollte man sich erst mit der Zeit verdienen. Und mal ganz ehrlich – auch einen gut ausgestatteten A3 fahren wohl die wenigsten mit neunzehn.
In so einer Mannschaft, wo jeder unbedingt Profi werden will, bleiben diverse Grabenkämpfe nicht aus. Auch unter Männern gibt es in so einer großen Gruppe Zickereien. Da wird schon auch mal Politik hinter dem Rücken gemacht und einfach herzhaft über die Kollegen gelästert. Die Benotung für uns im Fachmagazin Kicker war dafür immer ein gefundenes Fressen. Da wurde getuschelt und getratscht wie unter alten Waschweibern. Der ist ja schon wieder viel zu gut weggekommen, und auch der hätte höchstens eine vier Komma fünf und auf keinen Fall etwas Besseres verdient gehabt, hieß es dann. Teilweise herrlich amüsante Szenen.
Wobei auch ich finde, dass die Notengebung für die Dritte
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