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Nachsuche

Nachsuche

Titel: Nachsuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuhn Kuhn
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Hat sie zwischen rechts und links gewechselt? Systematisch? Jeden Tag einen anderen? Kann man erkennen, wie alt die Einstiche sind? Kann man sie nach dem Alter unterscheiden? Gibt es sonst irgendwo einen Einstich? Oder einen, der sich von den anderen unterscheidet?
    Er muss sich unbedingt wegen des Zuckerschocks erkundigen. Er weiß so gut wie nichts über Diabetes, hat keine Ahnung, ob die Krankheit für seinen Fall eine Rolle spielt, will es aber wissen. Auf Nummer sicher gehen.
    Natürlich könnte er den Bezirksarzt anrufen oder den Pathologen, der die Leiche obduziert hat. Das wird er auch, aber erst, wenn er alle Fragen beisammen hat, auf die er eine Antwort will. Noch ist er sich nicht klar, worauf genau es ihm ankommt. Und jetzt wird er, schon wegen seiner Tochter, das Zabaione aufessen, Zuckerschock hin oder her.

    Später, im Bett, rücken Noldi und Meret wie immer eng zusammen. Sie schweigen eine Weile und genießen die Nähe und Wärme des anderen. Schließlich fragt Meret: »Wie geht es mit deinem Fall? «
    »Meinem Fall, meinem Fall«, knurrt Noldi gutmütig. »Wenn du mich fragst, ist das zurzeit eine aussichtslose Sache. Die in Winterthur sind sich immer noch nicht sicher, ob es überhaupt ein Fall ist. Kann sein, sie hat sich selbst umgebracht. Vielleicht sogar aus Versehen. Sie hat Schokoladetorte gegessen, obwohl sie zuckerkrank war. Da musste sie vermutlich extra Insulin spritzen. Und hat vielleicht zu viel erwischt. Du siehst, da gibt es bei allem nur ein ›Vielleicht‹. Offen bleibt die Frage, wie ist sie in den Wald gekommen.«
    Dann erzählt er ihr der Reihe nach, was er bisher unternommen hat, vom Ehepaar Walter, von Menchubertha, ihrem Kleid, dem Geflatter und Gezwitscher, von den Buddhas. »Die«, sagt er, »hat sicher keinen Buddha ans Kloster verschenkt. Was dort in der Vitrine steht, sind Kunstobjekte. Von denen kostet jeder ein Vermögen. Der Mann ist Sammler. Das siehst du auf den ersten Blick. Er hat die Stücke zusammengetragen. Sie versteht nichts davon, auch das merkt man bald.«
    Er erzählt auch von der anderen, dieser Adalberta Walter in Weesen. Dass er das Gefühl nicht los wird, das sei die Frau, die sie tot im Neubrunner Wald gefunden haben.
    »Weißt du, es ist so, als hättest du in einem Buch schon auf die nächsten Seiten geschaut und wüsstest, was dort steht. Obwohl es in einem Kriminalfall keine nächste Seite gibt, auf der man nachschauen könnte. Aber so fühlt es sich an.«
    »Mhm«, macht Meret und nach einer Weile lebhaft, »und als du in Weesen niemand erreicht hast, was hast du gemacht? Hast du auch die anderen Nummern angerufen?«»Nein«, antwortet Noldi verblüfft. Rasch fügt er hinzu: »Du hast telefoniert und gesagt, ich soll zum Abendessen kommen.«
    »Lass die Ausreden«, antwortet Meret milde. »Wieso hast du nicht weiter telefoniert?«
    »Ich weiß nicht«, meint Noldi nachdenklich. »Mache ich morgen.«
    In diesem Punkt ist er nicht ganz ehrlich zu seiner Frau, denn in Wirklichkeit hat er gute Lust, sich zuerst einmal in Weesen umzuschauen.

    Genau das sagt er am nächsten Morgen zu seinem Chef. Er berichtet ihm, was er bis jetzt zu der Leiche im Neubrunner Wald herausgefunden hat.
    »Bei dieser Adalberta Walter in Weesen«, meint er beiläufig, »meldet sich keiner, nicht einmal ein Beantworter.«
    Der Chef schaut ihn prüfend an.
    »Ich weiß, ich weiß«, sagt Noldi, »das bedeutet noch gar nichts.« Und schluckt die Bemerkung, dass sie die Richtige sei, hinunter.
    Der Chef würde ihm eine so unprofessionelle Haltung niemals durchgehen lassen. Was nichts daran ändert, dass ihn dieses Gefühl der Gewissheit von Zeit zu Zeit überfällt. Meistens trifft es sogar zu. Wie diesmal, sagt etwas lautlos in seinem Kopf.
    »Gute Leistung«, lobt Beer. »Schaut aus, als hättest du einen ersten Durchbruch geschafft. Du bist schneller als der Amtsschimmel«, sagt er dann und lacht über den eigenen Witz.
    »Wir haben die übliche interne Rundfrage gestartet, nur ist bis jetzt keine einzige Rückmeldung eingegangen. Aber hör zu, Noldi. Die Sache in Weesen überlässt du besser den Kollegen von der Kantonspolizei Sankt Gallen. Sonst gibt es böses Blut, wenn wir uns dort einmischen. Ruf sie an und erkundige dich, was sie über die Frau wissen. Dann soll einer mit dem Foto von der Toten ins Haus gehen und schauen, ob sie jemand erkennt. Vielleicht kann er sich die Wohnung ansehen. Aber ohne große Formalitäten, solange wir nicht mehr wissen.«
    »Mach ich«,

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