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Nachsuche

Nachsuche

Titel: Nachsuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuhn Kuhn
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und erklärte ihr ganz seriös, sie müsse nicht meinen, er habe nur so dahergeredet. In zwei Monaten werde er befördert. Das, finde er, sei der richtige Moment für eine entscheidende Veränderung in seinem Leben.
    Dann küsste er seine Braut, raste zurück zum Dienst. Er war schon fünf Minuten zu spät. Bei der Tür drehte er sich noch einmal um und machte vor Freude einen Bocksprung.

    Bevor Noldi nach Weesen fährt, schaut er im Büro vorbei. Dort gibt es nichts Neues. Er will eben aufbrechen, da klingelt das Telefon. Erika Meierhans, die Sekretärin des Tibet-Institutes, ist am Apparat.
    »Mir ist noch etwas eingefallen«, sagt sie ohne Einleitung. »Ich glaube, die Berti Walter hat etwas von Brütten erwähnt. Dass sie das Haus in Brütten räumen müsse. Aber sicher bin ich mir nicht.«
    Soso, Brütten, denkt Noldi, wohlhabende Gegend, während er bereits die Telefonnummer der Gemeindekanzlei heraussucht. Das sind die mit dem höchstgelegenen Kirchturm im Kanton Zürich. Behaupten sie. Noldi glaubt nicht daran. Seiner Meinung nach liegt die kleine Kirche auf dem Sitzberg höher. Damals, erinnert er sich, als sie in Brütten den Steuerfuß gesenkt haben, wanderten die betuchten Winterthurer in Scharen dorthin aus. Der Ort liegt nicht schlecht. Von der Anhöhe aus sieht man an schönen Tagen sogar die Alpen, und in zehn Minuten ist man auf dem Bahnhof Winterthur. Früher gab es dort oben eine gute Beiz. Er war öfter in der Gegend, denn auf der Straße dorthin befindet sich eine große Pistolenschießanlage. Als er allerdings im letzten Sommer Meret nach Brütten zum Essen ausführte, hatte sich die Beiz in eine Art Cowboy Klub verwandelt. An den Tischen im Garten saßen sowohl Althippies mit langen Haaren als auch Möchtegern-Cowboys mit Stetson auf dem Schädel und Hosenträgern über dem Bauch. Der Parkplatz draußen war vollgestellt mit schweren Motorrädern und alten Amerikanerkutschen. Aber die Steaks, das musste Noldi zugeben, waren nicht zu verachten. Da lagen echte Fetzen Fleisch auf den Tellern.
    An der Straße dort hinauf fand man vor einigen Jahren unter einem Dolendeckel eine bis zur Unkenntlichkeit zugerichtete, stark verweste Mädchenleiche. Der Fall ließ in Winterthur die Wogen der Entrüstung hochgehen. Die Presse machte sich wichtig, die Polizei quälte sich ohne Erfolg durch die Ermittlungen. Sie forderten sogar Fahnder aus Zürich zur Verstärkung an. Trotzdem dauerte es Monate, bis der Fall geklärt werden konnte.
    Noldi fragt sich, ob ihm das mit der Leiche im Neubrunner Wald auch blühen würde. Wobei sich hier das Publikumsinteresse in weit engeren Grenzen hält. Bis jetzt hat sich noch kein Reporter auf seinen Polizeiposten in Turbenthal verirrt.
    Da meldet sich die Gemeindekanzlei in Brütten. Ja, heißt es, eine Adalberta Walter habe hier gewohnt. Nein, gekannt habe die Beamtin Frau Walter nicht. Sie sei noch neu hier. Wenn er mehr wissen wolle, sagt sie und Noldi hört den ausländischen Akzent, müsse er sich an den Gemeindeschreiber wenden. Der kenne alle und jeden im Dorf.
    Noldi lässt sich verbinden, hat tatsächlich Glück. Der Mann weiß Bescheid. Die Ada, sagt er sofort, sei die Tochter des Eugen Walter gewesen, eines Ingenieurs aus Deutschland, der es im Leben zu etwas gebracht und in der Gemeinde ein Haus gebaut habe. Das große Grundstück sei damals noch an der Ortsgrenze gelegen. Dort habe die Tochter den Mann die letzten Jahre seines Lebens gepflegt. Eine Frau gab es, solange der Gemeindeschreiber sich erinnern könne, keine.
    »Wenn Sie mich fragen«, sagt er, »mit dem Mann hat irgendetwas nicht gestimmt.«
    »Was meinen Sie mit nicht gestimmt?«, fragt Noldi.
    Der andere zögert.
    »Ich weiß nicht, wie ich es nennen soll. Er war nicht dumm, gewiss nicht, nicht unfreundlich, auch nicht auffällig, aber seltsam. Ja, das war er, seltsam.«
    »Was hat er gemacht?«
    »Nichts. Er hat nichts gemacht. Er war im Dorf nicht vorhanden. Er hat da gelebt, aber man hat ihn kaum gesehen. Es wurde von einer Geschlechtskrankheit gemunkelt, andere haben gesagt, es sei etwas Erbliches. Dass er Bluter sei und sich daher nicht aus dem Haus traue, um sich nicht zu verletzen. Aber das war alles nicht mehr als Gerede. Gewusst hat keiner etwas.«
    »Und das Haus?«, will Noldi wissen.
    »Existiert nicht mehr, das haben sie abgerissen und drei Wohnblocks hingestellt«, sagt der Herr Gemeindeschreiber. »Die Ada ist aus Brütten verschwunden, sofort nach dem Tod des Vaters.«
    »Sie muss

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