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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Melodia
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nicht wieder herauskommt, beschließe ich, langsam näher heranzugehen, dicht an der Mauer des Lagerhauses entlang. Ich klettere über einen halb verfallenen Metallzaun, der ein Grundstück vom nächsten trennt. Morgan ist in einem dunklen Backsteinhaus mit zerbrochenen Fenstern verschwunden. Es scheint unbewohnt zu sein.
    Als ich die Tür erreiche, stehe ich verwundert vor einem Stück dunklem, vermodertem Holz, lose und abgeblättert. Wird wohl nicht besonders schwer sein, da reinzukommen. Vorsichtig fasse ich den Griff, einen Messinghaken in Form einer Volute, in die man die Hand legen kann. Der Mechanismus ist kaputt, aber die Tür geht trotzdem auf. Ich drücke langsam dagegen und bringe die verrosteten Angeln zum Quietschen, ein Klagelaut, der mir eine Gänsehaut verursacht. Einen Augenblick bin ich versucht aufzugeben, doch dann sage ich mir, dass es meine einzige Rettung ist, die Wahrheit in Erfahrung zu bringen.
    In der Hoffnung, dass mich niemand gehört hat, öffne ich die Tür ganz und gehe hinein. Im Innern begegnet mir ein staubiges Halbdunkel. Strenge Gerüche und geschichtsträchtige Ablagerungen zeugen von jahrelanger Verwahrlosung.
    Ich mache ein paar Schritte vorwärts.
    Als sich meine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt haben, bin ich schockiert. Ich befinde mich in einem nicht sehr großen Raum, der mit einem anderen durch eine türlose Öffnung verbunden ist. Ein Lichtstrahl, der durch ein Loch in der Decke fällt, beleuchtet einen Fußboden voller Schutt und Gerümpel. Von den Wänden blättert der Putz, überall werden Flecken sichtbar, vermutlich Ruß. In einer Ecke liegt eine Matratze mit Lumpen darauf und einem Haufen Müll daneben.
    Wo zum Teufel bin ich? Er kann doch nicht hier reingegangen sein!
    In dem Moment höre ich aus dem anderen Zimmer das Klirren von zerbrochenem Glas. Ich erschrecke mich zu Tode.
    Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, renne ich wieder nach draußen und bleibe erst stehen, als ich die Straße mit den Bars erreicht habe.
    Mein Kopf tut höllisch weh, so dass ich gezwungen bin, mich auf die Bordsteinkante zu hocken. Ich presse die Hände an die Schläfen und schließe die Augen, bete, dass es schnell vorbeigeht.
    Ich weiß nicht, wie lange ich so dagesessen habe, als ich plötzlich aufschrecke, weil ein Mann mir auf die Schulter tippt.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragt er.
    Ich starre ihn an. Ich weiß nicht, wer er ist, aber er trägt einen Hut. Schnell stehe ich auf und fange wieder zu laufen an, geradewegs bis zum Kommissariat.
    Als ich dort ankomme, ist der Teufel los.
    Naomi wartet draußen auf mich.
    »Was ist denn hier passiert?«
    »Der Junge, den wir vorhin gesehen haben …«
    »Ja?«
    »Er ist tot.«

[home]
    Kapitel 63
    D as Polizeirevier gleicht einer großen Schachtel mit Feuerwerkskörpern, die sich gegenseitig in die Luft jagen. Überall Leute, die laufen, schreien, stoßen, Polizisten, die versuchen, eine Ordnung aufrechtzuerhalten, an die sie selbst nicht glauben. Das Chaos kennt keine Grenzen.
    Das Bild von Morgan, der schnell von hier wegrennt, hat sich in meinen Kopf eingebrannt. Der Zusammenhang liegt nahe. Kann es sein, dass er … etwas mit dem Tod des Mörders zu tun hat?
    Ich ziehe Naomi beiseite und lasse mir alles berichten.
    »Ich weiß auch nicht viel mehr, Alma … wirklich … Der Polizist war gerade dabei, meine Anzeige aufzunehmen, als wir plötzlich Schreie und Getrampel draußen im Flur hörten. Wir sind auf den Flur gelaufen und hinter ein paar von seinen Kollegen her in den Gang mit den Vernehmungszimmern. Er war voller Leute, man kam gar nicht durch. Der Beamte hat sich durchgeboxt, um nachzusehen, und mich gebeten, so lange im Vorraum zu warten. Als er zurückkam, hat er mir gesagt, dass ein Unglück passiert ist, dass der Junge tot ist, und dass wir ein andermal mit der Strafanzeige weitermachen müssen. Er war aschfahl im Gesicht und … na ja, voll unter Schock. Kurz darauf ist ein Rettungswagen gekommen. Zwei Männer haben die Leiche des Jungen auf einer Bahre weggetragen. Sie war mit einem Tuch bedeckt. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, und habe überall nach dir gesucht, dann dachte ich, ich gehe am besten nach draußen und warte dort. Früher oder später musstest du ja vorbeikommen. Wo warst du denn?«
    »Ich habe Morgan gesehen.«
    »Morgan?«
    »Ja, er rannte aus dem Polizeigebäude, flüchtete.«
    »Flüchtete? Warum denn?«
    »Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll, Naomi. Zuerst Adam, dann Agatha,

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