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Nacht aus Rauch und Nebel

Nacht aus Rauch und Nebel

Titel: Nacht aus Rauch und Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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Eisenheim geben könnte. Doch die Sache klang logisch. Jetzt musste ich bloß noch herausfinden, wo sich dieses Rathaus befand. Und ob man mir dort Auskunft erteilen würde.

9
NACHFORSCHUNGEN
    Der Himmel über Eisenheim war schwarz. Klar und dunkel wie eh und je spannte er sich über der Stadt, als ich in der folgenden Nacht durch die Straßen von Graldingen lief. Zeppeline zogen ihre Bahnen. Wandernde flanierten über die Rue Monsieur le Coq. Man hätte meinen können, dass sich das Nichts niemals bewegt hatte. Genauso unvorstellbar erschien mir, dass es je Asche regnen oder die Erde beben könnte. Doch ich wusste es besser.
    Vom Fluss zog eine feuchte Kälte herauf, die mir in die Kleidung kroch, Nebelschwaden, die den Stoff klamm und meine Finger taub werden ließen. Eine Weile wanderte ich am Ufer des Hades entlang und trotz meines grauen Mantels fror ich schon bald so sehr, dass meine Zähne aufeinanderschlugen. Vorsichtig streckte ich die Finger nach Sieben aus, der über mir schwebte, um mich zu wärmen. Leider brachte es so gut wie nichts, obwohl unter seiner Magmakruste Backofentemperaturen herrschen mussten, nach außen gab er keinerlei Hitze ab.
    Kurz bevor ich erfror, erreichte ich endlich die Pyramiden von Giseh. Erleichterung machte sich in mir breit. Laut einer der Karten im Arbeitszimmer meines Vaters befand sich das Rathaus in einem schottischen Jagdschloss irgendwo hier in der Nähe.
    Ich sah mich um.
    Die Pyramiden und der davorliegende Platz waren nicht wiederzuerkennen. Überall stapelten sich Baumaterialien, Löcher waren in den Boden gerissen worden, Leitungen wurden verlegt. Hämmer dröhnten, Dampfmaschinen stampften. Dazwischen wuselten die ausgemergelten Gestalten der Arbeiter umher. Fünf von ihnen versuchten mit einer Art Rollbrett, eine gigantische Glaswand zu bewegen. Und über der Spitze der Cheopspyramide zogen Schattenreiter mit ruckenden Köpfen ihre Bahnen.
    Aus dem Augenwinkel erkannte ich gar nicht weit entfernt einen trutzigen Schlossturm. Das musste das Jagdschloss sein! Ich wandte mich zum Gehen, doch in diesem Moment wurde man auf mich aufmerksam. Einer der Schattenreiter rief etwas Unverständliches und zeigte mit dem Finger auf mich. Ein anderer erhob sich augenblicklich in die Lüfte und flog davon. Und ein dritter hielt direkt auf mich zu.
    Mist! Seit Tagen lag Christabel mir damit in den Ohren, dass mein Vater und der Kanzler einen Baustellenbesuch meinerseits wünschten, damit ich mir einen Überblick über die Arbeiten verschaffen und der Nachtanzeiger einen Artikel über mich und das fürstliche Projekt bringen konnte. Bislang hatte ich alles getan, Christabels Drängen zu ignorieren. Doch nun … Ich ärgerte mich über meine eigene Dummheit. Warum hatte ich mir nicht die Kapuze tiefer ins Gesicht gezogen? Warum war ich überhaupt so offen auf den Platz hinausgetreten?
    Ich betrachtete das Jagdschloss. Es lagen nur etwa fünfzig Meter zwischen mir und dem Eingang. Fünfzig Meter zu viel. Das riesige Schattenpferd landete so nah vor mir, dass ich unwillkürlich zurückwich. Das tiefschwarze Fell glänzte in der Dunkelheit und ein herber Geruch stieg mir in die Nase. Wölkchen quollen aus den Nüstern des Tieres empor, als es die Flügel anlegte und schnaubte, während der Reiter ruckend den Kopf schief legte.
    »Prinzessin«, zischte er und lüpfte den seidenen Zylinder. »Da sind Sie ja endlich. Wir haben Sie erwartet.«
    »Hallo.« Ich verdrehte die Augen, trat aber sicherheitshalber doch noch einen Schritt zurück. Dieser zuckende Kerl auf seinem gigantischen Reittier verursachte ein mulmiges Gefühl in meiner Magengegend. Zwar hatte ich mittlerweile gelernt, wie ich mich gegen diese Wesen zur Wehr setzen konnte, allerdings war ich schon seit Wochen keinem von ihnen mehr so nahe gekommen. In meinem Kopf spukte außerdem die Erinnerung daran herum, wie die außer Kontrolle geratenen Schattenreiter im Krawoster Grund sich neulich ineinander verbissen hatten.
    Mit zusammengekniffenen Augen taxierte ich die finstere Gestalt vor mir. Der Typ sah eigentlich nicht aus, als wäre er wahnsinnig und würde sich im nächsten Augenblick auf mich stürzen. Sein Gesicht wirkte ruhig, genau wie die Hand, mit der er die Zügel seines Pferdes führte. Andererseits konnte man nie wissen.
    »Bitte folgen Sie mir«, forderte der Schattenreiter mich mit schnarrender Stimme auf.
    Ich seufzte und dachte einen Herzschlag lang darüber nach, mich zu weigern. Schließlich gab es gerade

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