Nacht Der Begierde
das enttäuschen sollte. «Was ist mit meinen Eltern?»
«Es tut mir wirklich leid.» Zachs Gesicht wurde ernst,und er rückte dichter an mich heran, während er meine Hand in einer unerwartet tröstlichen Geste mit seinen Händen umschloss. «Wir sind nicht unsterblich. Deine Mutter ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen, und dein Vater starb … an gebrochenem Herzen. Er wurde von einem anderen Wolf herausgefordert, der offen anzweifelte, dass er trotz seiner Trauer das Rudel führen kann. Dein Vater gewann, ist dann aber an den Verletzungen gestorben, die er in dem Kampf davongetragen hatte.»
«Tödliche Kämpfe. Zwangsehen. Du schaffst es wirklich, alles sehr verlockend klingen zu lassen.» Meine Stimme wirkte etwas tonlos. Ich versuchte, die Bilder von sich gegenseitig zerfleischenden Wölfen zu verdrängen, die schreckliche Vorstellung, dass es Menschen waren, die unter diesem Fell steckten. «Und was geschah dann? Warum wurde ich adoptiert? Warum habt ihr mich die ganze Zeit in dem Glauben gelassen, dass ich ein normaler Mensch sei?»
Von allen Enthüllungen des heutigen Tages wog diese am schwersten. Das Wissen darum, dass mein ganzes bisheriges Leben eine Lüge gewesen war.
«Mein Vater war sein Stellvertreter, also fiel ihm die Führungsrolle zu, so lange, bis du bereit wärst, einen neuen König zu bestimmen. Und aufgrund der Streitigkeiten glaubte er, dass es sicherer für dich wäre, außerhalb des Rudels aufzuwachsen. Ray, der unterlegene Herausforderer deines Vater, oder einer seiner Leute hätten versuchen können, dich zu beeinflussen.»
Ich zitterte bei dem Gedanken an das, was Zach nicht ausgesprochen gelassen hatte: «Also sind nicht alle froh darüber, dass die verlorene Prinzessin zurückgekehrt ist.»
«Nein, nicht jeder.» Er gab die Wahrheit zu, und das gefiel mir, selbst wenn ich ansonsten hätte heulen können.
«Kann ich wenigstens darauf hoffen, dass keiner seinerGefolgsleute unter denen ist, zwischen denen ich mich entscheiden soll?» Ich konnte mich nicht dazu durchringen, den Begriff ‹Gefährte› zu verwenden. Selbst das Wort klang zu endgültig, zu konkret, und darauf war ich wirklich noch nicht eingestellt. Aber, verdammt, wenn ich nun wirklich den Mörder meines Vaters küssen müsste, oder einen der anderen Wölfe, die den Herausforderer unterstützt hatten?
«Sei ganz beruhigt, Prinzessin.» Zachs Mundwinkel gingen nach oben, nur ein ganz kleines bisschen. «Ray hat das Rudel mit seiner Herausforderung gespalten. Er hat gegen den Alpha-Rüden gekämpft und verloren. Das hat ihn zu einem Ausgestoßenen gemacht. Als er ging, sind seine Gefolgsleute mit ihm gegangen. Hier bei uns bist du sicher.»
«Gut zu wissen.» Trotzdem müsste er ja wohl noch irgendwo sein, oder? Herrje, ein Problem nach dem anderen. Erst mal musste ich aber noch etwas anderes klarstellen. «Zach, du musst begreifen, dass ich das, was ihr von mir erwartet, nicht tun kann. Selbst wenn es wahr wäre, selbst wenn ich kurz davor bin, mich in eine Wölfin zu verwandeln, so heißt das noch lange nicht, dass ich bereit bin, mein bisheriges Leben einfach so aufzugeben.»
«Das verlangt auch niemand von dir.» Er drückte meine Hand plötzlich fester. «Aber du musst begreifen, dass du uns brauchst. Im Moment wirst du das vielleicht noch nicht so sehen, aber morgen ganz bestimmt.»
Schreckliche Angst machte mir, dass ich plötzlich einen metallischen Geschmack im Mund hatte und meine Muskeln sich anfühlten wie Blei. «Sprichst du etwa über Brunft, über Läufigkeit?»
Wie in einem billigen Fernseh-Quiz
, dachte ich, kurz davor hysterisch zu werden.
Was könnte schlimmer sein, als ohne Vorwarnung zum Werwolf zu werden? Sich in eine läufige Werwölfin zu verwandeln.
Er nickte. Mein Hals wurde eng, und ich hatte Mühe zu schlucken. Trotzdem bekam ich irgendwie meine nächsteFrage heraus. «Wird es in menschlicher Form passieren oder als Tier?»
«Als Mensch.» Er verharrte so regungslos, als ob er befürchtete, jede Bewegung von ihm könnte von mir als Aggression verstanden werden.
«Habt ihr …» Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen und suchte nach einer Formulierung, mit der ich ihn nach der Beschaffenheit seiner Männlichkeit fragen konnte, aber da gab es bekanntlich keine unverfänglichen Umschreibungen. Alle wolfsartigen Geschöpfe haben eine Besonderheit an ihrer Peniswurzel. Diese Eichelknoten schwellen nach dem Eindringen an und halten die Kopulierenden fest zusammen, bis der
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