Nacht der Dämonin / Magischer Thriller
wieder würde stellen müssen.
»Carlos hat angerufen?«
»Ja, Sir. Es hat sich angehört, als hätte er Schwierigkeiten. Die Verbindung war weg, bevor er uns sagen konnte, was er sagen wollte, aber wir haben den Ort ermittelt, von dem er angerufen hat. Sollen wir gleich ein Team hinschicken?«
»Nein, Griffin und ich erledigen das. Könnten Sie die GPS -Koordinaten bitte an« – ich sah durch die Trennwand zu Griffin hin, der zur Antwort vier Finger hob – »Wagen vier schicken?«
»Jawohl, Sir.«
»Und haben Sie Carlos’ Anruf aufgezeichnet?«
»Ja, Sir. Ich spiel’s Ihnen vor.«
Die Aufnahme sagte mir wenig. Genau genommen gar nichts außer der Tatsache, dass es offenbar tatsächlich Carlos war und nicht jemand, der sein Handy gefunden und auf die nächstbeste Kurzwahloption gedrückt hatte. Er wollte wissen, warum sämtliche internen Leitungen blockiert waren und warum ein Anruf bei unserem Vater nicht durchgekommen war. Und er wollte mit demjenigen reden, »der da das Sagen hat«. Es war in der Tat unwahrscheinlich, dass Carlos den Namen des Mannes kannte, der die Einsatzzentrale leitete.
Die Telefonistin hatte den Fehler gemacht nachzufragen: »Spricht dort Carlos Cortez?« Vielleicht hatte sie sich nicht vorstellen können, dass der Mann, der gerade eine Menschenjagd auslöste, die sämtliche Leitungen und Frequenzen blockierte, in Person anrief. Oder vielleicht hatte sie sich auch einfach an die Vorschriften gehalten und sich seiner Identität versichert, bevor sie den Anruf weitergab.
Gelohnt wurde es ihr mit einer Reihe von Obszönitäten und der Drohung, dass sie ihren Job los sein würde, wenn sie den Anruf nicht innerhalb von fünf Sekunden durchstellte. Was die Entwicklungen unmittelbar danach anging, so war ich mir sicher, man würde der Sache nachgehen, denn die Verbindung brach ab. Vielleicht hatte Carlos einfach aufgelegt. Oder die nervöse Telefonistin hatte einen Fehler gemacht. Oder das überlastete Netz hatte das Gespräch beendet.
Die Telefonistin hatte Carlos zurückzurufen versucht, aber lediglich seine Voicemail erreicht. Und dann hatte sie mich angerufen.
War das Ganze ein plumper Versuch meines Bruders gewesen, sich ein Alibi zu verschaffen? Hatte er vorgegeben, nicht zu wissen, warum das Netz blockiert und mein Vater nicht zu erreichen war, als bewiese seine Ahnungslosigkeit, dass er nicht verantwortlich sein konnte? Oder versuchte Carlos eventuell, sich von seinen Mittätern zu distanzieren, sie vielleicht zu verraten, nachdem mein Vater den Anschlag überlebt hatte? Und vielleicht hatte er nichts mit all dem zu tun und war im Augenblick möglicherweise selbst in Gefahr?
Um meines Vaters willen hoffte ich auf die letzte Erklärung, und ich hoffte, wir würden rechtzeitig eintreffen.
Wir fanden die angegebene Adresse im südlichen Teil von Little Haiti, in einer Straße, die allem Anschein nach versuchte, zu einem Teil des angrenzenden Design District zu werden. Die Kunstszene hatte etwa ein Viertel der Schaufenster erobert, und ein weiteres Viertel gehörte den unvermeidlichen Cafés, Bistros und so fort. Die verbleibende Hälfte wurde noch von haitianischen Familienbetrieben gehalten, die ihr Bestes taten, um sich der Luxussanierung zu widersetzen.
Es war ein Geschäftsviertel, und um diese Tageszeit waren die Gehwege leer und die Läden nur noch von der Sicherheitsbeleuchtung erhellt. Sogar die Cafés hatten längst geschlossen. Wir teilten uns die Straße mit einem einzelnen Sportwagen, der sie offensichtlich als Abkürzung nutzte.
»Ein Block weiter«, meldete Griffin. »Wollen Sie, dass ich mal dran vorbeifahre?«
»In diesem Monster?«, murmelte Paige. »Wir könnten genauso gut ein Blaulicht auf dem Dach haben.«
»Das Fahrzeug ist zu auffällig«, sagte ich. »Für Carlos oder jeden anderen Angehörigen der Kabale. Finden Sie lieber einen Parkplatz … wobei wir auf einem leeren Parkplatz vielleicht genauso auffallen.«
»Passt das Ding in eine Lieferanteneinfahrt oder so was?«, fragte Paige.
»Ich versuch’s.«
Griffin fuhr noch einen halben Häuserblock weiter und schob sich in eine so enge Durchfahrt, dass Paige auf meine Seite hinüberrutschen musste, um auszusteigen. Ich schloss die Autotür so leise wie möglich, aber das Klicken kam mir trotzdem so laut vor wie ein Schuss.
Wenn es etwas Auffälligeres gab, als in einem wuchtigen Geländewagen durch die leeren Straßen zu fahren, dann war dies wahrscheinlich der Versuch, sie mit einem
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