Nacht der Dämonin / Magischer Thriller
überprüfen.
»Man hat auch unseren Vater überfallen«, sagte ich.
»Ist er tot?«
Ich hörte keine Hoffnung in seiner Stimme, aber auch keine Besorgnis. Ich ließ eine Pause verstreichen, gab ihm Zeit zu überlegen, zu reagieren, aber sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht.
»Ihm geht es gut.«
»Ah.«
»Griffin begleitet dich ins Hauptquartier.«
Carlos hob die gefesselten Hände. »Nicht so.«
»Wenn du freiwillig mitgehst …«
»Das war keine Bitte, Lucas.«
Mein Handy vibrierte. Es war das Einsatzteam; die Leute hatten die Gegend bereits gesichert und brauchten nur noch meine Erlaubnis, das Gebäude zu betreten. Ich gab sie ihnen und schaltete ab.
»Lucas?« Paige nickte zu der jungen Frau auf dem Bett hinüber, und mir ging mit einem heftigen Stich des Bedauerns auf, dass ich sie vollkommen vergessen hatte.
»Nehmen Sie ihm die Fesseln ab, bitte«, sagte ich zu Griffin.
»Du hast dir da wirklich Zeit gelassen, was? Siehst du mich gern in Handfesseln?«
Ich war versucht zu antworten, dass ich nicht derjenige war, der andere Leute gern gefesselt und wehrlos sah. »Nein, Carlos, es wird dich vielleicht überraschen, aber ich habe anderes zu bedenken. Unser Vater hat mich beauftragt, dafür zu sorgen, dass du in Schutzhaft genommen wirst. Wenn das nur möglich ist, indem ich dich an Händen und Füßen gefesselt abliefere, dann sei’s drum. Aber bevor du gehst, sollte ich dich fragen, was hier passiert ist.«
»So, meinst du?«
Unsere Blicke hielten einander fest.
»Mich haben die auch kriegen wollen«, sagte er schließlich.
»Wer?«
»Na, wer wohl. Offensichtlich die Leute, die William und Hector umgebracht haben.«
»Meinst du?«, murmelte Paige so leise, dass nur ich es hören konnte.
»Und die junge Frau. Ist das dein Werk?«
Ich wartete auf die empörte Reaktion, aber Carlos warf mir nur einen letzten undeutbaren Blick zu und wandte sich dann an Griffin.
»Nach Hause, Jeeves.«
»Haben sie sie ermordet, als sie nach dir gesucht haben?«, fragte ich.
»Ich hab Ihnen einen Befehl gegeben, Sorenson. Bringen Sie mich zu meinem Vater!«
»Hast du gesehen oder gehört, was hier passiert ist?«
Er drehte sich zu mir um. »Du bist doch der Ermittler, kleiner Bruder. Ermittle!«
Carlos’ Überraschung angesichts der Nachricht von Hectors und Williams Tod war mir echt vorgekommen, aber er war verstummt, als ich angedeutet hatte, dass er zumindest eine geringe Rolle bei den Ereignissen dieser Nacht gespielt haben könnte. Meiner Erfahrung nach erklären sich Unschuldige entweder für unschuldig, oder sie sind angesichts der Frage zu schockiert, um eine sachdienliche Antwort zu geben. Carlos hatte sich für das Kabalenäquivalent des »nicht ohne meinen Anwalt« entschieden: Bringen Sie mich zu meinem Vater!
Ich verbrachte die nächste halbe Stunde damit, die Schauplätze in Augenschein zu nehmen – den Durchgang, das Schlafzimmer sowie den Standort des Schützen auf dem Dach des Nachbargebäudes – und die Tatortspezialisten bei der Arbeit zu beaufsichtigen. Sie brauchten kaum Auskünfte von mir, aber sie duldeten meine Gegenwart – sie wussten immerhin, dass ich keine Spuren ruinieren würde.
Ich konzentrierte mich auf den jungen Mann. Ihn und seine Rolle bei alldem zu identifizieren würde mir helfen, die Vorgänge hier zu rekonstruieren.
Er hatte keine Papiere bei sich. Er trug eine Cargoweste und ebensolche Hosen, beides mit vielen Taschen versehen. Als wir sie leerten, hatten wir zwei Handys, zwei Funkgeräte, einen Palmtop und zwei Apparate, die wir nicht gleich identifizieren konnten. Das Zweittelefon und das zweite Funkgerät schienen Ersatzgeräte zu sein.
Paige nahm sich den Palmtop vor. »Das hier war Heimarbeit. GPS vielleicht, wahrscheinlich noch mehr. Er ist passwortgeschützt, und irgendwas sagt mir, wenn er das bauen konnte, dann konnte er es auch schützen. Wenn ich jetzt versuche, das Passwort zu knacken …«
»Könntest du ein Programm auslösen, das die Daten löscht.«
»Wenn ich die Ressourcen bei euch im Hauptquartier nutzen könnte, würde ich mehr erreichen.«
Sie sah sich ein Handy an, während ich das andere untersuchte. Alle ein- und ausgegangenen Anrufe waren gelöscht worden. Beide Geräte enthielten eine identische Liste von acht Kontakten, die nur durch ihre Initialen gekennzeichnet waren.
» GB «, sagte Paige. »Der Anführer der Gang heißt Guy Benoit, richtig?«
Ich nickte.
» JD , SR , BS … Die beiden vermissten
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