Nacht der Dämonin / Magischer Thriller
»Versuche ein bisschen zu schlafen.«
Ich wollte ihn eigentlich bitten, mich zu begleiten mit der Begründung, dass diese Wohngegend mir nicht geheuer war, aber er kam mir zuvor. »Ich sollte wohl auch gehen. Das hier bringt nichts. Es ist einfach …« Er ließ die Schultern kreisen. »Damit ich das Gefühl habe, irgendwas Nützliches zu tun, nehme ich an.«
Ich nickte. »Geht mir genauso. Wahrscheinlich ist es besser, wenn wir uns ausruhen und den Kopf klar kriegen.«
Wir gingen nach unten. Ich hatte vor, mir ein Taxi zu besorgen, einmal um den Block zu fahren und zurückzukommen, um Karl abzuholen.
Aber überraschenderweise wollte Guy reden. Er war angespannt und besorgt und reagierte auf den Stress wie viele andere Leute auch – mit Gesprächigkeit. Er erzählte mir, was die anderen unternahmen, um Jaz und Sonny zu finden, und nannte mir ein paar ihrer Theorien. Dann erwähnte er noch einige weitere Details des Überfalls durch die Kabalenschläger. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte ich seine mitteilsame Stimmung nach besten Kräften ausgenutzt, aber im Augenblick konnte ich an nichts anderes denken als an Mittel und Wege, ihn loszuwerden, bevor Karl auf der Suche nach mir zur Haustür herausgeschossen kam. Als Guy schließlich lang genug schwieg, dass ich sagen konnte: »Ah, da ist ein Taxi«, streckte er die Hand aus, bevor ich dem Fahrer zuwinken konnte.
»Ich kann dich fahren.«
»Oh? Äh, klar. Wo stehst du?«
»Ein paar Schritte weiter hier an der Straße.«
Er schob eine Hand unter meinen Ellbogen und eskortierte mich den dunklen Gehweg entlang. »Ich würde gern erst beim Club vorbeifahren, mein Zeug abholen.«
»Natürlich.«
»Wahrscheinlich könnten wir außerdem was zu trinken brauchen.« Ein Lächeln in meine Richtung. »Das Haus lädt ein.«
Mist. Mit anderen Worten, er wollte weiterreden. Ich wusste, ich hätte die Gelegenheit nutzen sollen, aber das Hirn schwamm mir vor Besorgnis wegen Jaz – und inzwischen auch wegen Karl. Würde er wissen, wohin wir gegangen waren, würde er daran denken, auf dem Balkon und darunter nach Fährten zu wittern?
Und wie sollte ich jetzt Guys Einladung abwimmeln, ohne dass es sich anhörte, als erteilte ich ihm eine Abfuhr?
»Miss?«
Ich drehte mich um und sah Karl näher kommen. Er trug einen schlecht sitzenden Blazer, dessen Nähte an den Schultern spannten – ein für einen dünneren Mann bestimmtes Jackett, wahrscheinlich aus Sonnys Kleiderschrank. Er neigte kurz und respektvoll den Kopf.
»Sie wollten, dass ich mit dem Taxi warte, Miss?«
Er sprach jetzt mit Akzent, einem schleppenden Südstaatenton – einer Nachahmung von Clayton, soweit ich es beurteilen konnte.
»Äh, nein«, antwortete ich. »Das hatte ich nicht gesagt, aber wenn Sie auf mich gewartet haben, dann sollte ich …«
»Moment.« Guy nahm zwei Zwanzigdollarscheine aus der Tasche. »Hier, gehen Sie.«
Karl musterte ihn mit einem durchdringenden Blick, woraufhin er wieder mich ansah. »Belästigt der Mann Sie, Miss?«
»Yeah«, sagte Guy scharf. »Ich bin Schwarzer, das hier ist eine üble Gegend, natürlich belästige ich sie. Jetzt verschwinden Sie, Sie Arschloch, sonst …«
»Hab mich bloß erkundigt, mein Junge. Gar nicht nötig, dass Sie sich deswegen aufregen.«
Guy machte einen Schritt auf Karl zu. »Und Ihr Junge bin ich auch nicht …«
Ich machte einen Satz zwischen die beiden, was genau das war, worauf Karl es abgesehen hatte: Guy zu provozieren und mir einen Anlass für einen nervösen Auftritt zu liefern.
Ich wandte mich an Guy. »Bitte nicht. Nicht heute Abend. Ich … ich sollte einfach gehen, okay? Wir sehen uns morgen.«
Guy protestierte, aber ich stellte klar, dass ich keinen Ärger wollte, und er blieb stehen und verfolgte, wie Karl mich zu dem Lexus begleitete.
»Sieht so aus, als hätte da jemand auf Gesellschaft für den Abend gehofft«, bemerkte Karl. »Wechselseitiger Trost in der Krise vielleicht?«
»Glaub mir, Guy ist am anderen Geschlecht nicht interessiert.«
Karl setzte rückwärts aus seiner Parklücke. »Oh, ich bin mir ziemlich sicher, dass du dich da irrst.«
»Du hast einen sechsten Sinn für solche Sachen, ja?«
»Nein, aber ich habe ein sehr ausgeprägtes Gespür für Anzeichen von sexuellem Interesse. Es wäre schwierig, eine Frau an einen ruhigen Ort zu locken und um ihren Schmuck zu erleichtern, wenn ich dieses Gespür nicht hätte.«
»Auf die Gefahr hin, mich sexistisch anzuhören – könnte es sein, dass dein
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