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Nacht der Füchse

Titel: Nacht der Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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anderen Gesindehaus. Sie war Witwe, eine gutmütige Frau von fünfundsechzig Jahren und Helen sehr zugetan.
    Sie trocknete sich die Hände ab und ergriff einen Mantel, der hinter der Tür hing. »Wenn das alles ist, gehe ich jetzt, Mrs. de Ville.«
    »Bis morgen«, antwortete Helen.
    Als sich die Tür hinter ihr schloss, sagte Gallagher: »Sie weiß doch nichts, oder?«
    »Nein, und so soll es auch bleiben. Für sie und alle anderen ist es besser so.«
    »Eben hat Savary angerufen. Man ist nach London durchge­ kommen. Bis Donnerstag soll jemand hier sein.«
    Sie fuhr herum. »Bist du sicher?«
    »So sicher wie nur möglich. Wie geht es unserem Colonel?«
    »Er fiebert noch. George hat ihn heute Nachmittag besucht. Er scheint ganz zufrieden zu sein. Er probiert es mit diesem neumodischen Penicillin.«
    »Eigentlich überraschend, dass Savary so schnell zurück war. Sie müssen die Überfahrt heute Nachmittag gewagt ha­ ben.«
    »O ja«, sagte sie. »Wieder im Schutz des Nebels. Im Lauf der letzten Stunde sind die meisten meiner Offiziere hier auf­ gekreuzt.«
    »Die meisten?«
    »Zwei Gefallene. Bohlen und Wendel. Zwei Schiffe wurden von Hurricanes angegriffen.«
    In diesem Augenblick öffnete sich die grün bespannte Tür, die zum Esszimmer führte. Guido Orsini trat ein. Er trug seine Ausgehuniform. Sein Haar war noch feucht, und er machte einen sehr adretten Eindruck. Er trug die italienische Tapfer­ keitsauszeichnung in Gold, ein Orden, der dem britischen Vic­ toria Cross entsprach und nur sehr selten vergeben wurde. Auf der linken Brust hatte er außerdem das Eiserne Kreuz Erster Klasse befestigt.
    Gallagher fragte auf Englisch: »Noch alles dran an Ihnen? Wie man hört, ging es rau zu.«
    »Hätte schlimmer sein können«, erwiderte Guido. »Jetzt sit­ zen sie alle da drinnen und führen ihr Trauerspiel auf.« Er stell­ te eine Tüte auf den Tisch. »Ein Dutzend Flaschen Sancerre aus Granville.«
    »Sie sind ein lieber Junge«, sagte Helen.
    »Und ob. Finden Sie nicht auch, dass ich heute Abend recht hübsch aussehe?«
    »Durchaus möglich.« Wie immer scherzte er mit ihr. »Jetzt machen Sie bitte Platz, ich muss auftragen.«
    Guido öffnete die Durchreiche zum Esszimmer und flüsterte Gallagher zu: »Kommen Sie, sehen Sie sich das an!«
    Der Saal war mit dunkler Eiche verkleidet, die eine gediege­ ne Atmosphäre schuf. Der lange Eichentisch in der Mitte war groß genug für fünfundzwanzig Personen. Im Moment hatten nur acht Platz genommen, Marineoffiziere, die nicht zusam­ mengerückt waren. Wo immer sich zwischen zwei Uniformier­ ten ein freies Gedeck befand, stand eine Kerze am Teller. Insgesamt brannten sechs Kerzen, jede für ein gefallenes Mit­ glied der Messe. Es herrschte Trauerstimmung.
    »Aus allem müssen sie eine Shakespeare-Tragödie machen«, bemerkte Orsini. »Im Grunde schrecklich langweilig. Wenn es mir nicht um Helens Küche ginge, würde ich umziehen. Ich habe da neulich Abend in St. Aubin’s Bay ein erstaunlich gutes Schwarzmarktrestaurant entdeckt. Verblüffend, was man ohne Marken alles bekommen kann!«
    »Das ist nun wirklich interessant«, bemerkte Gallagher. »Er­ zählen Sie mir davon.«

    Während sich Mrs. Moon und ihre beiden Helferinnen mit Sa­ rah beschäftigten, riss der Wortschwall der dicken Frau nicht ab. »Ich war schon überall. Denham, Elstree, Pinewood. Ich bin zuständig für das Make-up von Margaret Lockwood und von Mr. James Mason. Ach, und mit Mr. Coward habe ich auch schon gearbeitet. Der war ein richtiger Gentleman.«
    Als der Trockner fortgeschwenkt wurde, traute Sarah ihren Augen nicht. Das dunkle Haar war goldblond geworden und lag ihr lockig dicht um das Gesicht. Mrs. Moon begann sofort mit dem Make-up, indem sie Augenbrauen auszupfte, bis nur noch zwei dünne Streifen übrig waren.
    »Viel Rouge müssen Sie nehmen, meine Liebe. Ein bisschen zu viel, wenn Sie verstehen, was ich meine, und auch viel Lip­ penstift. Alles ein wenig übertrieben, darauf wollen wir hinaus. Also, wie finden Sie sich?«
    Sarah starrte in den Spiegel. Das Gesicht einer Fremden schaute sie an. Wer bin ich? dachte sie. Hatte es Sarah Drayton überhaupt je gegeben?
    »Nun probieren wir mal eins von diesen Kleidern an. Die Unterwäsche und jedes andere Stück muss natürlich aus Frank­ reich sein, im Augenblick brauchen wir aber nur das Kleid, um die Wirkung abzuschätzen.«
    Das schwarze Seidenkleid saß sehr eng und war ziemlich kurz. Mrs. Moon half Sarah beim Anziehen und

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