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Nacht der Füchse

Titel: Nacht der Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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ernst«, sagte er.
    Obwohl im Gastraum der Bar ein lebhaftes Treiben herrsch­
    te, fanden sie in einer Ecke am Kamin zwei Stühle, und er be­ stellte ihr einen Shandy und nahm selbst einen Scotch. »Nun also, was halten Sie bisher davon?«, fragte er.
    »Schon ein bisschen interessanter als die Stationen im Cromwell-Hospital.«
    »Unter normalen Umständen würde man Sie etwa sechs Wo­ chen lang ausbilden«, berichtete er. »Im schottischen Hochland würde man Ihnen Kondition antrainieren. Ihnen Lektionen in waffenloser Verteidigung erteilen und so weiter. Zwölf Metho­ den, einen Gegner mit bloßen Händen zu töten.«
    »Das klingt ja sehr gruselig.«
    »Ist aber wirkungsvoll. Ich erinnere mich an einen unserer Agenten, im Zivilleben Journalist, der nicht mehr ins Gasthaus ging, wenn er zu Hause war. Er hatte Angst, sich im Streit zu vergessen und Schlimmes anzurichten.«
    »Können Sie solche Dinge auch?«, fragte Sarah.
    »Jeder kann das lernen. Bei diesem Spiel zählt allein das Köpfchen.«
    An der Bar standen drei Männer in Khaki-Uniform, ein älte­ rer Sergeant und zwei einfache Soldaten. Abgebrühte Männer, die die Köpfe zusammensteckten, zu Martineau hinüberblick­ ten und immer wieder zu lachen begannen. Als er zur Bar ging und sich mit frisch gefüllten Gläsern wieder abwandte, rempel­ te ihn ein Uniformierter absichtlich an und verspritzte dabei ein wenig Bier.
    »Seien Sie doch vorsichtig, Kumpel!«, sagte der junge Sol­ dat.
    »Wenn Sie meinen.« Martineau lächelte fröhlich, und der Sergeant legte dem jungen Mann eine Hand auf den Arm und murmelte etwas.
    Als er sich setzte, sagte Sarah: »Jack Carter hat mir erzählt, dass Sie Freud noch kennen gelernt haben.«
    »Ja, ich sah ihn zuletzt 1939 kurz vor seinem Tod.«
    »Stehen Sie positiv zur Psychoanalyse?«
    »Dass alles irgendwie auf Sex zurückzuführen ist? Der alte Freud hatte in dieser Richtung Gott weiß genügend eigene Pro­ bleme. Einmal unternahm er in den Staaten eine Vortragsreise mit Jung und erzählte diesem eines Tages, dass er immer wie­ der von Prostituierten träume. Jung fragte nur, warum er des­ wegen nichts unternehme. Freud war schockiert. ›Aber ich bin doch verheiratet!‹, sagte er.«
    Sie musste lachen. »Das ist großartig!«
    »Wo wir gerade von großen Männern sprechen, ich hatte auch mit Bertrand Russell zu tun, der den Damen wirklich sehr zugetan war – eine Einstellung, die er mit der festen persönli­ chen Überzeugung rechtfertigte, dass man eine Frau erst richtig kennen kann, wenn man mit ihr geschlafen hat.«
    »Das klingt mir nicht sehr philosophisch gedacht«, meinte Sarah.
    »Im Gegenteil.«
    Sie stand auf und entschuldigte sich. »Ich bin gleich zu­ rück.«
    Die drei Soldaten schauten hinter ihr her, warfen einen Blick auf Martineau und lachten laut. Als Sarah von der Toilette zu­ rückkam, griff der junge Soldat zu, der schon Martineau ange­ rempelt hatte, und hielt sie am Arm fest. Sie versuchte, sich zu befreien, aber schon war Martineau aufgesprungen und zwäng­ te sich zwischen anderen Gästen hindurch.
    »Das reicht ja wohl.«
    »Wer sind Sie – ihr Vater?«, wollte der junge Mann wissen.
    Martineau packte sein Handgelenk und übte Druck aus, wie er es vor langer Zeit im Tötungskursus im schottischen Arisaig gelernt hatte. Der Junge verzog das Gesicht vor Schmerzen. »Lassen Sie los«, sagte der Sergeant. »Er wollte nichts Böses,
    War doch nur ein Spaß.«
    »Ja, das sehe ich.«
    Er führte Sarah zum Tisch zurück, und sie sagte: »Sie waren aber schnell zur Stelle.«
    »Wenn ich fühle, handle ich. Ich bin ein sehr existentialisti­ scher Mensch.«
    »Existentialistisch?« Sie runzelte die Stirn. »Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«
    »Ach, das ist eine neue Art, das Leben zu sehen – ein Freund von mir hat sich gründlich damit beschäftigt. Ein französischer Autor namens Jean-Paul Sartre. Als ich vor drei Jahren in Paris untertauchen musste, versteckte ich mich zwei Wochen lang in seiner Wohnung. Er unterstützt die Resistance.«
    »Aber was bedeutet das Wort?«
    »Ach, viel. Mir gefällt vor allem die Forderung, sich seine Werte durch Handeln zu schaffen und jeden Augenblick des Lebens voll auszukosten.«
    »Und damit haben Sie die letzten vier Jahre überstehen kön­ nen?«
    »So in etwa. Sartre hat es für mich nur in Worte umgesetzt.« Martineau half ihr in den Mantel. »Gehen wir.«
    Draußen war es dunkel, und vom Jahrmarkt schallten Musik und Gelächter

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