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Nacht der Füchse

Titel: Nacht der Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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zurück. »Sie haben schon mit Kleist und Greiser gesprochen?«
    »Über das Missverständnis bei den de Villes. Ja, die beiden haben mir erklärt…«
    »Missverständnis?«, fragte Martineau abweisend. »Bitte las­ sen Sie die beiden kommen, Herr Hauptmann, und zwar au­ genblicklich. Ich habe nicht viel Zeit.«
    Er wandte sich ab und schaute mit auf dem Rücken ver­ schränkten Händen aus dem Fenster, während Müller das Sprechgerät bediente und Kleist und Greiser zu sich bestellte. Kurze Zeit später traten die beiden ein. Martineau drehte sich nicht vom Fenster weg, sondern schaute weiter über die Straße auf die Kaimauer, auf der Sarah wartete.
    Leise sagte er: »Inspektor Kleist, wie ich erfahren musste, führen Sie die Ereignisse auf dem Anwesen der de Villes von heute früh auf ein Missverständnis zurück?«
    »Äh… ja, Standartenführer.«
    »Das ist gelogen!«, sagte Martineau leise und drohend. »Von Ihnen beiden!« Er wandte sich um. »Ich ging mit Mademoisel­ le Latour im Wald spazieren, da hörten wir plötzlich ein Mäd­ chen schreien. Ein Kind, Herr Hauptmann, noch keine sechzehn, wurde von diesem Unhold zu einer Scheune ge­ schleppt, während der andere lachend dabeistand. Ich wollte mich schon einmischen, als General Gallagher am Ort des Ge­ schehens eintraf und dem Kerl da die verdiente Tracht Prügel verabreichte.«
    »Verstehe«, sagte Müller.
    »Und um noch Schlimmeres zu verhüten, musste ich schließ­
    lich meine Waffe ziehen und einen Warnschuss abgeben, damit dieser Idiot Gallagher nicht von hinten niederstreckte. Gott im Himmel, was haben Sie eigentlich im Kopf, Greiser?« Er sprach langsam, als hätte er ein Kind vor sich. »Der Mann ist Ire, also ein Neutraler, und es gehört zur Politik des Führers, mit Irland gute Beziehungen zu unterhalten. Außerdem ist er in seiner Heimat ein berühmter Mann. Ein Held der dortigen Re­ volution. Ein General. Solche Leute erschießen wir nicht von hinten. Begriffen?«
    »Jawohl, Standartenführer.«
    Martineau wandte sich Kleist zu. »Und da die offizielle Poli­
    tik des Führers gegenüber den Bürgern von Jersey auf Versöh­ nung ausgerichtet ist, versuchen wir auch nicht, sechzehnjährige Mädchen zu vergewaltigen!« Er richtete den Blick auf Müller. »Das Verhalten dieser beiden Männer geht gegen alles, wofür das Reich mit seiner Ehre einsteht.«
    Er genoss die Szene, umso mehr, als Kleist seinen Zorn nicht
    mehr bezähmen konnte. »Ich bin kein Kind, dem man eine Standpauke halten muss!«
    »Kleist!«, sagte Martineau. »Als Mitglied der Gestapo haben Sie einen Eid auf den Führer abgelegt. Einen heiligen Eid. Wenn ich mich richtig erinnere, kommt darin der folgende Satz vor: ›Ich schwöre Ihnen und den von Ihnen ernannten Vorge­ setzten Gehorsam bis in den Tod.‹ Habe ich Recht?«
    »Ja«, antwortete Kleist.
    »Dann denken Sie von nun an daran, dass Sie hier sind, um
    Befehle auszuführen. Wenn ich Ihnen eine Frage stelle, antworten Sie: › >Jawohl, Standartenführer!‹ We nn ich Ihnen einen Befehl gebe, höre ich: › Zu Befehl, Standartenführer!‹ Haben Sie das begriffen?«
    Es trat eine Pause ein, ehe Kleist leise antwortete: »Jawohl, Standartenführer.«
    Martineau drehte sich zu Müller um. »Und Sie fragen sich noch, warum es Reichsführer Himmler für richtig hielt, mich hierherzuschicken?«
    Mit diesen Worten verließ er das Büro, durchquerte das Fo­ yer und ging über die Straße auf den Kübelwagen zu. Sarah saß auf der Kühlerhaube. »Wie ist es gelaufen?«, fragte sie.
    »Ach, man kann wohl sagen, dass ich den Kerlen einen ge­ hörigen Schrecken eingejagt habe. Ich bin zufrieden.« Er hielt ihr die Tür auf. »Jetzt kannst du mir mal deine Insel zeigen.«

    Müller begann zu lachen. »Ich wünschte, Sie beide könnten sich mal hier stehen sehen, Willi.«
    »Ich schwöre zu Gott, den Kerl werde ich…«
    »Sie tun gar nichts, Willi, wie wir anderen auch. Sie führen die Befehle aus, die man Ihnen gibt.« Er trat an einen Schrank, öffnete ihn und nahm ein Glas und eine Flasche Cognac her­ aus. »Ich muss zugeben, er redet wie der Führer, wenn er schlecht geschlafen hat. Der ganze Unsinn über die Reinheit deutscher Gesinnung, die dummen Redensarten.«
    »Möchten Sie immer noch, dass ich mit meinem Bruder tele­ foniere, Herr Hauptmann?«, fragte Greiser. »Ich habe für heute Abend um zehn Uhr eine Voranmeldung für Stuttgart.«
    »Warum nicht?« Müller schenkte sich großzügig Cognac ein und

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