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Nacht der Füchse

Titel: Nacht der Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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erscheint! Los, verschwindet mir aus den Augen!«
    Er drehte sich zum Fenster um und knallte die offene Hand gegen die Wand.

    Martineau ließ sich von Sarah den Weg zeigen und fuhr am Gefängnis vorbei in die Gloucester Street. »Denk daran«, sagte er, »wenn wir in der Stadt zusammen unterwegs sind, musst du unbedingt Französisch sprechen. Man weiß nie, ob man nicht ungebetene Zuhörer hat, verstanden?«
    »Natürlich.«
    Plötzlich war Musik zu hören, und als sie auf die Parade ein­ bogen, entdeckten sie auf dem Rasen zwischen dem Denkmal General Dons, eines früheren Gouverneurs der Insel, und dem Ehrengrabmal eine deutsche Militärkapelle. Eine ziemlich gro­ ße Menge, Zivilisten und Soldaten, hatte sich eingefunden und lauschte.
    »Beinahe wie Workers’ Playtime im BBC zu Hause«, sagte Martineau. »Die Leute sollen die Besetzung nicht als so schlimm empfinden.«
    »Du kannst hier halten«, sagte sie. »Das Rathaus ist gleich da hinten.«
    Martineau lenkte den Wagen an den Bordstein und stieg mit Sarah aus. Das Militärfahrzeug erweckte Aufmerksamkeit, und mehrere Leute drehten sich um. Viele reagierten gleichgültig, andere aber, vorwiegend ältere Frauen, verhehlten beim An­ blick Sarahs ihren Ärger nicht.
    Jemand murmelte: »Deutschdirne!« Es war ein hässliches Wort, Ausdruck der Verachtung gegenüber einem Mädchen, das sich mit dem Feind eingelassen hatte. Martineau kehrte sofort den Standartenführer heraus und stellte die grauhaarige Frau, die das Wort ausgesprochen hatte, zur Rede.
    »Sie haben etwas gesagt, Madam?«, fragte er auf englisch.
    Sichtlich fuhr ihr der Schrecken in die Glieder. »Nein – ich nicht. Sie irren sich.« In panischem Entsetzen machte sie kehrt und stolperte fort.
    Sie kamen am Rathaus vorbei, an dessen Eingang eine Nazi­ flagge wehte und ein bewaffneter Posten der Luftwaffe stand, überquerten die York Street und erreichten Charing Cross. Manche Schaufenster waren noch zugeklebt, damit es keine Splitter gab, wahrscheinlich seit dem ersten Kriegsjahr. Die Luftwaffe hatte 1940 einen Angriff auf St. Helier geflogen, etwas, das der RAF offensichtlich niemals einfallen würde, weshalb viele Ladenbesitzer die Klebebänder wieder entfernt hatten.
    An einem Eingang zwischen zwei Läden blieben sie stehen. Das Schild zeigte an, dass die Friseuse im Obergeschoss arbei­ tete. »Ich erinnere mich an den Laden«, sagte Sarah.
    »Könnte man dich wieder erkennen?«
    »Ich glaube nicht. Ich war zum letzten Mal mit zehn Jahren hier.«
    Sie stieg die Treppe hinauf und stieß eine Milchglastür auf. Martineau folgte ihr. Es war ein kleiner Salon mit zwei Waschbecken und Trocknern. Die Frau, die in der Ecke eine Zeitung las, war etwa vierzig, Jahre alt und hatte ein rundes, freundliches Gesicht. Lächelnd blickte sie auf – doch plötzlich war das Lächeln wie fortgewischt.
    »Ja?«, fragte sie.
    »Ich muss mich dringend frisieren lassen«, sagte Sarah auf Französisch.
    »Ich spreche kein Französisch«, antwortete die Frau.
    Martineau sagte auf Englisch: »Die junge Dame war gestern Nacht an Bord der Victor Hugo. Bestimmt wissen Sie, was diesem Schiff auf der Überfahrt von Granville zugestoßen ist, und können sich vorstellen, dass Mademoiselle einige Zeit im Wasser war. Da sie kein Englisch kann, muss ich für sie spre­ chen. Wie Sie sehen, braucht ihr Haar gründliche Pflege.«
    »Ich kann Ihnen nicht helfen. Ich habe keine Termine frei.«
    Martineau blickte sich im leeren Salon um. »Das sehe ich. Bitte Ihren Ausweis.«
    »Warum? Ich habe nichts getan.«
    »Möchten sie das Gespräch lieber im Hotel Silvertide fort­
    setzen?«
    Plötzlich stand Angst in ihrem Blick. Sarah hatte sich noch nie so mies gefühlt, während sie verfolgte, wie die arme Frau ihre Handtasche holte und den Ausweis hervorkramte, der auf den Namen Emily Johnson ausgestellt war. Martineau prüfte das Dokument und gab es zurück.
    »Ich heiße Vogel – Standartenführer Vogel. Ich habe im Rathaus eine Verabredung mit Oberst Heine, dem Komman­ danten. Das wird eine Stunde dauern, vielleicht ein bisschen länger. In dieser Zeit werden Sie Ihr Möglichstes für das Haar dieser jungen Dame tun. Wenn ich zurückkehre, wird es be­ stimmt prächtig aussehen.« Er öffnete die Tür. »Wenn nicht, mache ich Ihnen über Nacht den Laden zu.«
    Die beiden Frauen lauschten den leiser werdenden Schritten auf der Treppe nach. Von einem Haken hinter der Tür nahm Mrs. Johnson einen Umhang und wandte sich mit

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