Nacht der Füchse
sagte ungeduldig: »Um Himmels willen, fahren Sie end lich ins Krankenhaus und lassen nach Ihrer Nase schauen, Wil li! Los, los, ich will Sie beide nicht mehr sehen.«
Rommel hielt sich in der Nähe von Bayeux in einer entlegenen Villa auf dem Lande auf. Sie diente dem befehlshabenden Ge neral jener Gegend als Wochenendzuflucht, und dieser war hocherfreut gewesen, dem Generalfeldmarschall das Haus an zubieten, als der den Wunsch nach einem ruhigen Wochenende äußerte. Die Bernards, die sich um das Haus kümmerten, waren ungemein diskret. Die Frau kochte sehr gut, der Mann arbeitete als Butler.
In seiner eigenen Fallschirmjägeruniform erreichte Baum das Haus an diesem Nachmittag noch vor dem Generalfeldmar schall. Über dem Auge trug er eine Augenbinde, die auf Rom mels Anregung zurückging. Er selbst fand, dass er dem Gene ralfeldmarschall erst ähnlich sah, wenn er die Uniform anzog, sein Gesicht mit kleinen Gummistücken im Mund eckiger er scheinen ließ und gekonnt ein wenig Make-up auftrug. Die eigentliche Veränderung fand in seinem Innern statt – er dachte wie Rommel, er wurde Rommel. Das war das Talent, das er als Darsteller mitbrachte.
Rommel und Hofer erreichten das Haus am späten Nachmit tag in ihrem Mercedes, gefahren von einem Pionier-Feldwebel namens Dreschler, einem Veteranen aus dem Afrikakorps, von Hofer gezielt ausgesucht. Madame Bernard setzte dem Gene ralfeldmarschall im Wohnzimmer ein spätes Mittagessen vor. Hinterher ließ Hofer Baum rufen.
»Also schön, gehen wir alles noch einmal durch«, sagte Rommel.
»Nach den mir vorliegenden Informationen setzen die Leute von Jersey gegen zwei Uhr früh nach Guernsey über. Berger und ich brechen um neun Uhr früh mit dem Kübelwagen von hier auf. Etwa ein Kilometer von hier steht ein leeres Haus, das noch zum Anwesen gehört. Dort kann er sich umziehen.«
»Und dann?«
»Dann fahren wir zu einem Reserveflugplatz der Luftwaffe nur zehn Kilometer von hier. Dort wartet ein Pilot, Oberleut nant Sorsa, mit einem Fieseler-Storch – der Mann steht unter Ihrem persönlichen Kommando.«
»Sorsa? Ist das nicht ein finnischer Name?«, wollte Rommel wissen.
»Stimmt.«
»Was sucht der Mann bei der Luftwaffe? Warum schießt er nicht an der Ostfront für seine eigenen Leute Russen ab?«
»Sorsa ist ein toller Bursche, ein richtiges Flieger-Ass. Einer der besten Nachtjägerpiloten, die wir haben. Zurzeit leistet er Hervorragendes, wenn er über dem Reich eingesetzt wird und Lancaster-Bomber abschießt. Für unser Unternehmen eignet er sich wie kein anderer. Er passt nicht in die übliche Komman dostruktur der Luftwaffe. Außenseiter.«
»Die Finnen lieben uns nicht gerade«, stellte Rommel fest. »Ich habe ihnen nie getraut.« Er zündete sich eine Zigarette an. »Aber machen Sie weiter.«
»Sorsa erfährt das Flugziel erst, wenn wir zur Maschine kommen. Schätzungsweise gegen elf Uhr werden wir auf Jer sey landen. Ich habe dem Hauptquartier der Heeresgruppe B Befehl gegeben, Berlin zur Mittagsstunde zu verständigen, dass Sie nach Jersey geflogen sind. Dass wir nicht früher Bescheid gegeben haben, erklären wir mit der Notwendigkeit, Ihre Si cherheit während des Fluges zu gewährleisten.«
»Und was geschieht dann?«
»Die Generäle von Stülpnagel und Falkenhausen treffen im Lauf des Tages ein. Sie bleiben über Nacht und reisen Samstag früh wieder ab.«
»Und Sie kehren am Abend zurück?«
»Selbstverständlich. Die Leute hier im Haus, die Bernards, wissen, dass Sie hier sind, haben aber natürlich keine Ahnung, dass Sie sich gleichzeitig auf Jersey aufhalten. Das Gleiche gilt für Feldwebel Dreschler, der Sie sowieso anbetet. Ein alter Wüstenkämpfer. Sollte es später mit ihm Probleme geben, werde ich schon damit fertig.«
Rommel schaute Baum an. »Und Sie, mein Freund, werden Sie auch mit allem fertig?«
»Jawohl, Herr Generalfeldmarschall, davon bin ich ehrlich überzeugt«, antwortete Baum.
»Gut.« Aus einem Eiskübel nahm Rommel die Flasche Dom Pérignon, die Monsieur Bernard zuvor aufgetragen hatte, und öffnete sie. Er füllte drei Gläser und reichte Baum und Hofer je eines. »Also, meine Freunde, auf das Unternehmen Jersey!«
Sarah und Martineau verbrachten einen lehrreichen Nachmit tag. Zunächst fuhren sie nach Gorey, wo Sarah ihm Mont Or gueil zeigen wollte, eines der prächtigsten Schlösser Europas – nur um feststellen zu müssen, dass sich dort die Deutschen mit einer
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