Nacht der Füchse
freundlichem Lächeln um. »Also gut, du miese französische Nutte, dann wol len wir dich mal hübsch machen für diesen Schlächter«, sagte sie auf Englisch. Ihr Lächeln wurde noch breiter: »Und ich kann nur hoffen, dass du kriegst, was du verdienst.«
Am liebsten hätte ihr Sarah Beifall geklatscht, aber sie be herrschte sich und sagte auf Französisch: »Ah, der Mantel.«
Sie zog den Mantel aus, überreichte ihn der Frau, legte den Umhang um und ging zum nächsten Stuhl.
Martineau näherte sich dem Rathaus und sah einen Polizisten in der traditionellen britischen Bobby-Uniform auf der Vor treppe mit dem Posten sprechen. Die beiden schwiegen und schauten ihm aufmerksam entgegen.
»Standartenführer Vogel für den Kommandanten.«
Der Posten nahm Haltung an, während sich der PolizeiConstable diskret entfernte. »Der Kommandant ist vor zwanzig Minuten eingetroffen, Standartenführer.«
Martineau betrat die Vorhalle und näherte sich dem Feldwe bel, der unten an der Treppe hinter einem Schreibtisch saß. Der Mann hob den Blick, und Martineau sagte: »Ich heiße Vogel. Ich glaube, Oberst Heine erwartet mich.«
Der Feldwebel sprang auf und griff nach dem Telefon. »Standartenführer Vogel am Empfang, Herr Major.« Er legte den Hörer wieder auf. »Major Necker kommt sofort herunter, Standartenführer.«
»Danke.« Martineau entfernte sich einige Schritte und schau te durch die offene Tür ins Freie. Wenige Sekunden später klapperten Stiefel auf der Treppe. Er drehte sich um. Ein junger Mann, Major der Infanterie, der nicht älter als dreißig aussah, eilte auf ihn zu.
Wie erwartet, wurde Martineau überaus höflich begrüßt. Der Offizier schlug kurz die Hacken zusammen und streckte die Hand aus. »Felix Necker, Standartenführer.«
Der Mann hatte an der Front gedient, dies zeigte die Schrap nellnarbe, die über die Wange bis zum linken Auge führte. Ne ben dem Eisernen Kreuz trug er das Verwundetenabzeichen in Silber, das erkennen ließ, dass er mindestens dreimal verwun det worden war, das Infanterie-Sturmabzeichen und eine Nah kampfspange in Gold. Die Vertrautheit mit solchen Einzelheiten half Martineau oft genug, am Leben zu bleiben, denn sie verrieten viel über den Mann. In Major Necker hatte er einen Kriegshelden vor sich.
»Es freut mich, Sie kennen zu lernen, Herr Major«, sagte er. »Sie sind schon lange auf Jersey?«
»Erst zwei Monate«, antwortete Necker. »Ich bin nicht regu lär bei der 319. Division, sondern nur ausgeliehen.«
Die beiden Männer liefen die Treppe hinauf, der Major klopfte an und öffnete eine Tür, trat zur Seite und ließ Marti neau an sich vorbei in einen recht angenehmen Raum treten, offensichtlich das ehemalige Büro eines Stadtbeamten. Der Offizier, der um seinen Schreibtisch herumkam, gehörte einem Typ an, den Martineau gut kannte. Ein wenig förmlich im Um gang, entstammte dieser der altmodischen Schule regulärer Heeresoffiziere und war entschieden kein Nazi. Ein Offizier und Ehrenmann.
»Standartenführer. Es freut mich, Sie kennen zu lernen.« Der Händedruck war fest und durchaus freundlich, der Blick aber zeigte Zurückhaltung. Heines Höflichkeit war nur äußerlich.
»Oberst Heine.« Martineau öffnete seinen Mantel und legte den SD-Ausweis vor.
Heine betrachtete ihn und gab ihn zurück. »Bitte nehmen Sie Platz. Wie können wir Ihnen behilflich ein? Sie haben Felix Necker ja schon kennen gelernt, er wurde uns von Paris nur ausgeliehen und ist vorübergehend mein Stellvertreter. Für ihn ein Urlaub. Er kommt frisch aus dem Krankenhaus. War vorher
an der russischen Front.«
»Ach?«, sagte Martineau. Er zog den Himmler-Brief aus der Tasche und legte ihn auf den Tisch.
Mit ernstem Gesicht studierte Heine den Text und reichte ihn an Necker weiter. »Dürfte ich den Zweck Ihres Besuchs erfah ren?«
»Im Augenblick nicht.« Martineau nahm den Brief, den Ne cker ihm zurückgab. »Im Augenblick genügt mir Ihre Zusiche rung, dass ich Ihre volle Unterstützung erhalte, sollte ich sie benötigen.«
»Das steht außer Frage.« Heine zögerte. »Was die Einquar tierung angeht, so habe ich mir sagen lassen, dass Sie auf dem De-Ville-Anwesen untergebracht sind.«
»Ja, ich habe gleich bei unserer Ankunft mit Hauptmann Müller von der Geheimen Feldpolizei gesprochen. Er war sehr entgegenkommend. Er hat mir bereits ein geeignetes Fahrzeug zur Verfügung gestellt, so dass ich im Augenblick keine weite ren Wünsche habe. Es wäre
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