Nacht der Füchse
batterie. Der Abschnitt vor uns ist frei. Etwa zweihundert Me ter von hier biegt die Straße ab und folgt dem Klippenrand. Sie gilt seit jeher als gefährlich, denn sie ist zum Abgrund hin of fen.«
»Gut«, sagte Martineau. »Wir lassen den Kübelwagen hier.«
Er ergriff einen Kanister Benzin, sprang auf das Trittbrett des Renault und ließ sich von Gallagher über den unebenen Weg schaukeln, der von hohen Hecken gesäumt war. Nach kurzer Fahrt erreichten sie den Klippenrand und fuhren in ein kleines Tal hinab; links führte ein Einschnitt bis in die Bran dungsfelsen hinunter.
»Hier ist’s richtig.« Martineau hämmerte auf das Wagen dach.
Gallagher bremste ab, stieg aus und ging zum Kofferraum. Zusammen mit Martineau hob er Kleist heraus, schleppte ihn nach vom und setzte ihn ans Steuer. Gallagher hatte den Motor laufen lassen. Als er die Tür schloss, kippte der Tote nach vorn.
»Alles klar?«, fragte Gallagher leise.
»Moment noch.« Martineau öffnete den Kanister und schüt tete Benzin auf den Vordersitz und die Kleidung des Mannes. »Okay, lassen Sie ihn fahren.«
Gallagher löste die Handbremse, ließ den Motor weiter im Leerlauf laufen und drehte das Steuer. Er begann zu schieben, und der Renault verließ den Weg und rollte durch das Gras.
»Passen Sie auf!«, rief Martineau, rieb ein Streichholz an und warf es durch das offene Beifahrerfenster.
Im ersten Moment dachte er, die Flamme wäre erloschen, doch als der Renault über die Kante holperte, loderten orange rote und gelbe Flammen empor. Die beiden Männer machten kehrt und liefern den Weg entlang, während hinter ihnen ein dumpfes Dröhnen zu hören war, gefolgt von einer kurzen Ex plosion.
Als sie den Kübelwagen erreichten, sagte Martineau: »Sie verstecken sich hinten, so gut es geht. Vorsichtshalber.« Die Sache war zu glatt gelaufen – als er fünf Minuten später die Corbière Road verließ und in die Route du Sud einbog, entdeckte er zwei Motorräder der Feldpolizei am Straßenrand. Einer der Uniformierten trat mit erhobener Hand vor. Marti neau bremste sofort ab.
»Feldpolizei«, flüsterte er Gallagher zu. »Unten bleiben.«
Er öffnete die Tür und stieg aus. »Gibt’s ein Problem?«
Beim Anblick der Uniform nahmen die beiden Feldgendar men Haltung an. Einer hielt noch eine brennende Zigarette in der Linken. »Ah, ich verstehe – eine Zigarettenpause.«
»Standartenführer, ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll«, antwortete der Mann.
»Ich persönlich finde es immer am besten, wenn man gar nichts sagt.« Er brachte es fertig, die Worte drohend klingen zu lassen. »Also, was wollen Sie?«
»Nichts, Standartenführer. Wir sehen nur selten um diese Zeit ein Fahrzeug in diesem Sektor.«
»Und da haben Sie natürlich Ihre Pflicht getan.« Martineau legte seine Papiere vor. »Mein SD-Ausweis. Los, Leute, beei len Sie sich!«, sagte er mit lauter, barscher Stimme.
Der Feldgendarm warf kaum einen Blick darauf und reichte die Papiere mit zitternden Fingern zurück. »Alles in Ordnung.«
»Gut, dann können Sie sich wieder Ihrem Dienst widmen.« Martineau stieg ein. »Was das Rauchen angeht, da würde ich Ihnen raten, künftig ein bisschen diskreter zu sein.«
Er fuhr ab. »Zum Teufel«, meldete sich Gallagher mit dump fer Stimme, »wie schaffen Sie es nur, als Nazi so überzeugend zu sein?«
»Reine Übung, Sean, man muss es eben drauf haben«, ant wortete Martineau und fuhr los, Richtung De-Ville-Anwesen.
Als Martineau vor Gallaghers Häuschen parkte, erschien sofort Sarah in der Tür. »Alles in Ordnung?«
»Bestens«, erwiderte Gallagher und folgte Martineau ins
Haus. »Wir haben den Wagen bei La Moye über die Klippe stürzen lassen und dafür gesorgt, dass er in Flammen aufging.«
»War das nötig?« Erschaudernd verschränkte Helen die Ar me.
»Er soll doch gefunden werden«, sagte Martineau. »Und wenn die Posten in den Küstenbatterien der Gegend auch nur ein bisschen munter sind, müssen sie die Flammen gesehen haben. Andererseits darf er nicht zu intakt gefunden werden, denn dann müsste man eine Erklärung für die Messerwunde finden.«
»Also keine Probleme?«, fragte Kelso.
»Auf dem Rückweg wurden wir von einer Patrouille der Feldgendarmerie angehalten«, gab Gallagher Auskunft. »Ich war nicht in Sicht, und Harry ließ seinen Nazi auftreten. Kein Problem.«
»Nun braucht Guido also nur noch mit Savary zu sprechen«, stellte Sarah fest.
»Nein«, widersprach Martineau.
Weitere Kostenlose Bücher