Nacht der Füchse
hinten und steckte es an den Seiten mit weißen Kämmen hoch. »Du siehst hübsch aus«, sagte Sarah.
»Du auch.« Sarah trug einen dunklen Mantel und hatte das Haar unter einem schwarzen Hut hoch gesteckt.
»Wir geben uns eben Mühe. Wenn nur schon alles vorbei wäre!«
»Dauert nicht mehr lange, Schätzchen!« Helen umarmte die junge Frau, wandte sich ab und zog ihr Kleid glatt.
»Wollt ihr es euch nicht doch noch anders überlegen, du und Sean, und mitkommen?«
»Himmel, nein! Nicht auszudenken, was aus dem De-VilleBesitz würde, wenn ich nicht hier wäre! Das möchte ich Ralph nicht antun, außerdem ist Sean ja, wie er immer wieder sagt, neutral.« Sie trug Lippenstift auf. »Ich habe im Grunde nichts zu befürchten. Es war doch der Wunsch von Standartenführer Vogel, mit dir hier zu wohnen. Außerdem kann ich immer auf Guidos Unterstützung hoffen.«
»Du bist wirklich eine bemerkenswerte Frau«, stellte Sarah fest.
»Alle Frauen sind bemerkenswert, Schätzchen. Das müssen sie schon sein, um durchs Leben zu kommen. Die Welt wird eben vom Mann geprägt.« Sie ging zum Fenster. »Ja, dachte ich’s mir doch. Sie sind da.« Lächelnd wandte sie sich um. »Vergiss nicht, dass wir uns vor den Offizieren siezen müssen. Bitte nur Französisch.«
»Ich denke dran.«
»Gut. Also auf in den Kampf. Ich gehe zuerst. Warte zwei Minuten.« Und schon hatte sie das Zimmer verlassen.
Auf dem Weg in den großen Saal entdeckte Sarah Guido, Bru no Feldt und drei andere junge Marineoffiziere, die sich nervös an der Vordertür herumtrieben und hinausschauten. »Ah, Ma demoiselle Latour«, sagte Guido auf Französisch. »Sie sehen wie immer bezaubernd aus. Der Generalfeldmarschall ist gera de eingetroffen.«
Die Gruppe wartete auf der Vortreppe. Necker hatte es über nommen, Baum Helen vorzustellen, und Sarah sah Harry hinter der Offiziersgruppe stehen. Jemand nahm dem Generalfeld marschall Ledermantel, Stab und Handschuhe ab. Er glättete seinen Uniformrock und wandte sich in englischer Sprache an Helen.
»Sehr freundlich von Ihnen, Frau de Ville. Natürlich fallen wir unangemeldet über Sie her, aber ich hatte große Lust, einen der berühmten Jersey-Herrensitze zu besichtigen. Vom DeVille-Anwesen wird stets in den höchsten Tönen gesprochen.«
»Dabei ist das Haus im Vergleich zu vielen anderen eher be scheiden, Herr Generalfeldmarschall.«
»Aber schon jetzt finde ich es bezaubernd, wirklich bezau bernd. Die Gartenanlage, die Blumen, die Palmen und das Meer da unten. Was für ein fantastisches Farbenspiel!« Galant reichte er ihr den Arm. »Wenn Sie mir jetzt die Ehre erweisen würden. Eine Portion Hummer? Ein Glas Champagner? Viel leicht können wir den Krieg ein Weilchen vergessen.«
»Das wird schwierig sein, Herr Generalfeldmarschall, aber ich werde mir Mühe geben.« Sie hakte sich unter und ließ sich über den Rasen zu den Tischen führen.
Der Nachmittag begann gut. Guido Orsini erbat die Erlaub nis, Aufnahmen zu machen, und der Generalfeldmarschall war einverstanden und ließ sich mit den anwesenden Offizieren fotografieren; dabei stand Martineau gleich neben ihm. Das Essen war sichtlich ein großer Erfolg.
Necker, der bereits sein viertes Glas Champagner genoss, stand mit Hofer und Martineau am Getränketisch. »Ich glaube, er amüsiert sich.«
Hofer nickte. »Ganz bestimmt. Ein prächtiges Haus mit einer sehr charmanten Gastgeberin.«
»Innerlich widerstrebend«, bemerkte Martineau beißend, »aber zu wohlerzogen, um sich etwas anmerken zu lassen. Es ist doch immer dasselbe mit der englischen Oberschicht.«
»Mag sein«, sagte Necker abweisend. »Irgendwie kann man das ja auch verstehen. Schließlich ist ihr Mann Major bei den Engländern.«
Martineau nahm ein frisches Glas Champagner und entfernte sich. Guido machte ein Foto von Sarah, die von Marineoffizie ren umlagert war. Sie winkte, und Martineau gesellte sich dazu.
»Bitte, Harry«, sagte sie, »wir wollen uns zusammen auf
nehmen lassen.«
Er lachte auf und reichte Bruno sein Glas. »Warum nicht?«
Die anderen rückten zur Seite, und Harry und Sarah standen nebeneinander im Sonnenschein. Sie musste an Helens Worte denken und fühlte sich seltsam; ihre Hand krampfte sich um Martineaus Arm, als müsse sie sich festhalten.
»Gut so«, sagte Guido lächelnd.
»Schön.« Martineau nahm Bruno das Glas wieder ab. »Aber jetzt muss ich mit dem Generalfeldmarschall sprechen. Sie kümmern sich ein wenig um Anne-Marie,
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