Nacht der Füchse
Leutnant?«, fragte er Guido und entfernte sich.
Er hatte Müller verspätet eintreffen sehen, der nun leise mit Necker sprach. Hinter ihm bremste ein Motorrad der Feldgen darmerie, das von Greiser gelenkt wurde. Martineau blieb ste hen und beobachtete die weiteren Ereignisse. Greiser stieg ab, bockte die Maschine auf und ging zu Müller, der sich bei Ne cker entschuldigte, einige Schritte weiterging und die Meldung des Feldwebels entgegennahm. Nach einer Weile schaute er sich um, als suche er jemanden. Als er Martineau erblickte, steuerte er sofort auf ihn zu.
»Standartenführer, wäre es möglich, Sie kurz unter vier Au gen zu sprechen?«
»Selbstverständlich«, antwortete Martineau und schlenderte mit Müller auf einige Bäume zu. »Was kann ich für Sie tun?«
»Kleist, mein Mitarbeiter, ist letzte Nacht ums Leben ge
kommen. Eine unangenehme Sache. Sein Wagen stürzte bei La Moye über eine Klippe.«
»Schlimm«, sagte Martineau. »Hatte er etwa getrunken?«
»Möglich«, antwortete Müller behutsam. »Leider fällt uns kein überzeugender Grund ein, warum er sich ausgerechnet dort aufhalten sollte. Die Stelle ist ziemlich entlegen.«
»Vielleicht eine Frau?«, meinte Martineau.
»Von einer zweiten Leiche haben wir nichts gefunden.«
»Also ein Rätsel – aber was hat das mit mir zu tun?« Marti
neau wusste natürlich, was auf ihn zukam.
»Wir haben routinemäßig bei allen FeldgendarmeriePatrouillen aus der Gegend nachgefragt, ob sie vielleicht Kleists Wagen gesehen hätten.«
»Und hatten sie das?«
»Nein, aber uns wurde gemeldet, dass man Sie heute Nacht gegen zwei Uhr auf der Route du Sud angehalten hat.«
»Stimmt«, sagte Martineau gelassen. »Aber was hat das mit dem vorliegenden Fall zu tun?«
»Um an die Stelle bei La Moye zu gelangen, an der Kleist seinen bedauerlichen Unfall hatte, musste er über die Route du Sud fahren und dann auf die Straße nach Corbière abbiegen.«
»Kommen Sie zur Sache, Müller, der Generalfeldmarschall will mit mir sprechen.«
»Also gut, Standartenführer. Ich habe mich nur gefragt, was Sie um zwei Uhr früh in der Gegend zu suchen hatten.«
»Ganz einfach«, antwortete Martineau. »Ich bin meinem
Auftrag nachgekommen, den ich, wie Sie wissen, direkt vom Reichsführer habe. Wenn ich nach Berlin zurückkehre, erwar tet er von mir einen Bericht über die Zustände hier auf Jersey. Leider wird mein Urteil nicht sehr positiv ausfallen.«
Müller runzelte die Stirn. »Vielleicht könnten Sie mir das näher erklären, Standartenführer.«
»Zum einen die Sicherung der Insel«, sagte Martineau. »Be ziehungsweise der Mangel daran. Ja, Müller, ich wurde heute früh auf der Route du Sud von einer Patrouille der Feldgen darmerie angehalten. Ich verließ das De-Ville-Anwesen um Mitternacht, fuhr durch das 3t.-Peter’s-Tal zum Dorf hinauf und am Greve de Lecq entlang. Kurz nach ein Uhr erreichte ich auf einem Feldweg, der mich um Les Landes herumführte, L’Etacq am Nordende der St.-Ouen’s-Bucht. Eine Verteidi gungszone, habe ich Recht?«
»Jawohl, Standartenführer.«
»Mit zahlreichen wichtigen Militäreinrichtungen.«
»Richtig.«
»Es freut mich, dass Sie meiner Meinung sind. Anschließend fuhr ich der Bucht entlang zum Corbiere-Leuchtturm und wur de schließlich auf der Route du Sud von zwei Feldgendarmen angehalten, die am Straßenrand gehalten hatten, um offenkun dig eine Zigarettenpause zu machen. Sie begreifen allmählich, was ich sagen will, Müller?« Sein Gesicht war starr und abwei send. »In den frühen Morgenstunden konnte ich auf der Insel herumfahren und mich dabei einigen unserer wichtigsten Mili täreinrichtungen nähern – und wurde dabei nur einmal kontrol liert!« Die letzten Worte hatte er lauter gesprochen, so dass sich Offiziere aus anderen Gruppen umdrehten. »Würden Sie das als zufrieden stellend bezeichnen?«
»Nein, Standartenführer.«
»Dann schlage ich vor, dass Sie deswegen etwas unterneh men.« Martineau stellte sein Glas auf einen Tisch. »Ich habe den Generalfeldmarschall jetzt lange genug warten lassen.«
Während Müller noch hinter Vogel herschaute, erschien Greiser neben ihm. »Was war los?«
»Nicht viel. Angeblich war er auf Inspektionstour. Er be hauptet, er sei zwei Stunden lang durch den Westen der Insel gekurvt und wäre dabei nur einmal angehalten worden – auf der Route du Sud.«
»Nehmen Sie ihm das ab, Herr Hauptmann?«
»Ach, passen tut die Geschichte schon«,
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