Nacht der Geister
siebenunddreißig und nicht mit siebenundvierzig gestorben wäre, auch in der Lage wäre, das zu tun.«
»Gute Entschuldigung.«
»Und ich bleibe dabei. Also auf zu Test Nummer zwei.«
Bevor ich etwas sagen konnte, lief er mitten in eine Elterngruppe hinein, die an der Bande stand.
»Woran erkennst du jetzt, dass ich ein Geist bin?«, rief er zu mir zurück.
»Weil du durch Menschen durchläufst. Ich weiß das, Kris.
Es ist vollkommen offensichtlich. Wenn ich will, dass ein Geist mich für ein körperliches Wesen hält, muss ich mich benehmen, als hätte ich einen Körper. Als ich an dieser Gruppe von Leuten vor der Klinik vorbeigegangen bin, hab ich einen Bogen um sie geschlagen.«
»Ah, aber eins hast du übersehen. Letzte Demonstration.
Profistufe.«
Er rannte ein halbes Dutzend Stufen hinauf und schob sich in eine Sitzreihe auf der Tribüne. Als er sich an den Zuschauern dort vorbeidrückte, achtete er sorgsam darauf, es so aussehen zu lassen, als müsse er sich um ihre Knie herummanövrieren; ein paarmal murmelte er sogar »Entschuldigung«. In der Mitte der Reihe drehte er sich zu mir um und hob fragend die Hände.
Ich schüttelte den Kopf. »Mich hättest du getäuscht.«
»Aber nur, weil du es nie mit Heimsuchen probiert hast.
Heimsucher müssen sehr vorsichtig sein. Wenn du an den falschen Geist gerätst, wirst du gemeldet. Ich versuche es jetzt noch mal, und dieses Mal beobachte nicht mich beobachte sie.«
Er kam auf dem gleichen Weg zurück, wobei er sich immer noch an Knien vorbeidrückte und Entschuldigungen murmelte. Ich beobachtete die Gesichter der Menschen, an denen er vorbeikam, und sah nichts. Sie taten einfach, was sie eben taten, benahmen sich, als ob er
»Sie benehmen sich, als wärst du nicht da«, sagte ich. »Das ist es. Sie reagieren nicht auf dich.«
»Stimmt«, sagte er, während er die Stufen wieder heruntergetrabt kam. »Vor diesem Krankenhaus bist du an einer Gruppe von Menschen vorbeigegangen, und keiner hat auch nur in deine Richtung gesehen. Und das ist nicht normal. Schon gar nicht, wenn Männer dabei waren.«
Ein Zwinkern und ein schneller, anerkennender Blick an mir hinunter. Wäre ich noch am Leben gewesen, ich bin mir sicher, ich wäre errötet. Aber Kris lächelte nur und ging zu einer Reihe von Tipps über; das Kompliment war so beiläufig gekommen wie eine Bemerkung über das Wetter. Typisch. Kris kannte sämtliche Tricks, alle Arten, mir mitzuteilen, dass er mich zurückhaben wollte, ohne es jemals auszusprechen. Ein wie nebenher angebrachtes Kompliment, ein langer Blick, eine zwanglose Berührung alberne kleine Dinge, die es irgendwie schafften, ein schwindliges Gefühl in mir zu wecken.
Ich wollte ihn zurückhaben. Gar keine Frage. Ich hatte nie aufgehört, ihn zu wollen, und es gab Gelegenheiten, bei denen ich ihn ansah, die ziehende Sehnsucht spürte und mich fragte, warum zum Teufel ich mich eigentlich dagegen stemmte. Ich würde mich auf nichts einlassen, das ich nicht schon kannte.
Und genau das war der Grund, weshalb ich diesen nächsten Schritt nicht tun würde. Weil ich es wirklich schon kannte.
Ich war für Beziehungen nicht gemacht. Ich hatte niemals das Bedürfnis gehabt, mein Leben mit jemandem zu teilen, und hatte von anderen niemals mehr als lockere Freundschaften und berufliche Kontakte erwartet. Wenn jemand es schaffte, mir wichtig zu werden Ruth Winterbourne, später Kristof, dann Savannah , enttäuschte ich sie, indem ich Entscheidungen traf, die mir im entsprechenden Augenblick absolut richtig erschienen. So gern ich auch behauptet hätte, dass ich Kristof nur deshalb widerstand, um ihn nicht wieder zu verletzen, ich wusste, dass ich in mindestens dem gleichen Maß mich selbst schützte.
Kristof kam zum Ende seiner Liste von Tipps. »Das ist alles, was mir im Moment einfällt. Wird Zeit, dass wir es in die Praxis umsetzen.«
»Praxis? Du meinst mit diesen Heimsuchern? Danke für das Angebot, aber «
»Das ist kein Angebot, sondern eine Forderung. Du schuldest mir was.«
»Ich schulde dir was?«, platzte ich heraus.
»Ich hab versucht, dir einen Job beim Gericht zu verschaffen
einen Job, der zugleich mir die Entschuldigung geliefert hätte, ein paar Aktivitäten nachzugehen, die für einen geachteten Juristen unter anderen Umständen wenig passend gewesen wären. Du hast mich abgeschmettert und mir dadurch eine Gelegenheit zum Unfugmachen verwehrt, die erste seit «
»Stunden. Vielleicht sogar Tagen.«
Ein schnelles Grinsen in
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