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Nacht der Geister

Nacht der Geister

Titel: Nacht der Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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meine Richtung. »Viel zu langer Zeit jedenfalls. Jetzt hast du mir einen möglichen Ersatz geliefert, und den werde ich mir mit Sicherheit nicht entgehen lassen.«
    »Ich habe dich also am Hals?«
    Sein Grinsen wurde breiter. »Jetzt und bis in alle Ewigkeit.«
    Ich murmelte etwas Unverständliches, griff nach seiner Hand und teleportierte uns zurück zu meiner Markierung.
    Bevor wir dem Krankenhaus nahe genug waren, dass der Rausschmeißer mich hätte erkennen können, schlugen wir einen Bogen zur Rückseite. Und als wir im Gebäude ankamen, machten wir uns auf die Suche nach unseren Heimsuchern. Es dauerte nicht lang, bis wir sie gefunden hatten. Wir brauchten nur den Schreien nachzugehen.

    7
    W ir standen in einem abgedunkelten Therapiezimmer.
    Die Stimmen kamen aus dem Nebenraum. Ich verwendete meine AspicioKräfte, um ein Guckloch in der Wand zu öffnen, und sah hindurch. Kris setzte sich auf den Schreibtisch und wartete er wusste, dass durch die Löcher, die ich schuf, nur ich selbst etwas sehen konnte.
    Im Nebenzimmer befanden sich drei Leute. Die Älteste war eine Frau Mitte fünfzig, die hinter einem stählernen Schreibtisch saß. Sie trug einen sehr bunten Kaftan, riesige Creolen an den Ohren und eine Halskette mit einem hässlichen hölzernen Elefanten als Anhänger, der mit dem Rüssel voran zwischen ihre Brüste zu rutschen schien. Der Elefant sah ängstlich aus.
    Ich konnte es nachvollziehen.
    Die Frau lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und schrieb auf einen kleinen Notizblock. Hinter ihrem Kopf brüllte ein riesiges Plakat: YOU ARE THE CAPTAIN OF YOUR OWN SHIP. Es zeigte die berühmte Aufnahme aus Titanic, Leo und Kate mit ausgebreiteten Armen am Bug. Würde man mich zwingen, eine Stunde pro Woche vor diesem Bild zu verbringen, ich wäre auch so weit, mich freiwillig einzuweisen.
    Der Therapeutin gegenüber saßen ein Mann und eine Frau, beide Ende zwanzig, beide in Jeans und Sweatshirt. Die Frau hatte einen Fuß auf den Sitz gezogen und sah so entspannt aus, wie man nur aussehen konnte. Der Mann dagegen war so angespannt, dass er über dem Stuhl in der Luft zu schweben schien, bereit, bei der geringsten Provokation aufzuspringen.
    »Nein, sie ist genau hier!«, sagte der junge Mann. »Warum können Sie sie nicht sehen?«
    »Erzählen Sie mir, was Sie sehen«, säuselte die Therapeutin.
    »Ich hab’s Ihnen erzählt!«, sagte der junge Mann. »Ich hab’s Ihnen erzählt und erzählt und «
    »Barton«, unterbrach ihn die Therapeutin. »Wissen Sie noch, was wir hier sagen? Wut hat in diesem Haus keinen Platz. Wie Müll müssen wir sie an den Straßenrand tragen.«
    »Herrgott, was für ein Haufen Scheiße«, sagte die jüngere Frau und gähnte, während sie die Beine streckte. »Sag ihr doch, was für ein Miststück sie ist. Eine dumme, blinde alte Kuh«
    »Sie sind blind«, sagte er zu der Therapeutin. »Wenn Sie nicht sehen können, dass sie hier sitzt «
    »Um Gottes willen, Bart. Sei doch nicht so ein Feigling. Sie ist ein Miststück. Sag’s ihr ins Gesicht.«
    »Nein!«
    »Was, Barton?«, fragte die Therapeutin. »Was sagt sie zu Ihnen?«
    Barton kniff die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.
    Die jüngere Frau beugte sich vor und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er versuchte sie zu verscheuchen wie eine Fliege, aber seine Hand glitt geradewegs durch ihr Gesicht hindurch.
    »Nun komm schon, sag’s ihr«, drängte der Geist. »Noch besser, knall ihr eine. Schlag ihr die selbstgerechte Fresse ein.
    Das wäre mal therapeutisch.«
    Barton sprang auf und holte aus zu dem Geist hin. Als seine Faust durch sie hindurchging, warf er die Arme hoch und heulte auf. Dann drehte er sich langsam zu der Therapeutin um, die wie wild auf ihren Block kritzelte. Der Geist krümmte sich vor Lachen.
    Ich ballte die Fäuste und drehte mich zu Kristof um.
    »Darf ich ihr eine scheuern? Nur eine einzige ordentliche Ohrfeige «
    »Oh, wir lassen uns etwas Besseres einfallen«, sagte er. »Aber erst müssen wir die anderen finden.«
    Auch diesmal verrieten die Geister sich selbst, nicht indem sie die Patienten zum Brüllen brachten, sondern indem sie herumsaßen und sich darüber unterhielten. Niemand weiß, warum manche Patienten in der Psychiatrie Geister sehen können. Vielleicht lässt die Geisteskrankheit die Barrieren zusammenbrechen, die zwischen dem Möglichen und dem Unmöglichen bestehen, so dass der rationale Verstand des Geisteskranken nicht mehr sofort eingreift, um seine Wahrnehmungen zu korrigieren wie

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