Nacht der Hexen
rankommt, oder?«
»Sie wird Zugang zu Online-Nachrichtendiensten haben.« Cortez gab mir sein Handy. »Sag ihr, sie soll nach Details über Katrina Mott suchen.«
»Wo hast du denn den Namen gefunden?«, erkundigte sich Savannah.
»Auf der Tafel vor dem Bestattungsinstitut, gestern. Es waren nur zwei Gedenkfeiern angesetzt.«
»Gutes Gedächtnis«, sagte ich.
Er nickte und schaltete mir das Telefon ein.
Wie ich gehofft hatte, war Elena noch nicht im Bett, obwohl es nach elf an einem Wochentag war. Nicht, dass ihr gesellschaftliches Leben viel hektischer gewesen wäre als meins – sie entfernte sich selten weit von ihrem Zuhause, und das war mehrere Stunden vom nächsten großstädtischen Nachtclub entfernt –, aber sie hatte den Vorteil, Mitbewohner von über dreizehn Jahren zu haben, von denen keiner früh aufstehen musste, um zur Arbeit oder in die Schule zu gehen. Und dann war da noch der ganze Werwolfaspekt, der dafür sorgte, dass es oft spät wurde. Als ich anrief, war sie im Freien und spielte Fußball mit weiteren Rudelangehörigen, die gerade zu Besuch da waren. Raues Leben, was?
Sie ließ sich die Informationen geben und rief innerhalb von fünf Minuten zurück.
»Katrina Mott«, sagte sie. »Gestorben am Freitag, den fünfzehnten Juni. Erschossen im Verlauf eines heftigen Streits mit ihrem Lebensgefährten, weil er – ich zitiere – ›wollte, dass sie endlich die (das Adjektiv lasse ich weg) Fresse hält‹. Hört sich in meinen Ohren nach Mord an. Ich hoffe, der Dreckskerl kriegt lebenslänglich.«
»Lebenslänglich im Gefängnis und regelmäßige Besuche vom Geist seiner Verflossenen, wenn es überhaupt noch Gerechtigkeitauf der Welt gibt. Steht da auch, wo sie begraben ist?«
»Hm … oh, hier. Gedenkfeier im Bestattungsinstitut East Falls; Beerdigung am Dienstagvormittag auf dem Pleasant-View-Friedhof.«
»Der Distriktfriedhof. Wunderbar. Danke.«
»Kein Problem. Bist du sicher, dass wir nicht aushelfen sollen? Nick ist übers Wochenende hier. Wir könnten alle drei runterfahren – Clay, Nick und ich. Oder ist das so ziemlich das Letzte, was du brauchst?«
»So ähnlich. Nimm’s mir nicht übel –«
»Tu ich auch nicht. Wenn du etwas weniger … drastische Unterstützung brauchst, kann ich mich auch ohne Clay zu euch runterschleichen. Für eine Weile jedenfalls. Bis er mich aufspürt. Aber es hört sich an, als hättest du alles unter Kontrolle.«
Ich gab ein verbindliches und aussagefreies Geräusch von mir.
»Melde dich einfach, wenn du mich brauchst, okay?«, fuhr sie fort. »Auch wenn du nur einen Leibwächter für Savannah willst. Es bleibt dabei, dass sie nächsten Monat herkommt, oder?«
»Unbedingt.«
Sie lachte. »Höre ich da Erleichterung mitschwingen? Wir freuen uns auf sie.«
»Oha. Lass mich raten – ›wir‹ wie in du und Jeremy.«
Wieder ein Lachen. »Clay hat damit keine Probleme. Er zählt vielleicht nicht gerade die Tage, aber er beschwert sich auch nicht. Bei Clay ist das schon fast ein Zeichen von Billigung.«
»Billigung von Savannahs Anwesenheit, nicht meiner.«
»Lass ihm Zeit. Aber du bleibst trotzdem übers Wochenende,oder? Und wir fahren immer noch runter nach New York? Nur wir beide?«
»Unbedingt!«
Savannah streckte den Arm nach dem Telefon aus.
»Ich muss aufhören«, sagte ich. »Savannah will auch noch mit dir reden.«
»Gib mich weiter, und wir reden demnächst.«
Als ich Savannah das Handy gab und den Motor anließ, konnte ich nicht anders, als zu lächeln. Ganze zwei Minuten lang hatte ich alles andere vergessen. Zwei Minuten, in denen ich hatte sehen können, wie die Zukunft sich exakt so entwickelte, wie ich es geplant hatte, bevor all das begann. Ich würde es hinter mich bringen. Dann würde ich den Rest des Sommers genießen. Ich würde eine Savannah-freie Woche haben, in die ich etwas Zeit mit meinen Freunden aus der Bostoner Gegend hineinquetschen konnte, und dazu ein Wochenende in New York, um die Freundschaft mit Elena auszubauen.
Zum ersten Mal, seit Leah in East Falls aufgetaucht war, konnte ich mir einen Tag vorstellen, an dem all dies nur noch Erinnerung sein würde, etwas, über das ich mit Elena schwatzen konnte, wenn wir beide in irgendeinem überteuerten New Yorker Nachtclub über unseren Getränken saßen. Der Gedanke brachte einen Schwall von Optimismus mit sich. Ich würde dies überstehen.
Jetzt brauchte ich nur noch Erde vom Grab einer ermordeten Frau zu besorgen, bevor es Mitternacht schlug. Das würde
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