Nacht der Hexen
unterziehen.«
»Ohne Gentest haben Sie keinerlei Aussichten auf Erfolg«, sagte Cary.
Sandford stierte mich wütend an.
»Schach«, sagte ich. Und grinste.
Als Sandford und Leah gegangen waren, wandte Cary sich mir zu und lächelte.
»Das ging ja gut, finden Sie nicht auch?«
Ich grinste. »Besser als gut. Das war perfekt. Vielen herzlichen Dank.«
»Mit etwas Glück ist die Sache damit erledigt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie versuchen, das Ganze ohne Gentest weiter zu verfolgen.« Er sah auf die Uhr. »Haben Sie Zeit für einen Kaffee? Wir können vor meinem nächsten Termin die restlichen Details besprechen.«
»Details? Aber wenn es erledigt ist –?«
»Das hoffen wir, aber wir sollten die Eventualitäten bedenken, Paige. Ich sage Lacey Bescheid, dann können wir gehen.«
Abfuhr
C ary und ich gingen zu Fuß hinüber zu Melinda’s Bakery in der State Street. Selbst für meinen verwöhnten Großstadtgeschmack war Melinda’s eine erstklassige Bäckerei. Schon der Kaffee allein reichte fast aus, um das Leben in East Falls erträglich zu machen. Und die Rosinenbrötchen? Wenn ich die Ältesten jemals überreden konnte, uns wegziehen zu lassen, würde ich einmal in der Woche nach East Falls fahren, um Nachschub an Melindas Rosinenbrötchen zu besorgen. Mir wäre ein Tisch am Fenster lieber gewesen, aber Cary nahm einen weiter hinten. Nun hat zugegebenermaßen selbst die Hauptstraße von East Falls nicht allzu viel zu bieten, wenn es um das Beobachten von Leuten geht, und immerhin besprachen wir vertrauliche juristische Fragen; insofern verstand ich, dass Cary uns einen etwas abgeschiedeneren Platz suchte. Als wir uns gesetzt hatten, zeigte er auf mein Brötchen. »Es freut mich, dass Sie nicht zu den Mädchen gehören, die dauernd eine Diät machen. Ich mag Frauen, die keine Angst haben, wie Frauen auszusehen.«
»Mhm.«
»Die Mädchen heutzutage – nehmen ab, bis man nicht mehr sehen kann, ob das nun ein Mann oder eine Frau ist. Sie sind anders. Sie sehen immer so –« sein Blick glitt abwärts bis zu meiner Brust – »so hübsch hergerichtet aus. Es ist schön, eine junge Frau zu sehen, die noch Röcke und Kleider trägt.«
»Sie meinen also, die werden diesen Sorgerechtsstreit jetzt aufgeben?«
Cary schüttete drei Portionen Kaffeesahne in seine Tasse und rührte um, bevor er antwortete.
»Ich bin mir verhältnismäßig sicher«, sagte er. »Es gibt da aber noch ein paar Dinge, die ich erledigen muss.«
»Zum Beispiel?«
»Den Papierkram. Selbst bei den einfachsten Fällen fällt immer Papierkram an.« Er nippte an seinem Kaffee. »Ich nehme an, Sie werden hören wollen, wie viel das Ganze Sie kosten wird.«
Ich lächelte. »Na ja, ich kann nicht behaupten, dass ich es hören
will
, aber ich sollte wohl. Haben Sie eine ungefähre Summe?«
Er holte seinen Block heraus, riss das oberste Blatt ab und begann auf einer neuen Seite Zahlen zu notieren. Meine Augen wurden immer größer, als die Liste länger und länger wurde. Als er die Summe darunterschrieb, verschluckte ich mich fast an einem Bissen Brötchen.
»Ist das – bitte, sagen Sie mir, dass da irgendwo ein Komma fehlt«, sagte ich.
»Anwaltskosten sind nicht billig, Paige.«
»Das weiß ich. Bei meinem Beruf gibt es eigentlich dauernd rechtliche Fragen zu klären, aber so sehen meine Rechnungen nicht aus.«
Ich zog den Block zu mir herüber und drehte ihn um. »Was ist das? Neun anrechenbare Stunden? Wir haben uns nur heute getroffen, von zehn bis« – ich sah auf die Uhr – »zwanzig vor zwölf.«
»Aber ich musste mich gestern Abend schließlich mit Ihrem Fall vertraut machen, Paige.«
»Das haben Sie heute Morgen getan. In meiner Gegenwart. Wissen Sie noch?«
»Ja, aber gestern Abend habe ich ähnlich gelagerte Fälle recherchiert.«
»Sieben Stunden lang?«
»›Anrechenbare Stunden‹ ist ein komplexer Begriff, der sich nicht immer exakt in die tatsächlich benötigten Stunden umrechnen lässt.«
»Na so was. Und das hier? Dreihundert Dollar für Fotokopien? Was haben Sie getan – ein Team von Franziskanermönchen eingestellt, die meine Akte von Hand abschreiben? Ich kann im Supermarkt für zehn Cent die Seite kopieren.«
»Es geht hier ja nicht einfach um die Kosten der Kopien selbst. Man muss auch den Arbeitsaufwand noch berücksichtigen.«
»Ihre Frau erledigt sämtliche Sekretariatsarbeiten. Sie wird nicht mal dafür bezahlt.«
»Ich verstehe, dass es Ihnen wahrscheinlich schwer fallen wird,
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