Nacht der Hexen
parken?«, fragte Savannah. »Das ist ja ’ne Meile zu laufen!«
»Dreißig Meter vielleicht. Komm schon, steig aus.«
Sie begann zu stöhnen, als hätte ich ihr zugemutet, zwanzig Meilen durch hüfttiefen Schnee zu stapfen.
»Dann bleib eben hier«, sagte ich. »Was willst du zu essen haben?«
Sie teilte mir ihre Wünsche mit. Dann wies ich sie darauf hin, dass ich sie im Auto einschließen würde, und tat es – und zwar sowohl mit der Zentralverriegelung als auch mit Formeln.
Als ich zu meinem Auto zurückkehrte, bemerkte ich einen Geländewagen, der hinter meinem Accord geparkt hatte, und beschleunigte meine Schritte. Ja, ich war paranoid. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass auf dem Halbdutzend Plätzen rechts und links sonst keine weiteren Autos zu sehen waren, kam es mir wirklich seltsam vor – sogar beunruhigend. Als ich zu meinem Auto trabte, sah ich das Gesicht des Fahrers. Nicht Leah. Nicht Sandford.
Grantham Cary junior.
»Na toll«, murmelte ich.
Ich drosselte das Tempo zu schnellem Gehen und holte die Schlüssel aus der Handtasche. Mit einem Murmeln löste ich die Schließformeln; dann öffnete ich mit der Funkfernbedienung die Tür, so dass ich einsteigen konnte, ohne lang herumzustehen und ihm damit eine Gelegenheit zu geben, michanzusprechen. Im Näherkommen hörte ich das leise Brummen des laufenden Motors. Ich hielt den Blick auf mein eigenes Auto gerichtet und horchte auf das Geräusch einer sich öffnenden Tür. Stattdessen hörte ich, wie er den Gang einlegte.
»Gut«, murmelte ich. »Nur weiter so.«
Aus dem Augenwinkel sah ich ihn rückwärts aus der Lücke fahren. Dann fuhr er vorwärts – geradewegs vorwärts und mit einem Krachen gegen mein Auto. Savannah flog gegen das Armaturenbrett.
»Du Arschloch!«, schrie ich, ließ meine Tüte fallen und rannte zum Auto.
Cary setzte zurück und jagte davon.
Ich riss die Beifahrertür auf. Drinnen hielt sich Savannah die blutende Nase.
»Schon okay«, sagte sie. »Hab mir bloß die Nase angeschlagen.«
Ich riss eine Hand voll Papiertücher aus der Schachtel hinter ihrem Sitz und gab sie ihr; dann befühlte ich den Nasenrücken. Er fühlte sich nicht gebrochen an.
»Alles okay, Paige. Wirklich.« Sie sah auf ihr blutbeflecktes T-Shirt hinunter. »Scheiße! Mein neues Gap-Shirt! Hast du seine Nummer? Der Typ bezahlt mir mein T-Shirt!«
»Der zahlt mehr als dein T-Shirt. Und ich brauche keine Nummer, ich weiß, wer das war.«
Ich holte das Handy heraus, rief die Vermittlung an und ließ mich zur örtlichen Polizei durchstellen.
»Ich bezweifle gar nicht, dass es Cary war«, sagte Willard.
»Ich frage Sie nur, ob Sie es beweisen können.«
Von den drei Deputies von East Falls war Travis Willard derjenige, von dem ich gehofft hatte, dass sie ihn schickenwürden. Der jüngste Deputy der Stadt, wenige Jahre älter als ich, und der Netteste von ihnen außerdem. Seine Frau Janey und ich hatten gemeinsam bei mehreren karitativen Veranstaltungen ausgeholfen, und sie war eine der wenigen Leute in der Stadt, die mir das Gefühl gegeben hatten, willkommen zu sein. Inzwischen allerdings fragte ich mich, ob es eine gute Idee gewesen war, überhaupt die Polizei anzurufen.
Willard war rücksichtsvoll genug gewesen, sich zu mir ins Auto zu setzen, statt uns alle auf dem Gehweg stehen zu lassen; trotzdem fuhr jeder Mensch herum, der an uns vorbeikam. Erst zwölf Stunden zuvor hatte die Polizei einen satanischen Altar hinter meinem Haus gefunden; ich war mir sicher, dass die Neuigkeit bis zum Mittag im ganzen Ort herum gewesen war. Wenn die Leute mich jetzt am Straßenrand stehen und mit dem Deputy reden sahen, würden die Spekulationen wieder von vorn anfangen. Und als ob das noch nicht schlimm genug gewesen wäre, ich stellte fest, dass es gar nicht so einfach war, einen angesehenen Bürger der absichtlichen Unfallflucht zu bezichtigen.
»Irgendjemand muss das doch gesehen haben«, sagte Savannah. »Es waren Leute in der Nähe.«
»Von denen keiner lang genug geblieben ist, um seine Bürgerpflicht zu tun«, fügte ich hinzu. »Aber Spuren gibt es auf jeden Fall. Er hat nicht viel Schaden angerichtet, aber der Lack ist zerkratzt. Können Sie sich nicht sein Auto ansehen?«
»Könnte ich«, sagte Willard. »Und wenn ich an seiner Stoßstange silberne Farbe finde, kann ich Sheriff Fowler bitten, einen Labortest anordnen zu lassen, und er wird mir ins Gesicht lachen. Ich sage Ihnen das nicht, weil ich Ihnen das Leben schwer machen will, Paige.
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