Nacht der Seelen - Armintrout, J: Nacht der Seelen
emotionslos. Als wartete sie nur darauf, dass das Tier endlich starb, damit sie das ekelerregende Ungeziefer endlich in den Müll werfen konnte.
Trotz der Schmerzen in meinen Rippen holte ich tief Luft und befahl: „Beiseite.“
Dieses Mal funktionierte es ein wenig. Weder wurde sie zerrissen, noch verwandelte sie sich in Sand, doch auf ihrer Wange erschien ein Riss. Ein kleines Maß meiner magischen Kräfte war zu ihr durchgedrungen. Und ihre Mächte kamen ins Schwanken.
Sie schien ebenso überrascht zu sein wie ich.
„Ich habe dein Blut getrunken, Zicke .“ Ich legte so viel Betonung in das Wort, wie ich konnte, und warf es ihr mit derselben Gehässigkeit entgegen wie sie mir. „Ich verfüge über deine Macht.“
„Aber nicht über die ganze.“ Sie klang selbstbewusst, aber sie trat einen Schritt zurück.
„Noch nicht.“ Ich weiß nicht, warum ich das sagte. Vielleicht, um sie einzuschüchtern. Aber die Tatsache, dass ich es ernst meinte, machte mir Angst.
„Das würdest du nie wagen!“, kreischte sie. Ich hatte sie tatsächlich erschreckt. Sie wich noch einen Schritt zurück, dann noch einen.
„Ich würde mehr dafür tun, um ihn zu beschützen, als du dir vorstellen kannst.“ Ich ging auf sie zu. „Beiseite!“
Sie holte tief Luft und versuchte, sich zu schützen, aber es war schon zu spät. Ein weiterer langer Schnitt öffnete sich an ihrem Hals, rot quoll es daraus hervor wie Wachs, das von einer Kerze hinabrinnt.
Ich griff unter mein T-Shirt, um ein Fläschchen Weihwasser herauszuholen, zog eines hervor und warf es ihr entgegen. Ich traf nicht, es zerschellte an der Wand. Sie duckte sich, aber ein paar Tropfen fielen auf ihr Gesicht.
Dahlia lächelte und leckte einen der Tropfen ab, während eine kleine Rauchschwade von ihrer Zungenspitze aufstieg.
Ich schaute zu Nathan, der ganz zerstört auf dem Bett lag. Ich dachte an Cyrus, wie er mir Informationen zuspielte, um danach wieder zu Dahlia zurückzugehen und mich auszulachen. Und ich wurde wütend. Wütend darüber, immer wieder besiegt zu werden, nur, um ein wenig an Boden zu gewinnen, damit er mir genauso schnell wieder unter den Füßen weggezogen wurde. Darüber, immer wieder mit ansehen zu müssen, wie Menschen, die ich liebte, verletzt wurden.
„Dahlia?“, fragte ich und hörte mir dabei zu, wie ich mit gespielt müder Stimme sprach. Ich freute mich auf den Schock, den sie gleich bekommen würde.
Sie schnaubte wieder hochmütig, auf ihrem Gesicht stand die reine Freude geschrieben, da sie wohl glaubte, schnell gewonnen zu haben. „Was? Willst du mich jetzt um Gnade bitten?“
Ich war bei ihr, bevor sie überhaupt darüber nachdenken konnte, ob sie wegrennen sollte. Sie versuchte, Worte für einen Zauber auszusprechen. Ich zerdrückte ihre Luftröhre. Sie hob die Hand, um mich wieder mit einem Energieballzu bewerfen. Ich rammte ihre Hand herunter und bog ihre Finger zurück in Richtung Handgelenk, bis ich sie knacken hörte und den weißen Knochen splitternd aus ihrer Haut herausragen sah. Sie versuchte zu schreien, aber ohne Luft ging das schlecht. Es hörte sich an wie ein Todesröcheln. Ich schaute ihr in die Augen und sah ihre Angst. Sie wusste, dass sie sterben würde.
Vielleicht, wenn ich einen klaren Kopf hätte behalten können, hätte ich sie einfach sofort getötet. Ich hätte Mitleid mit ihr gehabt. Aber der Geruch ihres Blutes, das ihr aus dem Hals troff, trübte mir die Sinne. Mich überfiel das berauschende Gefühl, endlich, endlich Macht zu haben, und etwas tun zu können, das ich mir schon lange gewünscht hatte: sie so zu verletzen, wie sie versucht hatte, mich zu verletzen. Das war nur ein Tausendstel dessen, was sie Nathan angetan hatte. Panisch kommunizierte sie mit mir mittels der Gewalt, die sie über meine Gedanken besaß. Sie versuchte, mich mit Visionen der möglichen Konsequenzen meiner Taten zu beeindrucken, aber ich ignorierte sie.
Als ich meinen Kopf zu ihr hinabbeugte und zubiss, indem ich das ganze Fleisch, aus dem ihre Kehle bestand, herausriss, war mir klar, dass ich in jenem Moment sie töten und dann aufhören konnte. Aber ich wollte nicht. Ich schlang Dahlias Blut hinunter, ich spürte, wie sie Stück für Stück aufhörte sich zu wehren, aber ich hörte nicht auf. Ich trank, bis ich wusste, dass sie tot war. Und als das Blut nicht mehr pulsierte, saugte ich es aus ihren Wunden. Dann verwandelte sich der Geschmack ihres Blutes plötzlich in etwas anderes. Es war flüssig blau und
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