Nacht der Seelen - Armintrout, J: Nacht der Seelen
Und dann lassen wir ihn den Rest der Verwandlung vollziehen, und damit ist es so, als sei es schon immer sein Herz gewesen, oder nicht?“ Je mehr er den Vorgang beschrieb, desto realistischer schien es. Vielleicht könnte es tatsächlich funktionieren.
Schließlich sagte Carrie etwas. Aber es klang so, als glaubte sie ihren eigenen Worten nicht. „Ziggy. Nein. Es klingt zwar interessant. Ich könnte es sogar versuchen, wenn … Aber ich kann dich diesem Risiko nicht aussetzen. Was würde Nathan …“
„Du und Nate, ihr habt mich auf der Silvesterparty derVampire sterbend zurückgelassen. Ihr habt mich zum Tode verurteilt und mir erzählt, alles würde gut werden, während ihr nicht den blassesten Schimmer hattet, was passieren würde.“ Seine Stimme wurde lauter, als er sich wieder an die Situation erinnerte. Dann zwang er sich, ruhig weiterzusprechen. Er durfte nicht riskieren, dass seine Wut seine Argumentation gefährdete. „Du schuldest mir etwas. Du hast mich nicht beschützt, und nun schuldest du mir etwas.“
„So ein Quatsch, sie schuldet dir etwas!“ Max ballte zornig seine Fäuste. Lass ihn mich schlagen, dachte Ziggy, und in seiner Brust schlug sein Vampirherz schneller. Es ist mir gleichgültig. Ich muss tun, was ich tun muss.
Er schaute Carrie in die Augen. Sie lagen tief in ihren Höhlen und waren rot gerändert. Sie hatte immer noch ein schlechtes Gewissen. Gut, das sollte sie auch haben, und es wäre zu seinem Vorteil, wenn er das ausnutzen könnte. „Wir haben es dir zu verdanken, dass Bill umgebracht worden ist. Es war dein Monster, das dafür verantwortlich ist, Carrie. Du musst ihn wieder hinbekommen. Das schuldest du mir. Und ihm.“
Sie seufzte und ließ die Schultern hängen. „Ich bin keine Chirurgin, Ziggy. Ich weiß nicht, wie man ein Herz transplantiert. Außerdem braucht man dazu ein ganzes Team.“
„Genau. Aber die Ärzte wollen ja, dass ihre Patienten leben. Wir wollen ja … er muss ja nur nicht sofort sterben. Das ist alles. Kannst du es nicht einfach versuchen, nur halbherzig, sozusagen?“ Halbherzig war nicht die beste Wortwahl, wurde Ziggy bewusst. Er starrte sie eindringlich an und forderte sie heraus, seinem Blick standzuhalten. „Bitte. Du kannst Nate ja immer noch erzählen, dass ich verwundet gewesen sei oder so.“
„Natürlich. ‚Nathan, dein Sohn ist tot. Er war verwundet, glaube ich. Vergiss all diese Menschen, die bei lebendigemLeibe seziert worden sind und all die chirurgischen Instrumente.‘“ Max grummelte und fuhr sich mit seiner verstümmelten Hand durch die Haare. „Ich kann nicht glauben, dass du es dir tatsächlich überlegst, Carrie!“
Ziggy konnte nicht weiter argumentieren, denn er hatte nichts mehr, was er zu seinen Gunsten in die Runde werfen konnte. Die Entscheidung lag nun ganz bei ihr. „Bitte, Carrie. Bitte!“
Sie schaute auf den Werkzeugkoffer mit der medizinischen Ausrüstung, dann hob sie hilflos die Hände. „Gut. Aber wir müssen es jetzt machen.“
Ziggy schluckte schwer. In ihm wuchsen Zweifel, dabei sollte er eigentlich vor lauter Erleichterung überwältigt sein. Dass er das nicht empfand, könnte vielleicht ein Zeichen dafür sein, dass er die falsche Entscheidung getroffen hatte.
„Das ist doch verrückt!“, explodierte Max und ging hinter ihnen auf und ab. „Bill ist tot! Nathan ist auch kurz davor zu sterben! Was zur Hölle habt ihr vor?“
Carrie sah ernst aus, als sie die Tüte mit dem Herzen zur Hand nahm und sich neben Bill setzte. „Zur Abwechslung versuche ich mal, ein Leben zu retten, anstatt eines zu beenden.“
14. KAPITEL
Verwundet
Ziggys Vampirherz bei Bill zu transplantieren war bei weitem das Dümmste, was ich jemals getan habe.
Aber es stellte sich heraus, dass es auch das Brillanteste war, was ich jemals getan habe. Schon bevor ich meine Arbeit beendete, die ich recht schlampig ausgeführt hatte, zeigte sich, dass es funktionierte. Meine Technik bestand aus einer Mischung zwischen Improvisation, gesundem Menschenverstand, einer Ausgabe von Gray’s Anatomy und zu gleichen Teilen aus wagen Vermutungen und innigen Gebeten. Die Veränderung war an den anderen Organen sichtbar. Gleichzeitig erschrocken und fasziniert sah ich dabei zu, wie das Vampirblut begann, durch sein Herz zu fließen, und dort, wo ich die Venen fehlerhaft mit den Ventrikeln verbunden hatte, die Lücken schloss, während gelegentlich ein Gefäß platzte. Der linke Vorhof und ein Ventrikel zerbarsten vollständig, und
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