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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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bisschen, vielleicht. Dann müssen Sie Angelo zu mir sagen und den Commissario weglassen.»
    «Gut, Angelo!» Laura wich einer dicken Frau aus, die einen Gepäckwagen vor sich her schob.
    Umständlich verstaute Guerrini Lauras Tasche im Kofferraum, setzte sich endlich hinters Steuerrad.
    «Meinen Sie, dass wir vielleicht Zeit für einen Cappuccino in Florenz haben?», fragte sie, als er den Wagen anließ.
    Guerrini nickte.
    Eigentlich wollte ich dich zum Cappuccino einladen, dachte er und spürte, dass ihm ein Stück Kontrolle entglitt. Sollte er das gut oder schlecht finden?

D as Kutschpferd hob langsam den Schweif, sein After wölbte sich nach außen, und Laura lachte los, als die duftenden braunen Äpfel direkt vor dem runden Tischchen landeten, an dem sie und Guerrini saßen.
    «Ich entschuldige mich im Namen aller italienischen Pferde!», murmelte Guerrini und lächelte ein wenig gequält. «Es ist nicht besonders höflich, Gästen sozusagen auf die Füße zu scheißen!»
    «Aber es könnte Glück bringen», antwortete Laura. «Ich jedenfalls bin im Augenblick völlig zufrieden.»
    «Und warum, wenn ich fragen darf?»
    Laura wandte den Kopf und versuchte jedes Detail der Piazza della Signoria in sich aufzunehmen. Dann seufzte sie und sah Guerrini ernst an.
    «Weil ich dieses alte bucklige Pflaster unter meinen Füßen spüre, dort drüben der David von Michelangelo steht, weil die Uffizien noch an ihrem Platz sind, der Medici-Brunnen, die Loggia dei Lanzi, weil die Tauben und Mauersegler um den Turm des Palazzo Vecchio kreisen, weil es nach Pferdeäpfeln riecht und weil es die Stadt meiner Mutter ist und damit auch meine Stadt! Reicht das?»
    Guerrini starrte sie an, senkte dann verlegen den Blick.
    «Ja, das reicht!»
    Laura lehnte sich zurück, betrachtete den Commissario und fragte sich, warum er so verlegen war. Er sah viel zu gut aus, um verlegen zu sein. Männer wie er fingen normalerweise sofort einen heftigen Flirt an. Er trug keinen Ehering. Auch das war ungewöhnlich für einen Italiener seines Alters.
    Vielleicht ist er schwul, dachte Laura. Eigentlich war sie froh, dass er nicht den Latin Lover spielte, froh, mitten in Florenz zu sitzen und den Schaum ihres Cappuccino aus der braunen Tasse zu löffeln.
    Guerrini räusperte sich und blickte wieder auf.
    Bernsteinaugen, dachte Laura. Wäre schade, wenn er schwul wäre. Sie musste über ihren Gedanken kichern, rief sich aber gleich wieder zur Ordnung.
    «Ihre Mutter ist Florentinerin?»
    Laura nickte.
    «Deshalb Ihr Italienisch, nicht wahr?»
    Wieder nickte Laura. Sie wollte ihm nicht erzählen, dass ihre Mutter tot war, beschloss, eine gewisse Distanz zu wahren, und war erleichtert, als Guerrini auf seine Uhr sah.
    «Wir brauchen eine gute Stunde bis Siena. Doktor Granelli ist heute nur bis mittags in der Pathologie.»
    Er bezahlte die Cappuccini, obwohl sie es nicht zulassen wollte. Dann ging er voraus, bahnte ihr den Weg durch die Touristenströme, die auch Ende September die Stadt füllten. Der Wagen stand in der Nähe des Bahnhofs.
    Die Ausfallstraßen waren verstopft. Es war heiß, laut, stank nach Abgasen, aber Laura machte es nichts aus. Sie sah Rosen an abblätternden Hauswänden blühen, alte Frauen auf Stühlen neben der Straße sitzen, all die vertrauten italienischen Schilder. Wunderte sich, dass ein so lächerliches Wort wie «Bar» oder «Segafredo», nichts weiter als der Name einer Kaffeemarke, ein so außerordentliches Glücksgefühl in ihr auslösen konnte.
    Es dauerte mehr als eine halbe Stunde, ehe sie endlich die Schnellstraße nach Siena erreichten. Guerrini schwieg, und Laura war dankbar dafür. Sie nahm die grünen Hügel in sich auf und ließ sich tief in den Sitz des Lancia sinken. Irgendwann, nach zehn oder zwanzig Kilometern, räusperte sich Guerrini.
    «Ich sollte Ihnen ein wenig über den Fall erzählen. Denn es gibt schon einige Komplikationen. Meine Kollegen  aus Montalcino sind überzeugt, dass ein junger Mann aus der Gegend der Täter ist. Er sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Und er war mit Sicherheit am Tatort. Seine Spuren waren überall. Er ist … wie soll ich es ausdrücken … etwas zurückgeblieben, geistig behindert. Und er hat mehrmals Frauen belästigt.»
    Laura löste sich unwillig aus der köstlichen Erschlaffung und der Illusion, dass sie auf dem Weg in den Urlaub war.
    «War er’s?», fragte sie.
    «Ich weiß es nicht.»
    «Überhaupt nicht?»
    Guerrini lächelte.
    «Wenn ich meinem Instinkt

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