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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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sagte sie. «Ich bin zu müde, um klar denken zu können. Vielleicht gibt es einen Ansatz. Zwischen den Mitgliedern der Gruppe scheint ein reges Liebesleben geherrscht zu haben. Im Zentrum stand dieser Berger. Was ich zwar nicht verstehen kann, aber vielleicht hat er ja seine Qualitäten.»
    Guerrini blies bedächtig eine lange Rauchfahne in den Raum, nickte dankend, als die kleine Frau zwei Tässchen mit schwarz schäumendem Espresso auf den Tisch stellte.
    «Ist das üblich in solchen Gruppen?», fragte er langsam. «Sie haben doch Erfahrung, oder?»
    «In den Gruppen, die ich mitgemacht habe, gab es auch solche Momente … Die Menschen sind sehr offen, sehr bedürftig, wenn sie anfangen, etwas über sich selbst zu erfahren. Manche begreifen zum ersten Mal, was sie bisher versäumt haben, wonach sie sich sehnen … und sie haben vermutlich niemals zuvor andere so genau kennen gelernt. In so einer Gruppe kommen Fremde sich näher als ihrem Ehepartner. Klingt verrückt, aber es ist tatsächlich so.»
    Guerrini betrachtete Laura aus halb geschlossenen Augen, schlürfte den schwarzen Kaffee, überlegte, ob auch sie eine solche Affäre hinter sich hatte. Sie strich ihre Locken zurück und lächelte.
    «Ich habe mich zurückgehalten, falls es Sie interessiert. Habe mich mit Phantasien begnügt …»
    «Mit welchen?» Er beugte sich vor, sein Arm streifte beinahe ihre Schulter.
    «Ich glaube nicht, dass ich Ihnen darüber Auskunft geben muss, Commissario!»
    Guerrini schob die kleine braune Tasse hin und her.
    «Sind Sie verheiratet, Laura?»
    «Geschieden, zwei Kinder, ein alter Vater! Und Sie, Angelo?»
    «Getrennt, keine Kinder, ein alter Vater!»
    Zwei Teller mit dampfenden Spaghetti Funghi wurden vor sie hingestellt. Laura war froh über diese Unterbrechung. Das Gespräch wurde zu intim. Sie rückte ihren Stuhl ein bisschen von ihm ab.
    «Buon appetito », sagte er.
    Laura nickte abwesend, drehte Spaghetti über ihre Gabel.
    «Gut», murmelte Guerrini nach dem ersten Bissen. «Es ist also üblich, dass in Selbsterfahrungsgruppen gewisse Abenteuer ablaufen. Ist es denkbar, dass hier ein Motiv liegen könnte?» Er fischte eine große Pilzscheibe aus seinen Nudeln und kaute genüßlich.
    Laura schüttelte den Kopf.
    «Ich glaube nicht. Es sei denn, einer der Beteiligten wäre ein echter Psychopath. Meine Überlegungen gehen eher dahin, dass einige der Mitglieder sich bereits aus München kannten. Dieser Berger, den Sie offensichtlich auch sofort ins Herz geschlossen haben, und die kranke Rosa Perl sind beide Klienten der Therapeutin. Sie sind beide noch am Leben. Warum sollte Berger eine junge Frau umbringen, die seinem Bedürfnis nach sexueller Bestätigung diente?»
    «Sexuelle Bestätigung klingt schrecklich», murmelte Guerrini und ließ seine Gabel sinken. «Es entbehrt jeglicher Romantik. Eine sehr deutsche Formulierung.»
    Laura lachte auf.
    «Glauben Sie, dass ein italienischer Papagallo etwas anderes sucht als sexuelle Bestätigung? Ich denke, da ist überhaupt nichts Romantisches dabei!»
    «Gut, gut!» Guerrini hob beide Hände. «Sie haben wahrscheinlich Recht. Was ist mit dieser Rosa Perl? Könnte sie eifersüchtig sein?»
    Laura zuckte die Achseln.
    «Kaum. Die Frau ist offensichtlich sehr krank und
    nicht besonders kräftig. Sie dürfte nicht in der Lage sein, einer jungen Rivalin einen Stein auf den Schädel zu hauen und sie durch den Sand zu schleifen. Ich denke, dass mein Kollege in München kräftig recherchieren muss und dass wir lange Gespräche im Kloster vor uns haben.»
    «Sie!», grinste Guerrini. «Ich falle für diese Gespräche aus!»
    «Ich werde übersetzen, Commissario. Außerdem haben wir noch immer Ihren Giuseppe Rana, nicht wahr?»
    «Ja», sagte Guerrini leise und schob seinen Teller zurück. «Und ich hoffe, dass wir ihn bald aus dem Gefängnis holen können. Er sitzt Tag und Nacht in einer Ecke, verweigert jede Nahrung.» Er beugte sich weit vor. «Ich will nicht, dass er so entwürdigt wird, verstehen Sie das? Die italienischen Gefängnisse sind nicht der richtige Ort für hilflose Menschen. Ich traue den Wärtern nicht. Sie fühlen sich zu mächtig!»
    Wieder wich Laura zurück. Sie konnte ihn riechen, fast spüren. Doch in diesem Augenblick klingelte das Handy in ihrem Rucksack. Ihr Herz schlug heftig.
    «Gottberg!», flüsterte sie.
    «Bist du das, Laura?»
    «Ja, Papa!»
    «Stehst du schon wieder vor einer Leiche?»
    «Nein, Papa! Ich sitze in einer Osteria und habe gerade

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