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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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Steine.
    «Aber sie ist genauso passiert, wie ich es erzählt habe. Wie eine symbolhafte Wiederholung.»
    «Glauben Sie an eine höhere Macht? An einen Gott?», fragte er und trommelte mit seinen Fingern ungeduldig auf das Steuerrad.
    «Ja», antwortete Laura. «Manchmal mehr, manchmal weniger. Und Sie?»
    «Meistens weniger», murmelte er und gab Gas.
    «Weniger?»
    «Na, solange es nichts mit der offiziellen Kirche zu tun hat.» Er lenkte den Wagen in den Hof des Gerichtsgebäudes und parkte in einer winzigen Lücke, stieß noch einmal zurück. «Steigen Sie besser hier aus, sonst wird es verdammt eng.»
    Warmer Regen fiel vom Himmel. Guerrini quetschte sich durch den schmalen Spalt, der zwischen den parkenden Autos blieb, rückte sein Jackett zurecht, als er wieder neben ihr stand.
    «Wappnen Sie sich», sagte er. «Sie werden gleich Bekanntschaft mit einem kleinen Gott machen, der ganz so über Menschen entscheidet, wie er es für richtig hält. Ich habe mir an ihm schon einige Male die Zähne ausgebissen!»
    « The Germans to the front , was?», lächelte Laura.
    «Ja, bitte! Ich bin gespannt!»
    Sie flüchteten aus dem Regen in den Eingang des düsteren Gebäudes. Hinter einer Glasscheibe nickte ihnen ein hagerer Mann mit schütterem schwarzem Haar zu.
    «Ah, Commissario. Der Richter wartet schon auf sie. Er ist nicht sehr gut gelaunt, denn er musste Ihretwegen eine Verabredung absagen. Sie kennen Ihn ja, eh!» Der dünne Mann hob beide Arme und gleichzeitig die Augen zur Decke.
    «Jaja, Leonardo! Ich kenne ihn!» Auch Guerrini hob die Arme.
    «Ich melde Sie an, Commissario. Gehen Sie ruhig.»
    Guerrini fasste Laura leicht am Arm und führte sie zu einem altertümlichen Aufzug. Quietschend setzte sich die hölzerne Kabine in Bewegung, gewann ganz allmählich Fahrt und hielt im dritten Stock so plötzlich an, dass sie Mühe hatten, ihr Gleichgewicht zu halten.
    «Avanti!» , sagte Guerrini. «Auf in den Kampf!»
    Laura folgte ihm über einen muffigen Gang in das kleine Vorzimmer des Richters und hätte beinahe losgelacht, als auch die junge Sekretärin die Arme hob, wie zuvor der Mann am Eingang und Guerrini.
    «Commissario Guerrini! Ein Glück, dass Sie endlich da sind. Er ist … na, Sie wissen ja. Er musste ein wichtiges Treffen mit dem Vizebürgermeister absagen. Wenn er so ist, dann würde ich am liebsten kündigen, aber nachdem es in dieser Stadt keine anderen Jobs gibt …!» Sie zwinkerte mit dem rechten Auge und ging zu der Tür, die offensichtlich zum Richter führte. Dann riss sie ihre großen dunklen Augen weit auf, holte Luft und klopfte. Ein undefinierbarer Laut drang durch die Tür, die junge Frau nickte und drückte auf die Klinke. Durch einen Spalt rief sie: «Commissario Guerrini und eine Dame sind hier!» Sie stieß die Tür ganz auf, trat einen Schritt zurück und machte eine einladende Armbewegung. «Bitte, der Richter erwartet Sie!»
    Mein Güte, dachte Laura. Das ist ja noch schlimmer als bei unserem Chef.
    Das Büro des Untersuchungsrichters war groß und mit klobigen dunklen Möbeln ausgestattet. Richter Quatrocchi stand am Fenster und wandte ihnen den Rücken zu. Er drehte sich erst um, als sie bereits vor seinem Schreibtisch angekommen waren.
    «Ah, Guerrini!», sagte er, sah den Commissario aber nicht an, sondern ließ seine Augen über Laura wandern – von Kopf bis Fuß. Doch er sprach sie nicht an. Erst als Guerrini seine deutsche Kollegin vorstellte, verbeugte er sich knapp.
    «Ich habe nicht viel Zeit. Falls es wieder um diesen Rana geht, wird es hoffentlich nicht lange dauern!»
    Mit einiger Verzögerung bot der Richter ihnen zwei Stühle an und ließ sich seufzend in den gewaltigen Ledersessel hinter seinem Schreibtisch sinken.
    «Also, was ist los, Guerrini?»
    Laura konnte das leise Vibrieren in Guerrinis Körper spüren. Sie befürchtete, dass er dem Richter im nächsten Augenblick an die Gurgel gehen könnte. Doch Guerrinis Stimme war auffallend ruhig, als er antwortete. Quatrocchi war klein, kurzhalsig und ein wenig zu fett. Aber sein Anzug saß tadellos, Maßarbeit. Die Augen des Richters quollen aus ihren Höhlen hervor, als litte er unter der Basedow-Krankheit. Dieser Anblick bei diesem Namen, musste Laura denken; denn Quatrocchi bedeutete so viel wie Vierauge – wieder ein Detail, das sie ihrem Vater erzählen musste.
    «Es gibt neue Erkenntnisse», sagte Guerrini mit dunkler Stimme. «Der Verdacht gegen Rana ist meiner Meinung nach damit hinfällig. Meine deutsche

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