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Nacht der Vampire

Nacht der Vampire

Titel: Nacht der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Giles
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sprach nur wenig. Sie hörte Duffy und dem dunkelhaarigen Fremden namens Zachary Hale zu, versuchte, das Gehörte zu verstehen und normal darauf zu reagieren.
    Das Telefon schrillte. Duffy hob ab. Ehe Duffy und Mr. Hale gekommen waren, hatte es noch zweimal geläutet, aber sie hatte sich nicht herangewagt. Duffy hielt den Hörer ans Ohr. Sein Gesicht wurde hart. Er knurrte eine Verwünschung und hängte auf.
    »Schon wieder einer«, sagte sie.
    »Ein Verrückter!«
    »Die glauben, ich hab’s getan.«
    Sie wußte genau, was die Leute von ihr glaubten. Eine junge Frau namens Bonnie Wallace war am Westende des Sees tot aufgefunden worden. Ihre Leiche war entsetzlich verstümmelt, als sei sie von einem wilden Tier zerrissen worden. Man hatte die Tote einige hundert Meter von diesem Haus entfernt entdeckt.
    Der Besuch des Sheriffs und des Hilfssheriffs riß sie aus ihren Grübeleien. Der Sheriff war ein großer Mann mit einschmeichelnder Stimme und einem unerschütterlichen Lächeln. Er begrüßte Duffy und Mr. Hale wie alte Freunde und entschuldigte sich damit, daß er natürlich mit jeder Person in der Nähe des Tatorts sprechen müßte, um vielleicht einen Hinweis zu erhalten.
    »Oh, den kriegen wir schon«, sagte er. »In solchen Fällen kriegen wir ihn oder es oder was es auch immer war.« Sein Blick wanderte zu Roxanne. Sie wußte, daß auch er sie erkannt hatte.
    »Ich finde, du solltest abreisen«, sagte Zachary Hale, nachdem der Sheriff und sein Assistent gegangen waren.
    »Wir bleiben«, antwortete Duffy.
    »Darf ich fragen, warum?« Zachary Hale saß Roxanne gegenüber und bewegte sich genausowenig wie sie. Trotz seiner schmächtigen Erscheinung hatte er etwas von einem Buddha an sich.
    Duffy lief im Zimmer auf und ab. »Die Flucht von einer unbequemen Situation ist eine psychische Gefahr, die größer ist als die physische Gefahr, die unter Umständen mit dem Bleiben verbunden sein mag. Außerdem haben wir bisher noch keinen Grund, mit einer ernsten physischen Gefahr zu rechnen.«
    »Was sagst du da?« Die Ruhe Zachary Hales war also doch zu erschüttern. »Duff, eine Frau ist  ermordet  worden —«
    »Ich spreche von einer Gefahr für Roxanne — wegen dieses lächerlichen Aberglaubens vom Wolfmädchen.« Duffy zögerte. »Roxanne ist jahrelang schweren psychologischen Belastungen ausgesetzt gewesen, Zack.«
    »Sicher. Vergiß nicht, daß auch ich hier aufgewachsen bin.«
    »Wenn sie abreisen will, bin ich natürlich dazu bereit. Aber ich glaube, daß ein fluchtartiger Aufbruch gar nicht gut für sie wäre.«
    »Und der Zirkel läßt dich kalt?«
    Duffy lachte und machte eine wegwerfende Handbewegung. Roxanne bemühte sich, Hales Worte zu verstehen. Was war das mit dem Zirkel...
    Zachary lächelte. »Zum Glück hast du dir deinen Sinn für Humor bewahrt. Trotzdem läßt sich nicht leugnen, daß die Umstände höchst merkwürdig sind — viel sonderbarer, als unser guter Sheriff ahnt.«
    »Willst du es ihm sagen?«
    »Wo denkst du hin.«
    »Und hast du die Absicht abzureisen?«
    »Nein. Aber ich trage auch eine besondere Verantwortung.«
    »Ich auch. Glaubst du, daß Ward und Jeanne abreisen werden?« Zachary Hale schüttelte den Kopf. »Dazu sind die viel zu neugierig. Ward läßt sich leider nicht abschrecken. Und Jeanne würde ihn wohl kaum allein zurücklassen.«
    »Und Lily Bains?«
    »Hoffen wir, daß sie jetzt nach diesem tragischen Ereignis ihre Zelte abbricht.«
    »Aber sie hat sich noch nicht dazu entschlossen?«
    Wieder schüttelte Zachary Hale den Kopf. »Ich sage ihr schon seit langem, daß sie von hier wegziehen soll, aber sie behauptet, sie wüßte nicht wohin. Hier ist sie zu Hause, und hier will sie auch bleiben.«
    »Na, bitte. Dann hat also jeder von uns einen Grund.«
    »Genau das macht mir ja Sorgen. Durch einen geradezu fantastischen Zufall sind wir alle zu einem bestimmten Zeitpunkt hier, genau wie wir es geschworen haben. Und jeder ist entschlossen zu bleiben — selbst nach Bonnies Tragödie. Und Bonnie bleibt natürlich erst recht, weil sie tot ist.«
    Die letzten Worte Zachary Hales lösten eine beklemmende Stille aus. Duffy hörte auf, rastlos durchs Zimmer zu laufen, und blieb reglos im kalten Sonnenschein stehen. Er hat die Klimaanlage zu stark aufgedreht, dachte Roxanne. Ihre Zähne klapperten wie im Fieber.
    Nein, dachte sie. Das ist nicht die Klimaanlage. Das ist der Schreck. Und wenn sie sich nicht gut beherrschte, würde Duffy ihre Verfassung erraten.
    Sie zwang sich zu

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