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Nacht der Vampire

Nacht der Vampire

Titel: Nacht der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Giles
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begriff, welchen Schatz er an dir hatte.«
    »Narren waren wir alle. Ein verrückter Haufen sexbesessener Teenager, die man in die Besserungsanstalt geschickt hätte, wenn sie erwischt worden wären. Aber mach dir meinetwegen keine Vorwürfe, Duffy. Jedes Leben bringt Risiken mit sich, und ich habe mich eben auf ein Risiko eingelassen. Deshalb kann ich nicht behaupten, ein anderer hätte mein Leben ruiniert.«
    »Trotzdem trage ich eine gewisse Verantwortung —«
    »Von der ich dich hiermit freispreche. Vergiß nicht, jeder von uns hat einiges auf dem Gewissen. Aber ich bedaure nichts, was zwischen uns geschehen ist. . .«
    Sie sprach mit großer Oberzeugung, um diesen Worten Nachdruck zu verleihen. Er glaubte ihr, und das hätte seine Illusionen über ihre Unschuld zerstören müssen.
    Er betrachtete sie. Sie lächelte ihn an wie ein Engel.
    »Jetzt muß ich wieder in die Bibliothek«, sagte sie schließlich. »Ich wollte gar nicht so lange fortbleiben.«
    »Darf ich dich wiedersehen?«
    »Aber natürlich!« antwortete sie überrascht. »Ich wäre ausgesprochen enttäuscht, wenn es anders wäre.«
    »Ich könnte tagelang mit dir sprechen.«
    »Mir geht es genauso.«
    »Morgen also?«
    Sie zuckte die Achseln. »Wenn du willst.«
    Er begleitete sie zur Bibliothek. Dann stand er in der glühenden Nachmittagssonne, die ihm nicht mehr halb so lästig erschien wie zuvor. Es war um nichts kühler geworden, und die staubbeladene Luft war zum Ersticken. Trotzdem konnte er atmen. Er fühlte sich sehr wohl.
    Dann fiel ihm Roxanne ein. Mit schleppenden Schritten ging er zum Wagen.
     
    Die Zeit schlich zäh dahin. Wann hatte Duffy zurück sein wollen? Bald. Aber er hatte erwähnt, daß er Bekannte besuchen würde, und das brauchte bestimmt länger. Sie überlegte, wen er eigentlich treffen wollte.
    Sie legte sich aufs Bett und versuchte zu schlafen. Zweimal schrillte das Telefon.
    »Ich kann nicht schlafen, Duffy«, sagte sie laut und stand wieder auf.
    Eine Stunde . . . zwei Stunden . . . drei Stunden . ..
    Langsam wurde sie wütend. Duffy hatte Nerven, sie einfach allein zu lassen! Wo sich ein Verrückter in der Gegend herumtrieb, der Frauen auf die gräßlichste Weise umbrachte! Und wo die halbe Einwohnerschaft davon überzeugt war, daß sie dieser Verrückte war — dabei konnte sie ganz leicht das nächste Opfer sein!
    Er ließ es sich gutgehen, und sie war ans Haus gefesselt wie eine Gefangene.
    Ihre Empörung wuchs. Warum sollte sie sich eigentlich einsperren? Sie hatte nichts verbrochen. Der Schreck über den Telefonanruf von heute morgen war überwunden. Sollte das Telefon wieder läuten, würde sie sich melden.
    Sie beschloß, schwimmen zu gehen.
    Es war ein strahlendschöner Sommernachmittag und sengend heiß. Ideales Badewetter.
    Zum Teufel mit Duffy!
    Im gleichen Augenblick hörte sie seinen Wagen vorfahren.
    Sofort war ihre Wut verflogen. Sie riß die Tür auf. Duffy kletterte bereits mit einem braunen Papiersack aus dem Wagen. »Hilf mir, die Lebensmittel rasch ins Haus zu bringen«, sagte er und lachte ihr zu. »Die Eiscreme ist in diesem Backofen sicher schon geschmolzen!«
    »Gib mir den Sack! Du nimm den anderen!«
    Sie beugten sich zueinander, und er reichte ihr die Tüte. Ihre feine Nase unterschied sofort verschiedene köstliche Gerüche. Vanille und Milch — Eiscreme. Schokoladenduft — vermutlich eine Eistorte. Steak — das roch sie sogar durch die Plastikhülle durch. Dann gab es frisch angeschnittenen Schweizer Käse und —
    Da war noch ein anderer Geruch —
    Er unterschied sich ganz deutlich vom Rest und hatte kaum etwas mit Nahrungsmitteln zu tun. Sie konnte ihn nicht einstufen.
    Dann wurde ihr klar, daß der Geruch nicht aus der Papiertüte stammte. Nein. Er kam von Duffy oder — genauer gesagt, von Duffys Kleidung. Es war ein ganz schwacher, aber sehr eigenwilliger Duft.
    Parfüm. Und zwar ein Parfüm, das sie nicht kannte . . .

8
    Täglich entdeckte sie das Parfüm aufs neue, wie einen frischen Fleck.  Ich kämpfe auf verlorenem Posten,  dachte sie.
    Duffy hatte sie nach Sanscoeurville gebracht, weil er sich davon ihre Heilung erhofft hatte. Inzwischen sprach er nie mehr von diesem Zweck der Reise. Sie selbst hatte eine Auffrischung ihrer Ehe erwartet, aber jetzt fühlte sie, daß die Kluft zwischen ihnen immer tiefer wurde.
    Wir streiten nicht einmal mehr,  dachte sie.  Wir benehmen uns wie Freunde. Weiter nichts.
    Sie waren höflich zueinander. Ab und zu aßen sie gemeinsam, gingen

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