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Nacht der Vampire

Nacht der Vampire

Titel: Nacht der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Giles
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»Wovon sprichst du?«
    »Von der Blonden aus der Bibliothek. Das ist Lily Bains, nicht wahr? Liebst du sie?«
    In Duffys Gesicht arbeitete es, ohne daß er ein Wort sagte. Er starrte sie nur an. »Wie kommst du auf diese Idee?«
    »Ich habe sie gesehen. Und ihr Parfüm gerochen. Es ist ein ausgefallener Duft, den nur sie benützt. Und du kommst täglich mit diesem Duft heim.«
    Duffy starrte sie unverwandt an. Schließlich knipste er eine Lampe aus. Damit brannte nur mehr die Lampe neben Roxannes Bett. Er stützte sich auf seiner Seite des Doppelbetts auf den Ellbogen. Noch immer sagte er kein Wort und sah sie an, als wollte er ihre Gedanken lesen.
    Roxanne drehte sich herum, um ihn besser sehen zu können. Sie hatte nicht mit dieser Aussprache gerechnet. Zumindest nicht heute abend. Aber sie mußte endlich loswerden, was sie seit längerer Zeit bedrückte. Die Kluft zwischen ihr und Duffy verbreiterte sich ständig, und wenn sie ihn nicht endgültig verlieren wollte, mußte sie den Mut zum Sprechen finden.
    »Das belastet mich schon seit langem«, sagte sie. Dann verließ sie der Mut.
    »Nur weiter«, sagte Duffy leise.
    »Du hast sie getroffen. Vielleicht auch die anderen Mitglieder eurer ... Sekte. Sie jedenfalls hat sich durch ihr Parfüm verraten, und ich habe gespürt, daß du und sie .. . und als ich schließlich dahinterkam, wessen Parfüm es war und sie gesehen habe und sie schön war . . .«
    Jetzt schämte sich Roxanne beinahe. Sie wandte sich ab und kehrte Duffy den Rücken zu.
    Aber sie zwang sich weiterzusprechen. »Ich war eifersüchtig. Das dürfte wohl auch heute die Sinnestäuschung ausgelöst haben. Ich war schrecklich wütend und — und . . . Wenn ich mich aufrege, ist es immer am ärgsten, das weißt du. Schlimm ist es jedesmal... ob ich nun wirklich aufstehe und laufe und jage — und — töte .. . oder ob ich es bloß träume . . . Aber bei seelischen Belastungen wird es am ärgsten.«
    Das Sprechen fiel ihr etwas leichter, und sie sagte viel mehr, als sie ursprünglich beabsichtigt hatte. »Schließlich fing die ganze Sache an, als ich noch ein Kind war, und zwar als Folge einer Aufregung. Und kam wieder, als mir klar wurde, daß ich bald ins Abitur steigen und dann auf eigenen Füßen stehen würde, ohne den Schutz einer Schule, die mir als Ersatz für ein Zuhause gedient hat. Und später, als ich einsehen und befürchten mußte, daß unsere Ehe etwas anderes war als lebenslängliche Flitterwochen, da kam es erneut wieder, und unsere Ehe ging doppelt so rasch in die Brüche. Natürlich wurde dann alles schlimmer.«
    Sie schwieg, aber auch Duffy blieb stumm.
    Sie drehte sich auf den Rücken und sah zu ihm auf. Er lächelte schwach.
    »Das wolltest du mir schon längst sagen, nicht wahr?« fragte sie schließlich.
    Er nickte.
    »Nur mußte ich selbst dahinterkommen.«
    Wieder nickte er.
    »Jetzt weiß ich es also . . . vielleicht wird es dadurch besser?«
    »Sicher. Nach und nach.«
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die ausgetrockneten Lippen. Dann zwang sie sich, die schwierige Frage auszusprechen.
    »Oder ist es für uns schon zu spät?«
    Duffy lächelte, aber seine Augen waren tief traurig. »Was meinst du?« fragte er.
    »Ich weiß es nicht. Jetzt ist eine andere aufgetaucht. Und du hast mich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr begehrt. Ich will gar nicht glauben, daß du mich noch liebst, weil ich solche Angst habe, mich zu täuschen. Aber auch wenn du mich nicht liebst, Duffy — ich werde dich immer lieben. Da kann geschehen, was will.« Sie schrie leise unter seiner Berührung auf. Dann küßte er sie auf den Mund. Zum erstenmal nach langer Zeit hielt sie ihn wieder umschlungen und zog ihn ganz an sich.
    Das störende Badetuch schob sie beiseite.
    Ihr Atem ging regelmäßig. Das Licht der Nachttischlampe fiel ihr ins Gesicht, aber es störte sie nicht. Sie lächelte im Schlaf, wie sie es seit Monaten nicht mehr getan hatte. Duffy drückte ihr einen leisen Kuß auf jedes Auge, griff über sie hinweg und knipste das Licht aus. Dann legte er sich hin.
    Er dachte an Lily.
    Tja, das war vorbei. Eigentlich mußte er froh sein, daß die Sache noch nicht weiter gediehen war. Daraus hätte leicht eine unwiderrufliche Bindung entstehen können. Jetzt kam eine solche Bindung nicht mehr in Frage, und wenn er klug war, dann beschwerte er sich gar nicht erst mit Gedanken wie: »Was wäre gewesen, wenn .. .« Ja, vermutlich hatte er Lily geliebt oder war knapp daran gewesen, sich in sie zu

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