Nacht der Versuchung
Monika wurde dick und rund und braun und strampelte fröhlich ihrem jungen Leben entgegen.
Nur manchmal überfiel Margit eine dumpfe, geheime Traurigkeit. Sommer … Meer … Strand … der Bootssteg … das alles erinnerte sie an ihre Ferien im vergangenen Jahr. Dieses farbenprächtige, heiße, südliche Stück Mittelmeer war nicht die Ostsee, natürlich nicht. Und der Mann an ihrer Seite, der sie mit seiner unendlichen Liebe und Zärtlichkeit umgab, der sie und das Kind verwöhnte und umhegte, dieser Mann war auch nicht Fred Pommer, gewiß nicht. Und doch wichen die Schatten der Erinnerung nicht von ihr.
Fred ist in der Firma, dachte sie immer wieder. Klaus sagt, daß er sich ausgezeichnet eingearbeitet hat, auch in den Tagesberichten der Direktion steht das, die immer hier ankommen. Aber hat er wirklich sein Leben geändert? Arbeitet er wirklich ehrlich? Oder plant er bereits eine neue Teufelei?
Anfang September kehrten sie nach Hamburg zurück. Eine Woche später besuchte Margit ihren Mann gegen zwölf Uhr in seinem Chefbüro. Sie hatte die kleine Monika mitgebracht. Sie war mit ihr bei den Eltern gewesen und wollte Klaus nur rasch das neue Mäntelchen zeigen, das sie für die Kleine gekauft hatte.
Da meldete die Sekretärin Herrn Pommer.
Margit preßte die Lippen aufeinander. Ausgerechnet jetzt! Und sie konnte nichts dagegen tun, daß Klaus unbefangen sagte: »Er soll ruhig reinkommen! Dann kannst du ihn gleich mal begrüßen, Margit!«
Aber der allergrößte Schock stand ihr noch bevor. Dieser Schock kam, als Fred Pommer ins Chefzimmer trat, gutgelaunt, in einem tadellosen, unauffälligen grauen Anzug, ganz dezent nach Eau de Cologne duftend.
Er kam nicht allein. Hinter ihm erschien eine Dame, eine sehr attraktive blonde Dame in raffiniert einfachem Pariser Schneiderkostüm. »Ach, Frau Blankers!« rief sie und kam lächelnd auf Margit zu.
Die Dame war Sonja Richartz.
Margit verschlug es den Atem. Sie stand da, hielt das Kind an sich gepreßt, und ihr Herz begann zu hämmern. Sonja Richartz und Fred Pommer, dachte sie. Ausgerechnet die beiden haben zusammengefunden. Eine doppelte Gefahr für mich, eine tödliche Bedrohung.
»Guten Tag«, würgte sie hervor.
»Blendend sehen Sie aus«, sagte Sonja Richartz lächelnd. »Und wie süß die Kleine ist! Das Glück strahlt einen nur so an.« Sie setzte sich unbefangen in einen Sessel und ließ den Rock hoch über die schönen Beine rutschen. »Ich wünschte, ich könnte auch so strahlen«, fügte sie seufzend hinzu.
Pommer trat hinter sie und räusperte sich. »Herr Blankers, es ist … Frau Richartz hatte mit mir gesprochen … ich meine …« Er verlor den Faden und geriet ins Stottern. Mit Margits Anwesenheit im Chefzimmer hatte er nicht gerechnet. Sie störte sein Konzept.
Und dann sah er Blankers' abweisende Miene. O je, dachte Pommer. Das geht schief. Wenn mir wenigstens noch ein elegantes Rückzugsmanöver einfiele …
Es war Margit, die der Situation eine Wendung gab. Sie wandte sich an ihren Mann: »Ich muß gehen, Klaus. Ich wollte ja ohnehin nur kurz vorbeischauen. Tschüß, bis heute abend.« Sie nickte Sonja Richartz und Fred Pommer kurz und kühl zu und verließ das Zimmer. Klaus Blankers machte keinen Versuch, sie zurückzuhalten.
Dann wandte er sich Sonja Richartz zu. »Ich bin erstaunt, daß Sie es wagen, sich wieder bei mir blicken zu lassen«, sagte er kalt. »Habe ich Ihnen nicht deutlich genug zu verstehen gegeben, daß ich auf Ihre Besuche keinen Wert lege?«
Sonja Richartz wurde blaß unter dem Make-up. Hilfesuchend sah sie sich nach Pommer um.
»Herr Blankers, entschuldigen Sie bitte, aber es geht um die Firma von Frau Richartz …«, begann Pommer.
Klaus Blankers unterbrach ihn mit einer Handbewegung. »Wie kommen Sie überhaupt dazu, sich in diese Angelegenheit einzumischen, Herr Pommer?« fragte er scharf. »Ihre Aufgabe ist die Spesenabteilung. Über Fusionspläne entscheide ich!«
»Es tut mir leid … ein Mißverständnis … ich dachte nur …« Pommer wand sich.
Sonja Richartz stand auf. »Schon gut, schon gut.« Sie rang mühsam um Beherrschung, ihre Lippen zuckten vor verhaltener Wut. »Herr Pommer ist unschuldig. Ich hatte mich an ihn gewandt und ihn überredet, ein gutes Wort für mich einzulegen. Nun ja.« Sie zuckte mit den Schultern, warf den Kopf zurück. »Fehlanzeige. Leben Sie wohl, Herr Blankers. Ich hätte es mir denken können.«
»Guten Tag«, erwiderte Blankers. Und dann: »Sie, Herr Pommer, bleiben
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