Nacht der Versuchung
Blankers angesetzt worden war, mit der Sie angeblich nie etwas zu tun hatten. Seltsamer Zufall, nicht wahr?«
»Ja, seltsamer Zufall«, echote er.
Sonja Richartz gab es vorläufig auf. Natürlich lügt er, dachte sie. Irgendwann einmal wird er die Wahrheit sagen. Wer weiß, vielleicht noch heute nacht …
Sie drehte sich zu ihm hin, langsam, mit trägen, aufreizenden Bewegungen. Das enge grüne Kleid spannte sich um ihren Körper wie ein Futteral. Eine Schlange, dachte Pommer. Eine schöne, erregende, schillernde, gefährliche Schlange. Ich muß auf der Hut sein.
»Fred«, sagte sie jetzt mit ihrer dunklen, schmeichelnden Cellostimme. Ihre Hände berührten die Revers seiner Jacke. »Wollen wir uns wirklich so weiter streiten? Wo wir doch beide in einem Boot sitzen? Sagen Sie mir lieber: Was wollen Sie demnächst tun? Ich meine, um Blankers doch noch umzustimmen?«
»Schwer zu sagen.« Er zuckte mit den Schultern. »Offen gestanden … ich an Blankers' Stelle würde Ihren Pleiteladen auch nicht kaufen. Verzeihen Sie die Offenheit.«
»Bitte, bitte.« Sie ließ sich seufzend zurückfallen. »Ich liebe es, wenn Sie offen zu mir sind, Fred. Leider sind Sie es viel zu selten.«
Er gab keine Antwort, hielt das Glas in der Hand, ließ den Whisky darin kreisen.
»Und wenn er meiner Firma wenigstens Aufträge gäbe?« meinte sie. »Ich könnte Blankers ebensogut wie jeder andere elektrische Ausrüstungen und dergleichen liefern. Gegen langfristige Kredite, damit ich meine Gläubiger endlich beruhigen kann.«
»Hm.« Pommer dachte nach. »Und wie soll ich es Blankers beibringen, nach dem Reinfall heute mittag?«
»Aber Fred!« Sie lehnte sich leicht gegen ihn. Es war eine Berührung, die ihm heiße Wellen über die Haut jagte. »Sie sind doch sonst so erfinderisch.«
»Danke für das Kompliment.« Vorsichtig legte er den Arm um ihre Schulter. Sie ließ es sich gefallen. »Wie haben Sie sich eigentlich Ihre Gegenleistung an mich vorgestellt?« fragte er leise.
Sie wandte ihm das Gesicht zu. Ihre Lippen schienen in diesem Moment noch voller und verlockender, ihre Augen noch schillernder, ihr Lächeln noch verführerischer. »Ist das so schwer zu erraten, mein Lieber?« flüsterte sie.
Er küßte sie, und diesmal wehrte sie ihn nicht ab. Sie spürte, daß sie ihm endlich nachgeben mußte, daß sie ihn nur noch bei Laune halten konnte, wenn sie seine seit langem drängenden Wünsche erfüllte. Und so gab sie sich seiner Umarmung mit aller Leidenschaft und Heftigkeit hin, deren sie fähig war.
Immer wilder, immer heißer preßten sich ihre Lippen gegen seinen Mund. Ihre Hände umschlossen seinen Nacken, ihre Nägel bohrten sich leicht in seine Haut, ihre Brust drängte sich an ihn, ihr Atem wurde heftig und unregelmäßig, ein heißes, mitreißendes Stakkato der Liebe.
»Mein Liebster«, hauchte sie an sein Ohr. »Wir beide gehören zusammen. Ich habe es schon gefühlt, als ich dich zum erstenmal sah …«
Er blieb bis zum nächsten Morgen.
*
Margit Blankers verbrachte eine unruhige, qualvolle Nacht. Lange lag sie wach neben ihrem Mann, der zufrieden und glücklich mit tiefen Atemzügen schlief. Sie starrte in die Dunkelheit und wartete darauf, daß hinter den Fenstern der Morgen graute.
Die Gedanken wirbelten in ihr. Woher kennt Sonja Richartz bloß Fred Pommer? Wie gut kennt sie ihn? Damals, auf dem Tennisplatz, fragte sie: ›Wer ist Fred?‹ Wußte sie da schon, wer er war? Und wenn sie es gewußt hat – warum schwieg sie damals? Was hat sie vor?
Oder ist alles genau umgekehrt gewesen? Hat Fred Pommer sich an Sonja Richartz herangemacht, um mit ihrer Hilfe eine neue, noch unbekannte Gemeinheit gegen Klaus und mich auszuhecken? Wer benutzt wen als Mittel zum Zweck? Gedanken, Vermutungen, Ängste, Vorwürfe. Und über allem immer die große, peinigende Frage: Was wird geschehen, wenn Klaus die Wahrheit erfährt? Wird unser Glück zusammenbrechen? Wird unser Kind schon als Säugling keine Eltern mehr haben?
Einmal in dieser Nacht stand Margit leise auf, schlich hinüber zum Kinderzimmer, beugte sich über das Bettchen und sah in das dicke, runde Gesichtchen der kleinen Monika. Ein Schluchzen würgte in ihrer Kehle, als sie zurückging und sich zu ihrem Mann auf die Bettkante setzte.
Du schläfst, dachte sie. Du schläfst so sorglos und zufrieden. Du hast eine junge Frau, ein hübsches Kind, eine große Fabrik und keine Geldsorgen. Du bist ein Glückskind des Schicksals, Klaus Blankers. Und was wirst du tun,
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