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Nacht der Versuchung

Nacht der Versuchung

Titel: Nacht der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nach unten, grüßte den Portier in der Rezeption und trat hinaus auf die Straße. Dort winkte er eines der wartenden Taxis heran, stieg ein und sagte mit völlig normaler Stimme:
    »Zum Polizeipräsidium. Aber bitte schnell. Sie machen gleich Feierabend.«
    »Und die Protokolle wegen zu schnellen Fahrens?« fragte der Fahrer zurück und schob die Mütze in den Nacken.
    »Zahle ich. Ich bin Baurat Bernhardt und ein Freund des Polizeipräsidenten.«
    »Wenn's so ist … denn mal los!«
    Mit heulendem Motor schoß die Taxe auf die Straße, überfuhr bei Gelb die Ampel und jagte durch die Stadt zum Polizeipräsidium. Viermal wurde sie von Schutzleuten notiert. Baurat Bernhardt nahm keine Notiz davon, er saß zurückgelehnt in den Polstern und starrte an die mit einem grauen Wollstoff bespannte Wagendecke.
    Er ist tot, dachte er. Ich habe Margit endlich Ruhe gegeben. Natürlich wird es Aufsehen geben, einen Prozeß, Presseberichte, Sensationsmache in Illustrierten und Wochenblättern – aber nach ein paar Wochen wird niemand mehr davon sprechen, neue Ereignisse werden den ›Fall Bernhardt‹ überdecken und vergessen lassen. Doch Margit hat Ruhe. Endlich Ruhe! Mein armes, armes Kind … mein einziger Lebensinhalt!
    »Präsidium!« sagte der Fahrer und bremste knirschend. »Fünf vor fünf. Wie gewünscht. Und die Protokolle …«
    »Ich regle alles mit dem Präsidenten.« Bernhardt stieg aus, gab dem Fahrer einen Zwanzigmarkschein, winkte ab, sagte: »Der Rest für den Schrecken, mit mir zu fahren«, und betrat das Polizeipräsidium.
    An der Anmeldung ließ er den Beamten nach Zimmer 100 telefonieren und sagen: »Herr Baurat Bernhardt möchte dringend den Herrn Präsidenten sprechen.« Der Oberwachtmeister war verblüfft, daß der Baurat sofort hinaufgebeten wurde, denn Polizeipräsidenten haben sonst nie Zeit; sie gehören zu den seltenen Beamten mit Zeitmangel.
    »Was gibt es denn so eiliges, Hubert?« fragte Dr. Hochheuser und kam Bernhardt mit ausgestreckten Händen entgegen. »Ist eine deiner Bauten eingestürzt? Oder willst du außer der Reihe Revanche haben für deinen verlorenen Skat vom letztenmal? Komm, setz dich. Einen Kognak? Ich habe eine Flasche im Schreibtisch, im Geheimfach. Jeder denkt, da liegen Staatsgeheimnisse drin, dabei ist's nur eine Flasche ›Prince de Reims‹. Alter Junge, du siehst ja ganz zerknirscht aus! Also doch eine Schadenssache, was?«
    Baurat Bernhardt sah seinen Freund stumm an. Ebenso stumm griff er in die Tasche und legte die Pistole auf den Schreibtisch. Polizeipräsident Dr. Hochheuser nickte.
    »Eine Walther PPK, Vorkriegsmodell«, sagte er sachkundig. »Solche Dinger trugen früher die politischen Leiter der Partei und alle, die sich kriegerisch fühlten. Woher hast du das Ding?«
    »Es gehört mir. Zum vorletzten Mal habe ich im Krieg damit geschossen.«
    »Na ja.« Dr. Hochheuser goß Kognak in zwei Kognakschwenker. »Was soll das überhaupt. Wieso ›vorletztes Mal‹?«
    »Das letzte Mal war vor zehn Minuten. Ich habe soeben einen Menschen erschossen.«
    Dr. Hochheuser starrte seinen Freund an wie einen Geist. Mit einem Knall setzte er die Kognakflasche ab.
    »Du?« sagte Dr. Hochheuser ungläubig. »Einen Menschen … getötet … Hubert, das ist ein saublöder Witz …«
    »Im Hotel ›Renstmann‹. Erster Stock. Zimmer 167. Der Tote hieß Fred Pommer. Direktor bei den Blankers-Werken.«
    Polizeipräsident Dr. Hochheuser zögerte. Noch einmal sah er seinen Freund an, und als ihre Blicke sich kreuzten, lief es Hochheuser kalt über den Rücken. In Bernhardts Augen las er die Wahrheit. Er griff zum Telefon und rief die Mordkommission an.
    »Hier Hochheuser. Fahren Sie zum Hotel ›Renstmann‹. Zimmer 167. Ein Mann wurde erschossen. Ich weiß nicht, ob Mord oder Totschlag oder Unglücksfall …«
    »Mord!« sagte Baurat Bernhardt laut.
    »… das werden wir alles noch untersuchen. Der … der Täter ist hier bei mir. Ja, ich warte auf Ihre Rückkehr. Danke.«
    Dr. Hochheuser wählte noch eine Nummer, rief den Haftrichter Dr. Zinner an und bat ihn zu sich. Dann schob er das Telefon weit von sich und starrte wieder auf Bernhardt.
    »Ich muß dich verhaften lassen, Hubert«, sagte er heiser. »Mein Gott!« Hochheuser fuhr sich mit beiden Händen durch das schüttere Haar. »Wie ist denn das passiert? Geschah es im Affekt? Wie konntest du überhaupt … Hubert …«
    Baurat Bernhardt setzte sich in einen der Sessel, nahm das Glas Kognak und trank einen kleinen Schluck. »Er

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