Nacht der Zaubertiere
Suche nach ihnen unter dem Feuerwehrwagen hindurchrollte. Sie wagten sich nicht mehr zu bewegen, denn sie hatten Angst, daß ihm auch das schwächste Geräusch ihren Standort verraten würde.
Die kleinen Räder klapperten nur noch leise und machten klicketi-klick, klicketi-klick.
Und dann begann der Schratz mit geisterhafter
Stimme unter dem Löschwagen zu wispern: »Hallo, hallo, ihr Weichbäuche. Wo steckt ihr denn? Kommt doch zum Spielen heraus. Kommt doch heraus und spielt mit dem lieben alten Schratz.«
Klicketi-klick, zisch, klicketi-klick.
Amos stand so still wie ein Baum und dachte mit aller Kraft an Vater Isaak.
»Kommt und sagt ihm guten Tag, dem lieben alten Schratz«, zischte der bösen Schatten unter dem Laster. Klicketi — zisch...
»Was ist denn los, ihr Weichbäuche? Habt ihr Angst, daß ich beiße?« zischte der Schratz mit einem leisen, irren Kichern. Klick — zisch — klick...
Direkt unter Amos rollte der Schratz unter dem Löschwagen hervor. Die Hinterseite des Kopfes war kaum eine Handbreit von Amos entfernt.
Der Schratz stieß sich mit seinen behandschuhten Händen noch ein oder zwei Schritte über den Zementboden vorwärts, der naß und spiegelglatt war vom Eisregen, den der Wind durchs offene Tor hereintrieb. Es schien also zwei Schratze in der Kiste zu geben, der eine rollte auf dem anderen, der auf dem Kopf stand.
Der Schratz hielt etwa zwei Schritte vor dem Löschzug an und schaute langsam nach links und dann ebenso langsam nach rechts, was Amos die Gelegenheit gab, sich sein schreckliches Gesicht genau und von beiden Seiten zu betrachten. Schratz starrte quer über den leeren Platz zu dem zweiten Feuerwehrauto und musterte die Schatten unter dem Fahrzeug und um die Räder herum genau und gründlich.
Amos wagte nicht einmal mit der Pfote zu zuk- ken. Er hoffte verzweifelt, daß die anderen sich ebenfalls mucksmäuschenstill verhielten. Denn obgleich er nicht in ihre Richtung schaute, würde der Schratz sicher schon durch die leiseste Bewegung aufmerksam werden. Und dann war es aus mit ihnen.
»Oh, wie gerne, gerne, gerne hätte ich ein weichbäuchiges Zaubertier zum Fressen«, wisperte der Schratz mit einer schrecklichen Eindringlichkeit.
Amos konnte ein leichtes Zittern nicht unterdrücken.
Der Schratz schlug die Arme übereinander und kicherte leise. »Ach je, ach je, ich kann’s einfach nicht mehr aushalten. Es regt mich richtig auf. Meister Bär, ich hab’ dich schon in dem Augenblick gesehen, in dem ich unter dem Löschwagen herausgekommen bin.« Er wirbelte herum, um sie ins Auge zu fassen. »Ich hab’ dein Spiegelbild auf dem Boden gesehen, als du dich vorgebeugt hast, um mir nachzusehen.«
Amos hatte noch nie in so entsetzliche Augen geblickt. Eine Pupille war groß und rot, die andere klein und grün. Beide Augen waren kugelrund und quollen mit irrem Blick aus dem Clownsgesicht.
Der Schratz kicherte wieder und rollte sich geradewegs zum Löschwagen, aber nicht zu Amos, sondern zu dem Mittelabschnitt des Trittbrettes, auf dem Gestiefelter Kater und Karamel hockten. »Hallo, ihr beiden Hübschen, warum hüpft ihr
nicht herunter und tollt ein bißchen mit dem lieben alten Schratz herum?«
Der Gestiefelte Kater zog seinen Gummidegen und sagte: »Heb dich hinweg, du tückischer Teufel.«
Der Schratz grabschte nach der Spitze des Degens und versuchte, ihn dem Gestiefelten Kater aus der Pfote zu reißen. Der aber zog und zerrte energisch daran und schaffte es, seine Waffe festzuhalten.
Da ließ der Schratz plötzlich los und packte statt dessen die verletzte Pfote von Karamel. Seine Arme waren gerade lang genug, um sie zu erreichen.
Die Hündin jaulte auf, als er ihre Pfote umschloß, und versuchte, sich zu befreien, der Schratz war jedoch stärker. Im Hinterzimmer lachten die Feuerwehrleute wieder beim Kartenspiel auf, ahnungslos, daß sich in der Garage daneben ein merkwürdiges Drama abzuspielen begann. Amos wünschte, er könnte die Männer zu Hilfe rufen, aber er wußte, daß er den Blick der erwachsenen Menschen vermeiden mußte.
Der Gestiefelte Kater drosch mit seinem Gummi- degen auf den Arm des Schratz’ ein, ohne irgendeine Wirkung zu erzielen.
»Jetzt hol’ ich dich runter und zieh’ dich in meine Kiste, und dann mach’ ich den Deckel zu, Hundchen«, zischte der Schratz zu Karamel empor, »zieh’ dich hier rein zu mir, Hundchen, herein zu mir, wo es so finster ist wie die Nacht und tief, viel tiefer, als du denken kannst, und ich werde dich mit
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