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Nacht der Zaubertiere

Nacht der Zaubertiere

Titel: Nacht der Zaubertiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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so rumgetrödelt. Laßt uns lieber so rasch wie möglich weitergehen.«
    »Bücher sind niemals Zeitverschwendung«, sagte Amos bedächtig.
    »Weißt du denn nicht, was Adam Riese über Bücher sagt?«
    Hupf, der Alte und die anderen Tiere stöhnten schon bei der bloßen Erwähnung von Adam Riese, aber Amos konnte nicht zurückgehalten werden. Er trat vom Schaufenster zurück, stellte sich mit weit gespreizten Beinen in Positur und sagte das Riesegedicht mit der gehörigen dramatischen Betonung auf:
    »Bücher find’ ich wirklich gut, besser als ein Federhut, besser als ein Malzbonbon, besser als ein Topf aus Ton, besser als ein Luftballon.
    Darum sag’ ich allen: hört her,
    Bücher stecken voller Wörter... «
    »Grauenhaft, einfach grauenhaft«, stöhnte Einstein, »schlimmer als mit hundert Mäusen in einem Zimmer eingesperrt zu sein.«
    »Diesen Riese sollte man einsperren«, sagte
    Hupf, »dagegen müßte die Poesie-Polizei mit aller Härte einschreiten können.«
    »Kein einz’ger Tag soll drum vergehen, ohn’ daß wir nicht in Bücher sehn... «
    »Hör auf«, flehte der Gestiefelte Kater, »bitte hör auf, ach, wenn ich doch nur das Glück gehabt und kein Auge verloren hätte, sondern ein Ohr, dann müßte ich nur die Hälfte davon hören.«
    »So wichtig wie die Braut zur Trauung: das Buch — für Lehre und Erbauung.«
    »Er hört auf!« schrie Hupf. »Ich glaub’, er ist fertig. Ich glaub’, er ist durch. Gott sei Dank. Das Gedicht ist zu Ende.«
    »Ich hab’ gedacht, das würd’ ich nicht mehr überleben«, sagte Einstein.
    »Viel lebensgefährlicher als diese Hinterhofkat- zen«, murmelte der Gestiefelte Kater.
    »Ach«, sagte Karamel, »es hat sich ja schließlich ein bißchen gereimt.«
    Bevor Amos zur Verteidigung der Dichtung von Adam Riese ansetzen konnte, bekam er einen Todesschreck. Denn eine Marionette im Smoking sauste aus einer Einfahrt heraus, die keine sechzig Schritt von ihnen entfernt war, und schlitterte auf dem glatten Asphalt noch ein Stück vorwärts.
    »He, schau doch mal, Alter«, sagte Amos, »das ist Pinocchio!«
    »Das glaub’ ich nicht«, antwortete der Alte düster. »Pinocchio war eine gute Marionette, und die da sieht widerwärtig aus.«
    Da tauchte noch eine Marionette in Frauenkleidern auf, dann ein furchteinflößendes Geschöpf in einer rollenden Kiste, eine fliegende Spielzeughornisse und ein Roboter. Sie scharten sich in der Einfahrt zusammen, die Hornisse schwirrte über ihren Köpfen herum, und alle starrten die Stofftiere an.
    »Hmhm«, machte Hupf, »böse Kreaturen.«
    »Was sollen wir tun?« fragte Karamel.
    »Fechten!« rief der Gestiefelte Kater und zog seinen Degen.
    »Es ihnen zeigen«, antwortete der Alte.
    »Zerstampfen! Sie zerstampfen!« sagte Einstein.
    »Es sie bedauern lassen, daß sie je geschaffen worden sind«, sagte Hupf. Sechzig Schritt von ihnen entfernt stieß der Schratz in der Kiste ein gellendes, irres Gelächter aus.
    »Rennen!« befahl Amos.
    »Ich versteh’ allmählich, warum dich Vater Isaak zu unserem Anführer gemacht hat«, sagte Einstein.
    Dann taten die Tiere, was Amos gesagt hatte, drehten sich um und liefen davon, so schnell sie nur konnten, wobei sie auf dem gefrierenden Schmutz ausglitten und rutschten.
    Viktor rannte durch leere Gassen und durchquerte verlassene Straßen. Das Wetter war so schlecht, daß die Menschen zu Hause blieben, und die Stadt wirkte wie ausgestorben.
    Immer noch auf der Suche nach den Spielsachen, marschierte er sogar kurz nach Mitternacht
    mitten auf der halbverschneiten Fahrbahn und musterte jede Einfahrt und jede schmale Gasse zwischen den Häusern auf beiden Seiten der Straße. Die einzigen Fahrzeuge, die er sah, waren zwei Lastwagen von der Stadtverwaltung, die auf den Kreuzungen Salz streuten, damit die gefährlich dünne Eisschicht schmolz.
    Viktor fror und war müde. Die Füße taten ihm weh, und seine Handflächen brannten, weil er ein paarmal ausgerutscht war und sich beim Sturz die Hände aufgeschrammt hatte. Ihn fröstelte, als ob er Fieber hätte. Er sollte nach Hause gehen, heiß duschen, einen Teller Suppe essen, ein paar Aspirin schlucken und zu Bett gehen. Vielleicht hatte ihm schon eine Grippe in den Knochen gesteckt, als er zu der Spielzeugfabrik seines Onkels aufgebrochen war, und vielleicht war die Begegnung mit den Spielzeugtieren und den anderen Figuren nichts als ein Fiebertraum. Vielleicht gab es sie gar nicht.
    Immer noch in tiefes Grübeln versunken, überquerte er die

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