Nacht des Flamingos
Todesstoß versetzt. Ein exklusiver Spielklub dieser Art lebt von seinem Ruf. Ein einziger Skandal genügt, um das Renommee zu zerstören. Die Gäste verschwinden auf Nimmerwiedersehen.«
»Der arme Mr. Vernon. So ein Pech.«
»Falls Sie sich auch nur einen Augenblick der Illusion hingeben sollten, daß er sich das widerstandslos gefallen läßt, werden Sie Ihr blaues Wunder erleben.«
»Wir werden ja sehen.« Sie lehnte sich in ihrem Sitz zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Die Wandgemälde sind wirklich wunderbar. Hm, vielleicht ist er jetzt bereit, sie zu einem vernünftigen Preis zu verkaufen.«
»Sie kommen doch noch auf einen Drink herein?« fragte sie, als sie vor dem Haus anhielten.
»Ist es nicht zu spät?«
»Keine Spur. Wir können einen Bissen essen. Ich habe einen Bärenhunger.«
Sie sperrte die Haustür auf und ging ihm voraus in die Diele. Gleich beim Eintreten vernahm Miller das schwache, monotone Summen eines Elektromotors.
»Vater arbeitet anscheinend noch«, bemerkte sie. »Kommen Sie. Ich zeige Ihnen die Werkstatt. Sie beide können sich dann unterhalten, und ich mache uns inzwischen etwas zu essen.«
Als sie die Tür am Ende des Flurs öffnete, blieb Miller überrascht stehen. Der Raum war von einem Fachmann ausgestattet worden, daran konnte kein Zweifel bestehen. An den Wänden zogen sich lange Regale entlang, auf denen Werkzeuge und Teile aufgereiht waren, die ein Elektriker bei seiner Arbeit braucht. Er sah eine ganze Reihe von Maschinen, deren Funktion ihm völlig unbekannt war.
Duncan Craig stand über einen Werktisch gebeugt und schweißte ein Stück Stahl an einem komplizierten Gerät fest, das aussah wie das Innere eines Elektronenrechners. Er blickte auf, als sich die Tür öffnete, machte die Flamme der Lötlampe aus und schob seine Schutzbrille hoch.
»Hallo«, sagte er. »Wo kommt ihr denn her?«
»Nick hat mir das ›Flamingo‹ gezeigt«, erklärte Harriet. »Es war direkt ein Erlebnis. Ich erzähl' dir später mehr. Unterhalte du ihn, während ich uns etwas zu essen mache.«
Die Tür schloß sich hinter ihr. Craig bot Miller eine Zigarette an.
»Es scheint ihr gefallen zu haben.«
»Kein Wunder. Es muß ihr eine innere Genugtuung ohnegleichen gewesen sein, Max Vernons Niederlage persönlich mitzuerleben.«
Craig verzog keine Miene.
»Oh? Was ist denn geschehen?«
»Anscheinend benutzte man im Klub beschwerte Würfel. Es gab einen ganz netten Wirbel, als das entdeckt wurde.«
»Das kann ich mir vorstellen.« Craig spielte den Schockierten. »Das wird Vernon nicht gerade von Nutzen sein, wie?«
»Er kann seinen Laden schließen. Es wird natürlich zu einem Prozeß kommen, doch selbst, wenn dabei nichts herauskommt, ist Vernon erledigt.«
»Wie reagierte er?«
»Er behauptete natürlich, er wäre das Opfer eines Komplotts geworden. Einer der Spieler hätte die beschwerten Würfel in den Klub geschmuggelt.«
»Aber das ist doch lächerlich«, versetzte Craig. »Ich könnte mir vorstellen, daß ein Spieler Würfel unterschiebt, um zu gewinnen, aber doch nicht, um zu verlieren. Das ist grotesk. Außerdem müssen doch die Würfel eines Spielklubs besonders gekennzeichnet sein, wenn ich nicht irre. Diese Vorschrift wurde doch extra in das neue Gesetz aufgenommen, um derartige Unregelmäßigkeiten auszuschalten.«
Miller trat zu der Werkbank und nahm ein kleines Stück Blei zur Hand.
»Für einen Mann mit einiger technischer Erfahrung dürfte es leicht genug sein, ein wenig Blei in einen Plastikwürfel einzuführen.«
»Ja, aber zu welchem Zweck denn?«
»Ich glaube, der Zweck wurde erreicht. Meinen Sie nicht auch?«
»Nun, Sie können von mir nicht verlangen, daß ich über Max Vernons Mißgeschick Tränen vergieße.«
»Nein. Wohl kaum.«
Miller schlenderte um den Werktisch herum und blieb neben einem merkwürdig aussehenden Gerät stehen – es war eine lange Chromröhre, die auf einen Dreifuß montiert war. An einem Ende besaß das Instrument einen Pistolengriff und ein Paar kleiner Kopfhörer.
»Was ist das – eine Geheimwaffe?«
Craig lachte. »Nein – das ist ein Richtungsmikrophon.«
Miller war sehr interessiert.
»Von den Dingern habe ich schon gehört. Wie funktionieren sie denn?«
»Es handelt sich um ein ganz einfaches elektronisches Prinzip. Das Rohr ist mit Kohle gefüttert, um Seitengeräusche auszuschalten – Verkehrsgeräusche, zum
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